Лев Толстой

Anna Karenina


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      Lev Nikolaevic Tolstoj

      Anna Karenina

      Impressum

      Covergestaltung: Steve Lippold

      Digitalisierung: Gunter Pirntke

      ISBN: 9783955012021

      2014 andersseitig.de

      andersseitig Verlag

      Dresden

      www.andersseitig.de

      [email protected]

      (mehr unter Impressum-Kontakt)

       Inhalt

       Erster Teil

       Zweiter Teil

       Dritter Teil

       Vierter Teil

       Fünfter Teil

       Sechster Teil

       Siebenter Teil

       Achter Teil

       Der Film

      Die Rache ist mein,

      Ich will vergelten.

      1

      ›Ja, ja, wie war das doch nur?‹ dachte er, indem er sich auf seinen Traum zu besinnen suchte. ›Ja, wie war das doch nur? Ja! Alabin gab ein Diner in Darmstadt; nein, nicht in Darmstadt, es war irgendwo in Amerika. Ja, aber Darmstadt lag dabei in Amerika. Ja, Alabin gab ein Diner auf gläsernen Tischen, ja, – und da waren solche kleine Likörflaschen, die sangen: Il mio tesoro1, oder vielmehr nicht Il mio tesoro, sondern ein noch schöneres Lied, und auf einmal waren die Likörflaschen Weiber‹, erinnerte er sich.

      Stepan Arkadjewitschs Augen leuchteten fröhlich auf, und lächelnd überließ er sich seinen Gedanken. ›Ja, schön war es, sehr schön. Es war auch sonst noch viel Vergnügliches dabei; aber wenn man aufgewacht ist, kann man es sich nicht mehr in Gedanken klarmachen und es nicht mit Worten ausdrücken.‹ Und als er einen Lichtstreifen bemerkte, der sich an dem einen Fenster neben dem Stoffvorhang ins Zimmer stahl, hob er in heiterer Stimmung die Beine vom Sofa herunter, suchte mit ihnen nach den goldfarbenen Saffianpantoffeln, die ihm seine Frau gestickt und im vorigen Jahre zum Geburtstage geschenkt hatte, und streckte nach alter, neunjähriger Gewohnheit, ohne aufzustehen, die Hand nach der Stelle aus, wo im Schlafzimmer sein Schlafrock zu hängen pflegte. Dabei kam es ihm auf einmal zum Bewußtsein, daß und warum er nicht in dem gemeinsamen Schlafzimmer geschlafen hatte, sondern in seinem Arbeitszimmer; das Lächeln verschwand von seinem Gesichte, und er runzelte die Stirn.

      »Ach, o weh, o weh!« stöhnte er, da ihm alles Vorgefallene wieder ins Gedächtnis kam. Und vor seinem geistigen Blicke erschienen wieder alle Einzelheiten seines Streites mit seiner Frau und die ganze Mißlichkeit seiner Lage und, was ihn am allermeisten quälte, seine eigene Schuld.

      ›Ja, das wird sie nicht verzeihen und kann sie nicht verzeihen. Und das Schauderhafteste dabei ist, daß ich selbst an alledem schuld bin; – ich bin an alledem schuld und kann doch eigentlich nichts dafür. Das ist das Tragische bei der Sache‹, dachte er. »O weh, o weh!« sagte er verzweifelt vor sich hin, in Erinnerung an jene Einzelheiten des Streites, die auf ihn den stärksten Eindruck gemacht hatten.

      Am unangenehmsten war jener erste Augenblick gewesen, als er, heiter und zufrieden aus dem Theater heimkehrend, seine Frau, für die er eine gewaltig große Birne in der Hand trug, zu seinem Erstaunen weder im Salon noch in ihrem Zimmer vorgefunden und endlich im Schlafzimmer erblickt hatte, in der Hand den unglückseligen Brief, der alles verraten hatte.

      Sie, die sonst stets sorglich geschäftige und seiner Ansicht nach etwas beschränkte Dolly, hatte mit dem Briefe in der Hand regungslos dagesessen und den Eintretenden mit einer Miene des Schreckens, der Verzweiflung und des Zornes angeblickt.

      »Was ist das hier? Was ist das?« hatte sie, auf das Schreiben deutend, ihn gefragt.

      Als peinlich und beschämend empfand Stepan Arkadjewitsch bei dieser Erinnerung, wie das oft so geht, weniger den Vorfall selbst, als vielmehr die Art, wie er auf diese Worte seiner Frau geantwortet hatte.

      Es war ihm in diesem Augenblick ergangen, wie es nicht selten Leuten ergeht, die unversehens auf einer recht schmählichen Tat ertappt werden. Er hatte es nicht verstanden, seine Miene der Lage anzupassen, in die er seiner Frau gegenüber durch die Aufdeckung seines Vergehens geraten war. Anstatt den Gekränkten zu spielen, zu leugnen, sich zu rechtfertigen, um Verzeihung zu bitten oder auch einfach nur gleichgültig zu bleiben (alles dies wäre besser gewesen als das, was er in Wirklichkeit getan hatte), statt dessen hatte sein Gesicht ganz unwillkürlich (›Reflexe des Gehirns‹, dachte Stepan Arkadjewitsch, der sich gern ein bißchen mit Physiologie abgab) sich zu seinem gewohnten gutmütigen und daher in diesem Falle dummen Lächeln verzogen.

      Dieses dumme Lächeln konnte er sich nicht verzeihen. Beim Anblicke dieses Lächelns war Dolly wie infolge eines körperlichen Schmerzes zusammengezuckt, hatte mit der ihr eigenen Heftigkeit einen Strom scharfer Worte hervorgesprudelt und war aus dem Zimmer geeilt. Seitdem hatte sie ihren Mann nicht mehr sehen wollen.

      ›An alledem ist dieses dumme Lächeln schuld‹, dachte Stepan Arkadjewitsch.

      ›Aber was ist zu machen? Was ist zu machen?‹ fragte er sich in seiner Verzweiflung und fand keine Antwort darauf.

      1 Mein Schatz.