Glenn Stirling

Roman Paket 9 Glenn Stirling Liebesromane für den Strand


Скачать книгу

auf der Suche. Der Abendanzeiger hat sogar eine Belohnung für den ausgesetzt, der die Fahrerin findet. Nun?“

      „Aber das ist doch Irrsinn! Das sollen sie erst mal beweisen!“, sagte Peschke heftig. „Wenn ich die Stoßstange abmontiere und die Karre auch noch verschwinden lasse, kommt kein Aas dahinter!“

      „Irrtum! Denkt mal an euren Fahrzeugmeister. Der kann sicher auch lesen. Und wenn er die Zeitung heute Abend gelesen hat ...“

      „Für drei blaue Lappen schweigt der wie’n Massengrab“, meinte Peschke wegwerfend.

      „Selbst wenn es der Polizei nicht gelänge, dich zu finden, Inge, wäre es nicht besser. Die junge Frau, der Fahrer von Firma Ritter und Herr Ritter selbst hätten den ganzen Schaden, weil der schuldige Fahrer nicht ausfindig gemacht werden konnte.“

      „Na und? Ritter wird daran nicht gleich pleite gehen“, entgegnete Peschke.

      „Verdammt noch mal!“, fuhr ihn Dr. Wolf an. „Das ist doch eine bodenlose Schuftigkeit, wenn man einen Unfall verursacht und sich nachher zu drücken versucht! – Inge, sieh mich an! Willst du dich stellen oder nicht?“

      „Sie will es nicht und sie wird es nicht!“, schnaubte Peschke.

      „Ich habe Inge gefragt. Inge, antworte mir!“

      Sie sah Dr. Wolf an.

      „Ich habe Angst, Gert. Und ich habe doch den Lastwagen gar nicht berührt. Ich bin doch nur schuld, wenn ...“

      „Wer hat dir denn diesen Quatsch erzählt? Ob du den Lkw berührt hast oder nicht, du hast den Unfall verschuldet. Und damit bist du schuldig und musst haften. Meinst du, die Polizei sucht dich zum Spaß?“

      „Ich habe den Eindruck“, sagte Peschke lauernd, „als wolltest du dich gegen uns stellen. Junge, das gefällt mir nicht. Das gefällt mir rein gar nicht!“

      Dr. Wolf drehte sich ein wenig zur Seite, um Peschke voll ansehen zu können.

      „Ob Ihnen, verehrter Herr Peschke, das gefällt oder nicht. Ihre Vorschläge, diese Sache zu bereinigen sind einfach dreckig. Ich bedauere, Ihren vorbildlichen Charakter nicht früher voll erkannt zu haben. Und jetzt darf ich mich verabschieden. – Und du, Inge, hast jetzt Gelegenheit, zur Polizei zu gehen, oder ich müsste die Verlobung lösen.“

      Inge sprang auf, sah ihn hasserfüllt an und schrie:

      „Statt mir zu helfen, verlangst du, dass ich ins Gefängnis gehe. Geh doch zum Teufel mit deinen verstaubten Ansichten!“

      Dr. Wolf sah sie erschüttert an, öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schwieg aber schließlich doch und ging zur Tür.

      „Und das eine sage ich Ihnen, Dr. Wolf“, fauchte ihm Peschke nach, „wenn Sie es sind, der meine Tochter hineinreitet, können Sie sich gleich Ihren Abschied bei Ihrem Krankenhaus nehmen. Denn dort sitze ich auch im Direktorium, falls Sie das noch nicht wissen. Und für Leute wie Sie wäre dann dort kaum noch Platz!“

      *

      DR. WOLF GING.

      Draußen im Saal saßen die Schnitzlers und Bauers mit Frau Peschke, hörten leise Tanzmusik und unterhielten sich angeregt. Dr. Wolf begrüßte die Leute und verabschiedete sich zugleich. Frau Peschke begleitete ihn zur Tür und fragte, als sie allein waren:

      „Gert, was ist denn passiert?“

      Er zwang sich dazu, nicht Sie zu ihr zu sagen und antwortete:

      „Frag das bitte Inge! Ich glaube, ich vertrete in diesem Haus den falschen Standpunkt. Guten Abend.“

      „Aber, Gert, so hör doch, Gert!“

      Er war schon draußen, ging rasch zu seinem Wagen, schloss auf, stieg ein und fuhr schnell davon. Als er wegfuhr, blickte er kurz zur Seite und sah Frau Peschke in der Tür, den einen Arm halb erhoben, als könnte ihr Winken ihn zurückhalten.

