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Rheini
Geschichten vom Rhein-Weser-Turm
Christa Gattwinkel
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Impressum:
Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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© 2021 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR
Mühlstr. 10, 88085 Langenargen
Alle Rechte vorbehalten. Hardcoverauflage erschienen 2020.
Herstellung + Lektorat: CAT creativ - cat-creativ.at
Illustrationen sowie Coverbild: Pauline Ringbeck, Luis und Clara Poggel
Foto: © Tobias Arhelger - Adobe Stock lizenziert
ISBN: 978-3-96074-373-6 - Hardcover
ISBN: 978-3-96074-374-3 - Taschenbuch
ISBN: 978-3-96074-415-3 - E-Book
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Inhalt
Rheinis Ausflug in seine Umgebung
Wie kam es zur Türmerin des Jahres?
Die Türmerin Christa Gattwinkel
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Rheini - der Rhein-Weser-Turm
Da steht er nun – Rheini, der Rhein-Weser-Turm. Gerade mal 28 Meter hoch und 684 Meter über dem Meeresspiegel. Er steht auf einer Nebenkuppe des Westerbergs im Rothaargebirge. Wir, die wir in seiner Umgebung leben, sind sehr stolz, ihn zu haben. Cordula und Bernhard Schwermer bewirtschaften ihn und freuen sich über jeden, der den Turm besucht.
Aber auch der Turm freut sich. Schön war für ihn der 29. August im Jahr 2019, als sein Förderverein eine Türmerin wählte, nämlich mich, Christa Gattwinkel, die euch jetzt diese Geschichte erzählt.
Wie ihr vielleicht wisst, bekam ich eine kleine Abbildung des Turms aus Holz, geschnitzt von Felix Schreiter, der in Kirchhundem lebt. Der Turm steht jetzt schon eine ganze Weile bei mir im Wohnzimmer und wird mir immer vertrauter. Aber eines Nachts passierte etwas Sonderbares.
Während ich so an den kleinen Turm dachte, stand ich plötzlich vor dem großen Turm oberhalb Oberhundems. Es war Vollmond, sehr hell, alle Menschen schienen schon zu schlafen.
Alles war still.
Mäuschenstill.
Plötzlich hörte ich den Turm sprechen, er klang irgendwie traurig und ich horchte genau hin. „Hey du, Türmerin, kannst du mich hören?“
Ja, ich konnte ihn hören. Der Turm zitterte ein wenig, als er auf meine Antwort lauschte und dann zu mir sprach: „Heute ist doch die Nacht der Wunder. Es ist Vollmond, da kann man sich doch etwas wünschen. Weißt du, was ich mir wünsche?“
Wie sollte ich wissen, was sich so ein Turm, der nur herumsteht, wünscht?
„Sag schon!“ Ich wurde ganz neugierig.
„Ich heiße doch Rhein-Weser-Turm, stimmt’s?“
„Ja!“, antwortete ich: „Und was soll das?“
„Ich möchte so gerne mal den Rhein sehen!“ Dabei seufzte er aus vollem Herzen. Alles ächzte, klapperte und zitterte, so fest wünschte er es sich.
Ich überlegte eine Weile, dann sagte ich: „Gut, wenn das die Nacht der Wunder ist, dann versuchen wir es einfach mal. Ich habe auch schon gehört, wenn man sich etwas von Herzen wünscht, muss man die Augen schließen und aus vollem Herzen bitten. Versuchen wir es.“
„Wirklich? Du willst mir wirklich dabei helfen?“ Der ganze Turm fing schon wieder an zu zittern, so ergriffen war er.
„Ja, ich versuch’s. Warte, ich muss mich aber erst in dein Innerstes begeben, sonst bist du weg und ich noch hier.“ Ich öffnete die Tür, ging hinein und schaute mich erst einmal um. Am besten war wohl, wenn ich ein paar Stufen hochging und mich dann in die zweite Etage setzte. „So, ich bin bereit. Jetzt schließen wir unsere Augen. Oh Gott, was schließest du denn? Du hast ja gar keine Augen?“
„Oh doch. Ich sehe und höre genau wie du, nur anders. Kümmere dich nicht darum, mach einfach weiter.“
„Gut, dann lass uns unsere Augen schließen und von ganzem Herzen bitten, einmal den Rhein sehen zu dürfen.“
Zuerst passierte gar nichts. Aber dann löste sich der Turm ganz langsam von allem, was an ihm hing vor und hinter ihm und rundherum. Sofort darauf erhob er sich langsam, es begann zu rauschen und raunen. Bei mir wollte so etwas wie Angst aufkommen, aber ich dachte mir, es sei ja die Nacht der Wunder und da würden eben nur gute Dinge passieren! So ließ ich meine Augen geschlossen ... und wartete.
Nach einer Weile gab es einen Ruck und noch einmal einen Ruck – dann war es still. Ganz langsam öffnete ich meine Augen und konnte es nicht glauben, als ich aus dem Fenster sah. Rundherum um uns herum war Wasser. Juhu! Das war der Rhein – und wir standen mitten im Rhein auf einer Sandbank.
„Hallo, Turm, wach auf, dein Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Du stehst mitten im Rhein.“
Der Turm wackelte jetzt ein wenig und ich dachte: „Hoffentlich kippt er nicht um und fällt ins Wasser.“
Aber nein, er wackelte vor lauter Freude. Ich meine, sogar ein paar Wassertropfen ... äh … Freudentränen an der Wand herunterlaufen gesehen zu haben.
„Türmerin, ist das der Rhein?“
„Ja, das ist er. Und schau mal, wenn du dich ein wenig reckst, kannst du sogar den Kölner Dom sehen.“
„Was ist denn das, was da an uns vorbeifährt?“
„Das sind Schiffe, die ersetzen hier auf dem Rhein die Lastwagen, die nur auf der Straße fahren können.“
Lustig, die Schiffe fuhren auf einmal sehr langsam und alle, die auf den Schiffen waren, das heißt, die ganze Besatzung und sogar die Kapitäne, standen an der Reling. Sie staunten und manche winkten auch herüber. Ein Turm mitten im Rhein auf einer Sandbank? Wo kam der denn so plötzlich her?
Ich spürte, wie der Turm alles in sich aufnahm und sich nach allen Seiten reckte und streckte. Er genoss den Ausflug in vollen