Christian Danz

Systematische Theologie


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      Christian Danz

      Systematische Theologie

      A. Francke Verlag Tübingen

      A. Francke Verlag Tübingen

      

      [V]Vorwort

      Die Systematische Theologie gehört zu den Themenfeldern eines Studiums der evangelischen Theologie, welches vielen Studierenden zunächst als ein ‚Buch mit sieben Siegeln‘ erscheint. Dem kann nur eine Auseinandersetzung mit dem Fach abhelfen. Die vorliegende Einführung in Grundfragen und zentrale Themenstellungen der Systematischen Theologie möchte dazu einen Beitrag leisten. Das Ziel des Buches besteht nicht in der Präsentation von abschließenden Antworten, die man repetieren könnte. Es soll vielmehr zu eigenem Mit- und Andersdenken anregen. Ob das gelungen ist, kann sich allein bei der Lektüre sowie dem Studium der Ausführungen zeigen.

      Ohne die vielfältigste Hilfe und Unterstützung wäre die Abfassung des Buches nicht möglich gewesen. Mehr als es mit Worten zu sagen ist, danke ich meiner Frau Uta-Marina Danz. Herr stud. theol. Friedrich Schumann (Wien) hat dankenswerterweise die Register erstellt. Danken möchte ich dem A. Francke Verlag Tübingen für die Aufnahme des Buches in sein Verlagsprogramm sowie die gute Zusammenarbeit.

      Wien, April 2016 Christian Danz

      

      [1]1 Einleitung

      1.1 Was kann eine Einführung leisten?

      Was man von der Philosophie behauptet hat, eine Einführung in sie sei selbst schon Philosophie, trifft auch auf die Systematische Theologie zu. Das scheint jeden Versuch, in eine solche Disziplin einzuführen, mit kaum lösbaren Problemen zu konfrontieren. Womit fängt man an, wenn stets schon das Ganze vorausgesetzt ist? Am besten beginnt man mit elementaren Grundbegriffen, Definitionen und Abgrenzungen des Fachs von anderen. Das erwartet man von einer Einführung in eine wissenschaftliche Disziplin, einen ersten umfassenden Überblick über ihren Gegenstand, ihre innere Gliederung sowie grundlegende Literatur. Es wird auch in der vorliegenden Einführung in die Systematische Theologie geboten. In elementarer Weise stellt das Buch zentrale Fragestellungen dieses theologischen Faches vor dem Hintergrund ihrer ProblemgeschichteProblemgeschichte vor. Die Präsentation von Basics sowie Grundinformationen zur Systematischen Theologie erschöpft sich freilich nicht darin. Die Darstellung zielt vielmehr auf das eigene Mitdenken und Durchdenken der präsentierten Themenstellungen. Ohne eine eigene Auseinandersetzung mit dem Fach sowie der Literatur ist das nicht möglich. Damit ist schon gesagt, was eine Einleitung nicht vermag. Sie kann dem Leser weder das eigene Denken noch die eigene Urteilsbildung abnehmen.

      Die vorliegende Einführung in die Systematische Theologie bietet einen Leitfaden für den Studienbetrieb evangelische Theologie sowie im Unterrichtsfach evangelische ReligionReligionevangelische. Der Grundriss der Disziplin ist sowohl für Lehrveranstaltungen als auch für das Selbststudium konzipiert. Das Buch setzt ein mit einer knappen Skizze des akademischen Fachs Systematische Theologie, ihres Unterschieds zu anderen theologischen Disziplinen und ihrer Gliederung. Vor dem Hintergrund der theologiegeschichtlichen [2]Entwicklung erörtert der Band sodann die methodischen Grundlagen der Systematischen Theologie sowie ihren Gegenstand, die christliche ReligionReligionchristliche. Am Leitfaden des Glaubensaktes werden schließlich grundlegende Themen dieser Disziplin dargestellt. Sie sind durchweg auf den Glaubensvollzug bezogen und als dessen strukturierende Elemente verstanden. Die Religion als Glaube in der Spannung von Geschichte und jeweiliger Gegenwart ist das Thema der Systematischen Theologie. In dem Buch wird er auf eine wissenschaftliche Weise dargestellt.

      Der Band bietet nicht nur grundlegende elementare Informationen zur Systematischen Theologie, er ist als ein Arbeitsbuch angelegt. Zu jedem Themenkomplex finden sich am Ende Aufgabenstellungen, die zum Teil schriftlich auszuarbeiten sind. Allein durch die eigene Auseinandersetzung mit Fragestellungen, klassischen Lösungen oder wichtigen Problemen kann sich ein eigenes Urteil bilden. Eine Verschriftlichung von Gedanken, der Versuch, diese in einen geordneten Zusammenhang zu bringen, ist das geeignetste Mittel zu deren eigener Durchklärung. Ausgewählte Literatur zu den in dem Buch vorgestellten Themen bietet dem Leser die Möglichkeit zur Vertiefung und eigenen Weiterarbeit. Zugleich sollen die Literaturhinweise den gegenwärtigen Forschungsstand in seiner Komplexität erschließen. Infoboxen informieren über grundlegende Themen- und Problemstellungen der Systematischen Theologie. Kolumnentitel erleichtern und strukturieren die Lektüre des Buches. Fremdwörter und einschlägige Fachbegriffe werden am Ende des Buches in einem Glossar erläutert. Im Text sind solche Begriffe mit einem Asterisk gekennzeichnet.

