Glenn Stirling

Roman Paket 9 Glenn Stirling Liebesromane für den Strand


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      Marie saß hinten auf dem Küchenstuhl und putzte Sellerieköpfe. Sie schaute auf und nickte beipflichtend.

      „Was macht dein kleiner Quäkemus?“, fragte Opa.

      Marie, die Opas Art kannte, lachte. „Sie schläft. Sie hat zu viel getrunken und ich denke, dass sie immer mehr Hunger hat“

      „Ist ja auch richtig so. Sie kann ja auch nicht so klein bleiben, wie sie ist“, stellte Opa fest. „Also, dann will ich mal sehen, was auf dem Programm ist, heute Abend.“

      „Vater“, sagte Tante Hilde, „du kannst dich doch jetzt nicht vor den Farnseher setzen!“

      Der alte Herr schaute sie verwundert an. „Und wieso nicht?“

      „Du musst mit Ina reden! Sie kann doch nicht in die Türkei fahren, sie muss verrückt sein.“

      „Wieso kann sie das nicht? Das ist ein zivilisiertes Land, es sind doch keine Wilden. Wieso soll sie nicht dahinfahren? Und außerdem ist Bernd dort, das ist doch ein Argument.“

      „Aber Vater! Wo dieses Erdbeben passiert ist, kann sie nicht hin, das hast du selbst gesagt. Das wird sie aber wollen.“

      „Hör mir zu, Hilde. Ina ist ein erwachsener Mensch und erwachsen ist sie schon eine ganze Reihe von Jahren. Und ein Dummkopf ist unsere Ina auch nicht. Wenn sie das also will, hat sie darüber nachgedacht. Du musst damit aufhören, ihr in alles hineinzureden.“

      „Ich mache mir eben Sorgen. Wie dir das alles so ganz egal ist!“

      Er schüttelte den Kopf „Wie kannst du so etwas sagen, Hilde! Das ist mir niemals egal. Ich liebe meine Enkeltochter. Aber sie hat auch einen Anspruch darauf, dass ich sie als Erwachsene betrachte. Und das tust du nicht. Wenn ich Thomas wäre, würde ich sagen: Du gehst mir auf den Geist.“

      „Das war deutlich!“, rief Tante Hilde empört. „Du stellst dich auch noch auf ihre Seite. Während wir vor Sorge fast vergehen ...“

      „Deine Rühreier brennen an, wenn du nicht darauf achtest“, maßregelte Opa sie und dann verschwand er.

      „Unerhört, setzt sich jetzt vor den Fernseher, als wenn gar nichts wäre.“

      Marie sagte nichts. Mittlerweile kannte sie die Spielregeln in diesem Haus. Das einzige, um das sie sich wirklich kümmerte, waren ihre kleine Tochter und ihr Mann. Aus den Reibereien, die zwischen Opa und Tante Hilde einerseits, Opa und Thomas andererseits stattfanden, hielt sie sich heraus.

      Da tauchte Ina wieder auf, im weinroten Reisekostüm, ihre Flugtasche in der Hand und fragte:

      „Hast du vielleicht schon etwas zu essen fertig?“

      „Mache ich doch für dich, Kind!“ rief Tante Hilde. „Fünf Minuten und du kannst dich an den Tisch setzen.“

      Ina blickte auf die Uhr, warf dann einen Blick auf die dampfende Pfanne und sagte: „Das wird zu heiß sein. Ich bin knapp an der Zeit.“ „Du hattest gesagt, zwei Stunden.“ „Ich muß aber eine Stunde vorher auf dem Flughafen sein. Also gut, es wird schon klappen.“

      Aber dann klappte es doch nicht, denn das Essen war glühend heiß, sie hätte sich den Mund verbrannt. Und warten wollte sie nicht. So nahm sie sich nur eine Scheibe Brot, legte etwas Wurst darauf und aß, während sie auf das Taxi wartete. Thomas hätte sie sicherlich zum Flughafen gefahren, aber der war nicht da.

