Esther Copia

Hinter hessischen Gittern


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      Esther Copia

      Hinter hessischen Gittern

      Kriminalroman

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      Unberechenbar Nichts ist mehr, wie es war. Nach einer folgenschweren Geiselnahme innerhalb der JVA Dieburg ist das Leben der Justizvollzugsbeamtin Maria Saletti ein anderes. Ihr Freund trennt sich von ihr, Angst und Unsicherheit bestimmen ihren Alltag. Als im Aje-See, in der Nähe von Dieburg, die Leiche einer unbekannten jungen Frau gefunden wird, übernimmt das Landeskriminalamt Wiesbaden den Fall, da es sich möglicherweise um einen Serientäter handelt. Kommissar Alexander Neubert überprüft alle Freigänger der JVA Dieburg und lernt auf diesem Weg Maria kennen. Beide sind sofort voneinander fasziniert. Die Überprüfung eines einschlägig vorbestraften Freigängers bringt kein Ergebnis, da sich der Häftling zum Tatzeitpunkt in der JVA Dieburg befand. Nur Maria ist sich sicher, dass hier ein Fehler vorliegt. Bei ihren Ermittlungen stößt die Justizvollzugsbeamtin auf Widerstände und wird plötzlich selbst mehrerer Straftaten bezichtigt. Hat sie in ein Wespennest gestochen – und steckt am Ende viel mehr dahinter?

      Esther Copia wurde 1964 in München geboren und wuchs in der hessischen Kleinstadt Dieburg auf. Nach absolvierter Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin arbeitete sie mehrere Jahre in ihrem Beruf und zog nach dem Fall der Mauer nach Greifswald, wo sie als Gastronomin einige Jahre erfolgreich war. Aus Liebe zu ihrer Heimat kehrte sie nach Dieburg zurück und begann in der dortigen JVA im Aufsichtsdienst zu arbeiten, genauso wie Maria Saletti, die Heldin ihrer Kriminalromane. Durch die jahrelange Erfahrung innerhalb der Mauern eines Männergefängnisses gelingt es ihr, erdachte Geschichten wirklichkeitsnah zu schildern.

      Impressum

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      Alle Rechte vorbehalten

      Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt

      Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht

      Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

      unter Verwendung eines Fotos von: © Cmon / stock.adobe.com

      ISBN 978-3-8392-6920-6

      Widmung

      Für Mario

      Tödlicher Freigang

      Zellenkontrolle, eine Aufgabe im täglichen Einerlei als Justizvollzugsbeamtin. Maria zog ihre Handschuhe an und betrat die Zelle II515. Die Gefangenen waren beim Sport, niemand würde sie stören. Schon beim Betreten des Raumes nahm sie den Alkoholgeruch wahr. Das Zellenfenster war mit der braunen Wolldecke, die jeder Insasse beim Einzug erhielt, verhängt. Nicht ungewöhnlich bei Außentemperaturen von 35 Grad Celsius, jedoch war hier etwas anders, sie spürte Gefahr. Sie ging auf das Fenster zu, um die Decke abzunehmen, da sah sie ihn, den zerbrochenen Einwegrasierer, aus dem die Klinge entfernt worden war. Augenblicklich war sie in Alarmbereitschaft. Sie spürte etwas ganz nah hinter sich, fuhr herum und musste den Kopf in den Nacken legen. Sergej Supulev starrte ihr direkt in die Augen.

      »Warum bist du nicht beim Sport?«, sagte sie leise. Der Kahlköpfige mit den eingefallenen Wangen stand direkt vor ihr, in blauer Knastarbeitshose und weißem Feinrippunterhemd. Eine riesige Spinne war vom Schlüsselbein über den Hals bis zum Ohr tätowiert.

      Sie prüfte seinen Blick, um zu erkennen, ob er gerade auf Heroin war. Jahrelange Arbeit mit süchtigen Gefangenen hatte ihre Wahrnehmung geschult. Maria erfasste die Situation sofort, er war betrunken, die Alkoholfahne schlug ihr ins Gesicht, seine Feindseligkeit war spürbar, sie strömte geradezu aus seinen Poren, doch da war es schon zu spät. Ohne Vorwarnung griff Supulev nach ihrem Zopf und riss brutal ihren Kopf nach hinten. Sie verlor das Gleichgewicht und taumelte zur Seite. Mit ihrer rechten Hand konnte sie sich auf dem Bett abfangen, mit der linken schaffte sie es, das Funkgerät aus der Halterung an ihrem Gürtel herauszuziehen. Schnell warf sie es unter das Bett. Supulev hatte sie derweil von hinten umklammert. Sein linker Arm umfasste ihren Oberkörper. Dabei drückte er so fest zu, dass Maria einen stechenden Schmerz in den Brüsten verspürte. In seiner rechten Hand befand sich eine Zahnbürste. Die Borsten waren abgeflammt, und stattdessen klemmte im Plastik die Rasierklinge aus dem Einwegrasierer. Sie konnte das Wort HASS auf seinen Fingern eintätowiert lesen. Langsam näherte sich diese Hand ihren Augen, um dann blitzschnell nach unten zu verschwinden. Er drückte ihr die Klinge an den Hals. Sein fürchterlicher Atem, eine Mischung aus Zigaretten, Alkohol und verfaulten Zähnen, drang in Marias Nase. Der Gestank in Verbindung mit seinem Körpergeruch war kaum zu ertragen. Bilder einer Vergewaltigung jagten durch ihren Kopf. Nur nicht panisch werden, ruhig bleiben. Sie atmete bewusst tief durch und entspannte ihren Körper. Gegenwehr war eindeutig zwecklos.

      »Hey, Supulev, was ist los mit dir?« Sie versuchte, freundlich zu klingen und ihn abzulenken.

      Sie spürte seinen feuchten Atem an ihrem Hals. Heiser keuchte er ihr ins Ohr: »Ich bin kein Verräter.«

      Maria war bewusst, dass ein Russe womöglich dem Tod geweiht war, wenn er von seinen Landsleuten als Verräter beschimpft wurde.

      Maria sprach langsam, um ihn zu beruhigen. Sie zwang sich, locker zu wirken und zählte innerlich die Sekunden, bis die Zentrale sie anfunken würde.

      »Mann, Supulev, jeder weiß: Du bist niemand, der mit uns Beamten reden würde. Wo ist dein Problem?«

      »Heute in Freistunde hat Kollege gesagt, ich würde mit euch reden. Du weißt, was passiert mit Verrätern bei uns? Sie machen mich tot.

      Endlich versuchte die Zentrale, Maria zu erreichen.

      »Burg 48 für Burg.« Burg 48, das war Maria. Burg war der Funkname der Zentrale.

      Supulev begriff nicht, was gerade ablief.

      »Beruhige dich, das können wir klarstellen. Wenn du willst, verlegen wir dich in einen anderen Knast.«

      »Was soll das bringen? Du weißt, Saletti, Russenfunk geht von Knast zu Knast. Ich bin noch nicht dort, und alle wissen, Verräter kommt.« Maria wusste das, aber sie hatte gehofft, ihn so zu beruhigen.

      »Burg 48 für Burg.« Rolf Kleins Stimme wurde nachdrücklicher.

      Maria flehte: »Komm, Supulev, wir beide hatten nie Stress miteinander. Lass uns reden.«

      Supulev entspannte sich ein wenig, aber sie spürte weiterhin die Klinge an ihrem Hals.

      Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte sie Rolf Klein durch