Gert Weihsmann

Ischgler Schnee


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      Gert Weihsmann

      Ischgler Schnee

      Kriminalroman

      Personen und Handlung sind frei erfunden.

      Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

      sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

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      Alle Rechte vorbehalten

      Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt

      E-Book: Mirjam Hecht

      Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

      unter Verwendung eines Fotos von: © karegg / stock.adobe.com

      ISBN 978-3-8392-6922-0

      Inhalt

       Impressum

       Zitat

       Prolog

       TEIL 1 – FALL

       TEIL 2 – SNOW

       TEIL 3 – DEATH

       Epilog

       Dank

      »His soul swooned slowly as he heard the snow falling

      Faintly through the universe and faintly falling,

      Like the descent of their last end,

      Upon all the living and the dead.«

      (James Joyce, Dubliners)

      *

      »Relax … if you can.«

      (Ischgl-Claim)

      *

      Für Ischgl – wie es früher gewesen ist.

      Zum letzten Mal diesen Raum betreten. Das Büro im zweiten Stockwerk, 25 Quadratmeter Schweigen. Die Bilder von der Wand nehmen: Ernennungen, Auszeichnungen, Gruppenfotos und Zertifikate. Den Schreibtisch räumen, die Laden entleeren und eine letzte Notiz an den Nachfolger schreiben: … Ihnen alles Gute, Kollege Selikovsky, viel Erfolg – und ein Zitat aus dem Gedächtnis wiedergeben. Die Füllfeder in der Schatulle verstauen und beides in einen Pappkarton legen, die Laschen mit einem Klebeband fixieren – dann ist das letzte Kapitel geschlossen.

      Der prüfende Blick über die kahlen Wände, die leeren Schränke, die toten Zeiger der Wanduhr – ein Schlussbilanzblick. 25 Jahre Ermittlungen sind in den wenigen Kisten verpackt, die noch heute von einer Spedition abgeholt werden. Der kahle Raum liegt für kurze Zeit brach – bis der Neue einziehen wird. Magister Selikovsky – sein Name steht schon draußen an der Tür unter dem Vermerk »Zimmer 212, Mordkommission«. Er wird andere Ansätze haben, anderen Ideen und Dogmen gehorchen – oder auch gar keinen mehr. Die nächste Generation tickt immer anders. Wird pragmatischer, geradliniger sein; anderen Ansätzen verpflichtet. Die Zeiten ändern sich. Oder haben sich längst geändert.

      Draußen im Vorzimmer die letzte Tasse Kaffee. Bei Frau Havlicek und Herrn Linhart, den beiden Mitarbeitern, alt geworden auch sie. Ein Jahr noch oder zwei. Danach Rosen züchten oder Schach spielen bis ins Grab. Und was werden Sie in Ihrer wohl verdienten Pension machen?

      Achselzucken. Diese Frage ignorieren oder eine ausweichende Antwort geben. Der Kaffee schmeckt bitter heute, und sauer.

      Die beiden größten Fälle sind längst vorbei. Der Frauenmörder. Und der politische Schreihals von der Völkischen Heimatarmee. Jack Sturminger und Felix Wurz. Überführt. Verurteilt. Beide haben sich in der Haft erhängt. Kurz vor der staatlichen Auszeichnung – der Verleihung des Silbernen Kreuzes am blauen Band – für die erfolgreiche Aufklärung der beiden Fälle. Und der Ernennung zum Wirklichen Hofrat. Eine Art Ritterschlag. Die Anerkennung der Republik. Alles vorüber. Längst Geschichte geworden. Einmal im Jahr noch den verliehenen Orden ausführen. An der Galauniform. Beim Ball der Wiener Polizei. Der eine oder andere Minister oder Sektionschef erinnert sich noch daran: Das waren halt Zeiten. Als ob auch die Erinnerung Patina angesetzt hätte.

      Frau Havlicek hat einen Strudel gebacken. Herr Linhart einen Eierlikör nach dem Rezept seiner Großmutter gemacht. Ein paar Bissen, ein paar Schlucke, dann noch einmal Hände schütteln und gehen. Die Stufen hinunter. Der erste Stock. Das Mezzanin. Keine vertrauten Gesichter mehr. Nur Uniformen und graue Anzüge ohne jede Bedeutung.

      Das Gebäude verlassen. Auf das Auto zugehen. Auf den Mittelklassewagen mit den beiden Jagdhunden darin. Sie winseln vor Freude und kratzen mit den Pfoten an der Glasscheibe. Ein Lächeln, zuletzt. Ein seltsam gefrorenes Lächeln.

      Auf das Päckchen warten, zu Hause. Irgendwo im fernen Tirol. Das Gift wird von einem ukrainischen Labor produziert worden sein. Es soll schnell wirken und keine Spuren im Blut hinterlassen. Der Tipp eines früheren Kollegen aus dem Bundesnachrichtendienst war hilfreich gewesen.

      Die Probe aufs Exempel machen. Noch heute. Das Gift in einen der beiden Fressnäpfe geben. Unter das Hackfleisch mischen. Die Hunde in der Diele ihrer Gier überlassen. Die Nachrichten im Fernsehen verfolgen. Und warten.

      Die Kopfhörer aufsetzen, den Stimmen der Journalisten lauschen und einfach nur warten.

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