      Tante Hilde nahm noch einmal Anlauf, ihre Neugierde zu befriedigen. „Was ist denn nun wirklich, Kind? Nun sag doch mal, ist was mit Bernd passiert?“

      Ina nickte. „Er ist erkrankt. Er liegt in Ankara in einer Klinik, einem ziemlich bescheidenen Typus von Klinik. Er hat die Gelbsucht. Ich vermute, eine Hepatitis. Ich muss zu ihm, so schnell wie möglich.“

      „In Ankara? Aber Kind, die haben doch dort auch Ärzte.“

      „Hast du eine Ahnung von den Krankenhäusern, die es dort gibt?“, fragte Ina. „Ich werde dafür sorgen, dass er schnellstens nach Deutschland kommt. Und ich habe die Zusage, dass man mich dabei unterstützt. Aber ich werde es selbst in die Hand nehmen. Übrigens habe ich den Chef anrufen wollen, aber nicht erreicht. Stattdessen ist es mir gelungen, Oberarzt Dr. Kiesewetter zu sprechen. Er wird den Chef unterrichten, dass ich morgen nicht komme. Ich habe heute schon einmal darum gebeten, frei zu erhalten; er hat es mir nicht gewährt. Ganz gleich, was geschieht, für mich ist Bernd wichtiger als irgendetwas anderes auf der Welt. Ich wollte nur, dass ihr es wisst.“

      Es klingelte.

      „Das wird das Taxi sein“, rief Tante Hilde und humpelte sofort zur Tür.

      Es war das Taxi.

      Ina verabschiedete sich von Marie, Tante Hilde und Opa. Dann lief sie nach draußen. Tante Hilde hörte noch, wie Ina sagte: „Zum Flughafen ...“

      15

      Marita glaubte, im siebenten Himmel zu schweben. Sie lag, obgleich es schon Nachmittag war, im Bett, hatte die Arme unter dem Kopf verschränkt und blickte mit glücklichem Lächeln zur Decke.

      In der kleinen Kochnische, im Wohnzimmer nebenan, hantierte Harald. Sie konnte hören, wie er das Wasser in den Kessel laufen ließ und dann aufs Gas setzte. Er wollte Kaffee machen.

      Frühstück, nachmittags um drei, dachte sie heiter. Drei herrliche Tage sind das, zwei habe ich noch vor mir. So lange haben wir beide freibekommen.

      Sie hatten bis Mittag geschlafen, nach einer wunderschönen Nacht, die sie sicherlich nie im Leben vergessen würde. Gegen neun waren sie dann einmal unsanft geweckt worden. Ein Bote brachte mehrere herrliche Blumensträuße. Harald hätte sie zusammen mit den Glückwünschen hereingebracht und gleichzeitig die Zeitung, die vor der Tür lag, mitsamt den Meldungen über den Unglücksfall im Freihafen.

      Aber sie waren beide zu müde gewesen, um aufzustehen, sondern schliefen bis nach Mittag und jetzt fiel ihr der Zeitungsbericht wieder ein.

      Die Zeitung lag auf dem Nachttisch. Sie angelte sie zu sich herüber, schlug den Bericht auf und las. Obgleich es sie einerseits mit Stolz erfüllte, was da geschrieben stand, beschämte es sie auch ein wenig. Sie war noch nie eitel gewesen und die großen Worte des Berichterstatters waren ihr peinlich. Sie spürte deutlich, wie sie beim Lesen errötete und lachte dann doch, als sie sich auf einem Foto schmutzig und erschöpft erkannte.

      Harald steckte den Kopf in die Tür und fragte interessiert: „Was lachst du?“

      „Sieh es dir an. Auf diesem Bild sehe ich vielleicht aus ... “

      Großartig siehst du aus, wie eine Königin. Meine Königin.“ Er kam zu ihr, nur mit der Hose bekleidet, kniete neben ihr am Bett nieder und schlang seine Arme um sie. Sie küssten sich, als hätten sie sich Jahre nicht gesehen. Zärtlich strich er ihr über die Schultern, über den Nacken und dann, als sich ihre Münder voneinander gelöst hatten, über ihre Nasenspitze und sein Zeigefinger zeichnete ihre Lippen nach. Er fuhr ihr übers Kinn und sie hatte das Gefühl, elektrisiert zu werden.

      Vielleicht hätte alles noch einmal so angefangen wie letzte Nacht und sie wären beide in ihrer Leidenschaft versunken, aber draußen pfiff der Flötenkessel.

      Harald reagierte erst gar nicht, streichelte sanft über ihre Brüste, über