Götz W. Werner

Mit Vertrauen führen


Скачать книгу

ection>

      GÖTZ W. WERNER

      MIT VERTRAUEN FÜHREN

      INSPIRATIONEN FÜR EINE INNOVATIVE UNTERNEHMENSKULTUR

       Mit Beiträgen von Rudi Ballreich, Reinhard K. Sprenger und Christoph Werner

image

      Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

      http://dnb.dnb.de abrufbar.

      Print: ISBN 978-3-940112-90-3

      ePub: ISBN 978-3-940112-91-0

      1. Auflage 2021

      © 2021 Concadora Verlag, Stuttgart

      Satz, Typografie und Umschlaggestaltung: elnis // design Ellen Butz, Ravensburg

      Lektorat: Martin Regenbrecht, Berlin und Ruben Pfizenmaier, Frankfurt am Main

      Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

      Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten.

       www.concadoraverlag.de [email protected]

      INHALT

      REINHARD K. SPRENGER

       GELEITWORT

       EINLEITUNG

      GÖTZ W. WERNER IM GESPRÄCH MIT RUDI BALLREICH

       VERTRAUEN FÜHRT!

       Schlüsselmomente innovativer Führung

      GÖTZ W. WERNER

       UNTERNEHMENSGESTALTUNG: SUBSIDIARITÄT UND FÜHRUNG

       AUTHENTIZITÄT UND FÜHRUNG

       Initiative wecken, Rahmenbedingungen gestalten

       UNTERNEHMENSFÜHRUNG ALS SOZIAL-KÜNSTLERISCHER PROZESS IM SINNE BEUYS’

       KREATIVITÄT UND GESELLSCHAFT

      CHRISTOPH WERNER

       NACHWORT

       GÖTZ W. WERNER. VITA UND PUBLIKATIONEN

       TEXTNACHWEISE

      GELEITWORT

image

      REINHARD K. SPRENGER

      Stellen Sie sich vor, Sie sind gestorben. Ich weiß, kein guter Einstieg für einen Einstiegstext. Seien Sie bitte nachsichtig. Sie kommen also vor die Himmelspforte. Petrus bittet Sie freundlich herein und eröffnet Ihnen, Sie hätten die Wahl – zwischen Himmel und Hölle. Sie dürften auch jeweils ein Schnupperwochenende verbringen. Sie sind überrascht, hocherfreut, und entscheiden sich, zuerst mit dem Fahrstuhl in die Hölle zu fahren. Zu ihrer Überraschung betreten Sie eine Landschaft, wie sie liebreizender nicht sein könnte: ein milder Himmel, Sonnenschein, grüne, weich geschwungene Hügel, ein lichtfunkelnder See, lauer Wind bläht die Segel der Boote. Sie treffen längst vergessene Kolleginnen und Kollegen wieder; die scheinen ein Fest nach dem anderen zu feiern. Jeder treibt seinen Lieblingssport, isst seine Lieblingsmahlzeit, liest seine Lieblingszeitung, tut grundsätzlich das, was er am liebsten mag. Auf einem Schild lesen Sie: „Jedem nach seinen Bedürfnissen.“ Vollendete Gerechtigkeit. Man kann auch kommen und gehen, wann man will. Der Höllen-Teufel entpuppt sich als wahrer Gentleman, freundlich und beflissen … Sie sind tief beeindruckt. Aber Sie wollen noch die Alternative prüfen. Also fahren Sie mit dem Fahrstuhl nach oben, in den Himmel. Ähnliche Makellosigkeit: Milch und Honig fließen, es duftet nach Tulpen und Narzissen, die Luft erzittert von Schalmeien, gebratene Tauben fliegen Ihnen direkt in den Mund, goldgelockte Engel lesen Ihnen jeden Wunsch von den Lippen ab. Alles ist sanft, friedlich, einladend. Auch hier können Sie kommen und gehen, wann und wohin Sie wollen. Allein – Sie müssen dem biblischen Segensfluch folgen: sich entscheiden. Das Leben im Himmel erscheint Ihnen mehr als nur lebenswert, auf Dauer jedoch etwas langweilig. Zu Petrus gewandt wählen Sie deshalb ohne Zögern die Hölle: „Da kenne ich ohnehin mehr Leute.“ „In Ordnung“, nickt Petrus, schiebt Sie in den Fahrstuhl und ab geht‘s nach unten. Der Fahrstuhl hält, die Türen öffnen sich, sie treten voll freudiger Erwartung heraus ... und werden von Stahlzangen gepackt, emporgerissen, durchgeschüttelt und über ein Feuerrost gehalten. Die Luft ist glühend heiß und erfüllt von Heulen und Zähneknirschen. Sie sehen Ihre Kolleginnen und Kollegen in Reih und Glied auf dem Feuerrost liegen, man kann sie kaum auseinanderhalten, alle gleich groß, alle gleich lang, nur durch Nummern unterschieden. Überall Feuerstellen, auf denen Menschenkaskaden schmoren. „Moment mal“, wenden Sie sich protestierend an den Teufel, der sich plötzlich als widerwärtiger Beelzebub herausstellt, „das sah doch hier vorher ganz anders aus!“ „Ja schon“, antwortet der Teufel, „aber damals waren Sie Bewerber – jetzt sind Sie Personal.“

      Individualität und Personal, Mensch und Organisation – das ist seit jeher spannungsvoll. Immer neue Balancen werden beschrieben zwischen der Einsicht, dass Zwang, Kontrolle und Anpassung wohl unvermeidlich sind, andererseits der Mensch sich dagegen wehrt, zum Kollektivsingular „Personal“ zu zählen. Daher die Fragen: Warum ist Zwang nötig, von wem und wie darf er ausgeübt werden, wie weit darf er gehen, und schließlich, wie kann er zurückgedrängt werden, wenn er kontraproduktiv zu werden droht?

      Als Unzuverlässigkeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist das Problem lange bekannt. Seit dem Zweiten Weltkrieg sind jedoch mehrere Individualisierungswellen über unsere Gesellschaft hinweggespült und haben eine veränderte Landschaft hinterlassen. Wir haben uns vom Wir zum Ich bewegt, von der Kontinuität zum Wandel. Die Menschen sind heute besser ausgebildet, mit größeren Freiräumen aufgewachsen und vor allem unter den Bedingungen verinnerlichter Demokratie groß geworden. Wenn dem modernen Menschen an etwas gelegen ist, dann an seiner Individualität. Auch wenn es, wie bei den identitären Bewegungen, nur die Individualität von Gruppenwesen ist.

      Da trifft es sich gut, dass das, was heute das wirtschaftliche Überleben sichert, wiederum nur vom Individuum ausgehen kann. Kreativität, Selbstverantwortung, Unternehmertum – ohne den subjektiven Einzelnen ist das nicht zu haben. Nur die singuläre Person kann initiativ sein, von der passiven Sorgfaltspflicht in die aktive Verantwortung gehen, welche Gewohnheit, Routine und anachronistische Stellenbeschreibung überschreitet. Bis hin zu einer loyalen Reparaturintelligenz von unten – nicht auszudenken, wenn alles ernst genommen würde, was von der Hierarchie auf die einzelne Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter heruntergeschüttet wird.