      1.2 Wozu Systematische Theologie?

      Wer ein Studium der evangelischen Theologie beginnt und sich mit seinem Studienplan vertraut macht, sieht sich mit einem Fach konfrontiert, welches sich Systematische Theologie nennt. Was verbirgt sich hinter dieser eigentümlichen Fachbezeichnung, und wozu studiert man ein solches Fach? Informiert sich der Studienanfänger in einschlägigen Lexika, so wird er bald feststellen, dass es sehr verschiedene Auskünfte darüber gibt, womit er es in dieser akademischen Disziplin zu tun bekommt. Jeder systematische Theologe scheint ein eigenes Verständnis seines Fachs zu haben. Aber nicht nur das. Systematische Theologie begegnet [3]einmal als Sammelbezeichnung für eine theologische Disziplin und zum anderen als Titel von Büchern. Im letzteren Fall meint der Begriff so viel wie Darstellung der christlichen Lehre und entspricht Bezeichnungen wie Dogmatik oder GlaubenslehreGlaubenslehre.

      Die Systematische Theologie gehört zu dem Fächerkanon des akademischen Studiums der protestantischen TheologieTheologieevangelische, protestantische, wie er sich in der Moderne herausgebildet hat. Entstanden ist die Disziplin im Zusammenhang mit der Ausdifferenzierung der Wissenschaften um 1800 in der sogenannten *Sattelzeit der ModerneSattelzeit der Moderne. Seit dem fasste man an den evangelisch-theologischen Fakultäten eine Reihe von Einzeldisziplinen wie Religionsphilosophie, Dogmatik, EthikEthik u.a. unter der Bezeichnung zusammen. An katholisch-theologischen Fakultäten hingegen hat sich keine solche fächerzusammenfassende Disziplin etabliert. In der Regel werden hier FundamentaltheologieFundamentaltheologie, Dogmatik, MoraltheologieTheologieMoral-, SozialethikEthikSozial- u.a. als eigenständige Fächer gelehrt.

      Womit beschäftigt sich die Systematische Theologie, und wozu ist sie für die theologische Ausbildung von LehramtsLehramt- und Pfarramtsstudierenden nötig? Sie thematisiert Religion, genauer gesagt, die christliche. Aber reicht dazu nicht eine Auseinandersetzung mit der Bibel in Form von biblischen Wissenschaften aus? Die biblischen Schriften sind ohne Frage die maßgeblichen Dokumente der christlichen ReligionReligionchristliche und ihrer diversen KonfessionsfamilienKonfessionsfamilien, Konfessionsparteien. In ihnen steht allerdings bekanntlich sehr viel, und selbst der Teufel beruft sich auf sie (vgl. Lk 4,1–13). Auch wem es um eine strenge Ausrichtung an der Bibel zu tun ist, der kommt nicht umhin, bestimmte Aussagen und Leitgesichtspunkte auszuwählen. Hierzu bedarf es eines Kriteriums. Dessen Bestimmung setzt Überlegungen voraus, die über den biblischen Text hinausgehen. Der Leser der Bibel und seine eigene Zeit gehören also irgendwie zu ihr hinzu. Ihr Verständnis ändert sich ebenso wie sich die Schwerpunkte der Lektüre verschieben. Für Kriterien der Bibellektüre haben sich in der Geschichte des Christentums sehr unterschiedliche Bezeichnungen eingebürgert. Man spricht von einer ‚Mitte der SchriftMitte der Schrift‘, von dem, ‚was Christum treibet‘ oder von dem ‚Wesen des ChristentumsWesen des Christentums‘. Nun wird man vielleicht einwenden wollen, wo hier das Problem liegt. Das Christliche bemisst sich aus seinem Bezug auf Jesus Christus, und das steht doch alles in der Bibel. Allein, wie ist Jesus Christus selbst zu verstehen? Hierauf gibt es sehr unterschiedliche Antworten, und es wird schnell klar, [4]dass die Frage nach dem wesentlich Christlichen von jeder Zeit neu zu beantworten ist. Darin besteht die Aufgabe der Systematischen Theologie. Sie fragt nach der Identität des christlichen Glaubens in der Spannung von Geschichte und eigener Gegenwart.

      Die Systematische Theologie thematisiert die christliche ReligionReligionchristliche. Sie ist eine wissenschaftliche Disziplin