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Ferdosi – Rückert
Schahname − Das Buch der Könige, Band 1 –
Gajumarth, Hoscheng. Tahmurath, Dschemschid,
Dhohhak, Feridun
Zu diesem Buch: Mit Gajumarth, dem ersten Schah der Menschheitsgeschichte, beginnt das iranische Nationalepos „Schahname“, das auch das „Buch der Könige“ genannt wird. Abū ʾl-Qāsim Ferdausi (940−1020), der nahezu sein ganzes Leben in seiner Heimatstadt Tus verbracht hat, verfasste ein Epos, das mit seinen mehr als 60.000 Versen seinesgleichen in der Welt sucht. Obwohl es vordergründig die Mythologie und die Geschichte des Irans bis zur Eroberung durch die Araber schildert, ist es ein Buch über das Werden der menschlichen Zivilisation, über Krieg und Frieden, Mord und Verrat, über Liebe und Leid.
Friedrich Rückert, 1788 in Schweinfurt geboren, hat bis an sein Lebensende an einer dichterischen Übersetzung des Schahname gearbeitet. Die unvollendet gebliebene Übersetzung wurde von Edmund Bayer nach dem Tode Rückerts im Jahr 1866 aus seinem Nachlass veröffentlicht.
Der vorliegende Text folgt der Erstausgabe von E. A. Bayer übernimmt aber nicht deren Orthografie, sondern passt den Text an die heutige Rechtschreibung an. In Anmerkungen werden die heute nicht mehr gebräuchlichen Ausdrücke und mythologische Namen erläutert. Auf die in der wissenschaftlichen Ausgabe verwendeten diakritische Zeichen wurde verzichtet.
Die eingefügten Grafiken wurden der persischen Schahname-Ausgabe des Amir-Kabir-Verlags aus dem Jahr 2537 (1978) entnommen.
Ferdosi − Rückert
Schahname −
Das Buch der Könige 1
Gajumarth
Hoscheng
Tahmurath
Dschemschid
Dhohhak
Feridun
herausgegeben von
Wolfgang von Keitz
Berlin 2017
Die Ausgabe dieses Textes folgt der 1890 im
Georg Reimer Verlag erschienenen Erstausgabe.
Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Kommentierte Neuausgabe, 2017
© Wolfgang von Keitz
Herstellung und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
Lektorat: Bärbel Mäkeler, Braunschweig
Printed in Germany
Warum eine Schahname-Ausgabe heute?
Uns ist in alten maeren wunders vil geseit
Von helden lobebaeren, von grozer arebeit,
Von fröuden, hochgeziten, von weinen und von klagen,
von küener recken striten muget ir nu wunder hoeren sagen ...
Als diese Verse des Nibelungenliedes zu Beginn des 13. Jahrhunderts entstanden, war das Schahname im persischen Sprachraum bereits seit mehr als zweihundert Jahren „in aller Munde“. Die 60.000 Verse dieses Nationalepos sind in einem bis heute nahezu unverändert gesprochenen Persisch verfasst. Ferdosi, der sich rühmte, für das Schahname kein einziges arabisches Wort verwendet zu haben, gilt als einer der ersten Vertreter der neupersischen Literatursprache. Er war für das Persische so sprachprägend wie es Martin Luther mit seiner Bibelübersetzung für das Deutsche war.
Ferdosi erzählt in 60 Sagen die Geschichte der persischen Könige und Helden. Es verwundert daher nicht, dass das Schahname Ursprung und Quelle des iranischen Nationalbewusstseins wurde und es bis heute geblieben ist. Die Helden des Schahname wie Dschamschid und Rostam sind die damaligen und heutigen Helden Irans. So wird das berühmte Persepolis im Iran „Tacht-e Dschamschid“, der „Thron des Dschamschid“, genannt. Dschamschid ist auch heute noch ein verbreiteter iranischer Vorname. Auch der türkischstämmige „Cem“ ist nach „Dschemschid“ aus dem Schahname benannt.
Als sprachbildendes Nationalepos ist das Schahname ein Pfeiler der literarischen Kultur des gesamten persischen Sprachraums. Sein Inhalt ist nicht nur im Iran, sondern auch in Afghanistan, Tadschikistan und darüber hinaus bekannt.
Mit der Übersetzung von Friedrich Rückert liegt eine deutschsprachige Version des Schahname vor, die einmalig in der Welt ist. Rückert hat nicht nur übersetzt, sondern in Gedichtform übertragen. Heute sind zwar Reprints der in Fraktur gesetzten Ausgabe von 1890 verfügbar. Was fehlt, ist eine moderne gedruckte und elektronische Version, die dieses Werk der Weltliteratur auch jugendlichen Lesern zugänglich macht.
Ferdosis Brief an seine Leser
Das Schahname beginnt mit dem mythischen Zeitalter und endet mit der Regentschaft des historisch verbürgten Sassanidenkönigs Yazdgerd III.. Ferdosi schildert die gesellschaftliche Situation Irans 400 Jahre nach der arabischen Eroberung mit einem literarischen Kunstgriff. Er lässt Rostam Farrokhzad, einen iranischen General und damaligen Oberbefehlshaber der iranischen Truppen, seine Gedanken über die Zukunft Irans nach dem Untergang des Sassanidenreiches mit dem Tod Yazdgerds im Jahr 651 in einem bewegenden Brief an seinen Bruder schildern. In diesem Brief beschreibt Ferdosi die Entwicklung Irans nach der Islamisierung. Seine damalige Analyse der politischen und gesellschaftlichen Situation lässt sich nach iranischem Empfinden auf die heutigen Verhältnisse übertragen.
Auszug aus dem Brief Rostam Farrokhzads an seinen Bruder:{1}
Ein Weiser wird voll Trauer gesinnt,
Wenn er hört, welches Schicksal uns der Himmel bestimmt.
In den Händen Ahrimans gefangen zu sein,
Macht mich voll Trauer und bringt mir Pein.
Dieses Haus wird keinen König mehr sehn,
Königlicher Glanz und Siege werden vergehn.
Die Sonne blickt auf uns vom Himmel gern,
Doch der Tag unsrer Niederlage ist nicht mehr fern.
Mars und Venus sind gegen uns gestellt,
Das himmlische Gesetz bestimmt den Lauf der Welt.
Saturn und Merkur teilen sich aus,
Und der Merkur steht im Zwillingshaus.
Vor uns liegt Krieg, und der Kampf um die Macht
Das Leben öde, das Herz eng uns macht.
Ich sehe das Schicksal, bin stumm und still,
Mein Mund kein Wort mehr sagen will:
Um die Perser zu weinen, bin ich bereit,
Das Haus Sassan ist dem Untergang geweiht.
Nehmt Abschied vom Glanz, Krone und Thron,
Der König wird fallen und verloren ist schon
Das Reich, das die Araber mit Macht gewinnen,
Wenn die Sterne uns Niederlage und Flucht bestimmen.
Vierhundert Jahre werden vergehn,
Unser Name wird vergessen, unser Ruhm nicht bestehn.
Sie haben uns Boten gesandt,
Zu sagen, dass sie uns lassen das Land,
Von Kadesia bis an den Fluss,
Sie wollen nur durch’s Land ziehen zu Fuß.
Sie wollen uns Steuern