      Irgendwie tat sie ihm leid. Sie war anders als ihr Mann.

      *

      PÜNKTLICH ACHT UHR war Dr. Wolf wieder im Dienst. Die dralle Schwester Gerda, eine urgemütliche Vierzigerin, erwartete ihn schon auf der Station.

      „Morjen, Doktorchen, jut jeschlafen?“

      Sie strahlte ihn an.

      „Sehen ja ’n büschen blass aus, nich’?“

      Sie folgte ihm in die Ordination, wo bereits der Nachtdienst-Arzt wartete. Das war ein jüngerer Mann, ein bisschen blass, nervös und überarbeitet. Dr. Wolf wusste, dass sein Kollege Helm am Tage noch in einer Privatchirurgie assistierte, was der Gesundheit auch nicht gerade dienlich war.

      „Na, Heimchen, schlafen Sie überhaupt noch oder haben Sie das abgeschafft?“, fragte Dr. Wolf lächelnd.

      „Sie Spaßvogel. Wenn das ginge, dann hätte ich das Geld für die eigene Praxis in einem Jahr zusammen.“

      „Was gibt es auf der Station?“

      „Ach, lassen Se man, Doktorchen“, mischte sich Schwester Gerda ein, „er hat’s mich ja allens schön verklärt. Und so müde is’ er ja auch, unser Dr. Helm. Da kann ich Ihnen besser sagen, was los is’. Also da haben wir mal den Appendix von 23, der macht sich prima. Die Amputation von 27 ist noch ziemlich schwach. Der ...“

      „Was ist mit der Sectio?“, fragte Dr. Wolf ungeduldig.

      „Ja, der Kaiserschnitt von 38, das bessert sich. Nich’ wahr, Dr. Helm, die Nacht ging?“

      Dr. Helm, der kurz vor dem Einschlafen war, nickte.

      „Hmm, besser jetzt“, murmelte er vom Schlaf überwältigt.

      „Sonst noch was von Bedeutung?“, erkundigte sich Dr. Wolf.

      Schwester Gerda nickte.

      „Da is ’n Herr, der Sie sprechen wollt’. Ritter heißt er. Hat was mit dem Kaiserschnitt zu tun von 38.“

      „Danke, und wo ist er?“

      „Im Wartezimmer vom Oberarzt.“

      „Weiter nichts?“

      „Nee, was noch is’, kann bis zur Visite warten.“

      Dr. Wolf verabschiedete sich von Dr. Helm, der kaum noch aus den Augen sehen konnte, nickte Schwester Gerda zu und sagte beim Hinausgehen:

      „Visite Punkt neun!“

      „Is’ recht, Doktorchen!“

      Dr. Wolf ging hinaus, den langen Gang entlang bis zum Wartezimmer des Oberarztes, das schon brechend mit Patienten gefüllt war.

      „Herr Ritter?“

      Ein alter Mann mit schneeweißem Haar erhob sich schwerfällig, stützte sich auf einen Stock und kam langsam näher. Das Gehen fiel ihm offenbar schwer. Der Händedruck aber, mit dem er Dr. Wolf begrüßte, war fest und kräftig.

      „Ich habe ein kleines Stück weiter mein Büro, können Sie bis dahin ...“

      Der alte Herr schmunzelte.

      „Keine Sorge, Herr Doktor. Nur langsam, immer langsam“, sagte er.

      Im Büro schob Dr. Wolf seinem Besucher den Stuhl zurecht, doch Herr Ritter wehrte dankend ab.

      „Der alte Knochen kann schon noch“, sagte er. „Ist mir vor zehn Jahren unter ’ne Lore gekommen. Na ja. aber deshalb bin ich nicht hier, Herr Doktor. Es geht um ...“

      „Frau Hartwig?“

      „Ja, richtig. Frau Hartwig. Man hat ja die