ein ausserordentlicher Typ, aber ein Held war er nicht.»
Bochenski, Freund
Als Siffert zur Prominenz gehörte, machte er nicht nur Reklame für Marlboro, Bio-Strath und Chronometer-Heuer, verdiente er nicht nur mit Porsche- und Alfa-Romeo-Prototypen und mit Alfa- und Porsche-Vertretung und ebenfalls im Rennstall von BRM (= British Racing Motors), frequentierte er nicht nur jene höhere Tochter (Simone Guhl), bewohnte er nicht nur eine Villa in Belfaux, sondern hatte auch Freunde, die seinem Lebensstandard entsprachen, nämlich Niki de Saint-Phalle und Jean Tinguely und den Eisenplastiker Luginbühl und sogar den Hochleistungsphilosophen Joseph Bochenski von der Universität Freiburg. Die beiden ergänzten sich sehr schön, der Dominikanermönch mit dem Raubvogelprofil und der philosophische Sensler mit seinem Todestrieb. Während Siffert den Freiburger Kantonalrekord im Geldscheffeln hielt, fährt Bochenski in Rekordzeit mit einem Jaguar E-Type von der Universität Freiburg ans Ost-Institut in Köln. Während Seppi dem Freiburger Kapitalismus auf die Beine hilft, gibt Joseph dem Kommunismus in der Bundesrepublik Deutschland den Gnadenstoss (er wurde von der Adenauer-Regierung zum Thema Kommunismus konsultiert und glaubt, das Kommunistenverbot sei auf seinen Ratschlag zurückzuführen). Während Siffert von Rennen zu Rennen fliegt, huscht Bochenski von Vorlesung zu Vorlesung, von Symposium zu Seminar. Der eine besucht des andern Rennstall, der andere des einen Universität. 1964 lädt Rektor Bochenski den Siffert als Ehrengast an den Dies academicus, an die gleiche Universität, wo seine Mutter noch für Fr. 1.10 Stundenlohn putzte. 1963 will Siffert dem Bochenski einen Aston-Martin andrehen, Bochenski merkt aber, dass es sich um einen Unfallwagen handelt.
Der Mönch Bochenski lebt in evangelischer Armut, darf aber alles haben, was er zum Leben braucht. Dazu gehören auch schnelle Autos und ein Flugbrevet, das er mit 70 Jahren noch absolviert hat. «Siffert ist ein Genie des Steuerrads. Während ich mit 100 in eine scharfe Kurve gehe, nimmt Siffert sie mit 130.» Die Rennfahrer geben ihr Leben hin für die normalen Autofahrer: all die technischen Verbesserungen, die wir ihnen zu verdanken haben! Als Bochenski 1918 seinen ersten Wagen fuhr, zur Zeit, als er noch Bierbrauer war, vor seiner Konversion, welche er mit 26 Jahren vollzog, als er noch in Polen residierte und als Kavallerist die Reiterarmee des russischen Generals Budjonny bekämpfte – zu jener Zeit also waren die Autos noch nicht perfekt, die ständigen Reifenpannen ärgerten ihn. Nur durch den Hochleistungssport sind die Autos unterdessen besser geworden, meint Joseph Bochenski op, ex ordine praedicatorum, der Dominikaner aus dem Prediger-Orden.
Der Logiker und Philosophiegeschichtler, Hegel-Kenner und Antikommunist («Der Kommunismus ist eine internationale Plage»), welcher in Freiburg eingebürgert wurde, der scharfdenkende Bochenski hat am Siffert-Kult nichts zu kritisieren. Es stört ihn nicht, dass Pater Duruz op bei der Abdankung verkündete: «Wahrlich, wahrlich, ich sage Euch, wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es für sich allein, ist es aber abgestorben, so bringt es viele Frucht. Wer sein Leben liebhat, verliert es, wer dagegen sein Leben in dieser Welt hasst, wird es für das ewige Leben retten.» Und er stösst sich auch nicht an der Erklärung der Freiburger Regierung, welche nach Sifferts Tod verlauten liess: «Er wird für alle der Inbegriff des perfekten Sportlers bleiben und für die Jugend ein Beispiel für den Erfolg sein, welcher einem unerschütterlichen Willen und unablässiger Arbeit entspringt.»
*
Das war der Seppi Siffert aus der Unterstadt, aus dem Elend in den Erfolg getrieben, in früher Jugend drangsaliert von Vater, Milieu und Lehrern, via Nürburgring und Monza in die Oberstadt verschlagen, zur Welt gekommen neben dem Restaurant «Tirlibaum», aus der Welt gegangen in Brands Hatch, begraben wie seine Vorfahren, die Söldner.
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Folgende Aufsätze entstanden am 10. Dezember 1971. Der Lehrer hatte ausser dem Thema «Jo Siffert ist tot» keinerlei Hinweise gegeben und den Kindern völlige Arbeitsfreiheit gelassen.
Mein Vater kannte Jo Siffert ser gut, weil er im gleichen Jahr, Monat und Tag. Als das mein Vater erfuhr, da stotterte mein Vater: Jo Siffert ist tot, das kann doch nicht möglich sein. Aber noch vor ein paar Monaten hatte er auf brm den Österreicher Preis gefonen. Jetzt ist alles futsch. Er hat noch einen Laden. Was will jetzt seine Frau damit machen. Als er starb, da brannten um im 250 l Bensin. Wenn nur die Feuerwerr nur die Feuerlöscher hätten dann bebte er heute noch. (…)
*
Am Freitagmorgen war die Beärdigung des tötlich verunglückten Jo Siffert. Sie beärdigten ihn auf dem Friedhof in St. Lonard. Am Samstagnachmittag gingen meine Mutter und ich auf den Friedhof um Blumen auf das Grab von meinen Grosseltern zu setzen. Nicht weit weg vom Grab von dem Grossvater war das Grab von Jo Siffert.
Alle Grabe waren eingetzaunt damit die Leute nicht alles vertrampeln. Die Leute Filmten und Fotogravierten das grosse Grab. Ein junger Mann der nicht an die Beärdigung konnte, flog am Sonntag mit einem Helikopter über das Grab und liess einen Kranz fallen. (…)
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(…) Nach der fünfzehnten runde konnt er bei einer Kurfe nicht mehr zurukschalten und das Stockwerk klemte. Der Wagen nahm Feuer. Jo Siffert er stickte. Das Feuer war zu heiss und die Feuerwermänner konnten nicht zum Feuer. (…)
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Ich war nicht dabei als sie Jo Siffert begraben haben aber ein Mädchen hat gesagt dass sie ihn mit einem Auto begraben haben.
Als er gestorben war sang die 2. Sek:
Jo Siffert ist gestorben
Jo Siffert war ein Held
Jo Siffert ist geboren in einem Kinderbett.
*
Jo Siffert lebte noch eine Minute, aber dann war er tot. (…)
*
(…) Es ist jetzt schon der zweite schwere Verlust der brm in diesem Jahr. Petro Rodriguez ist auch tot. Im Frühling dieses Jahres verunglückte er. Es war der erste Verlust. Jetzt Jo Siffert im Herbst dieses Jahres. Die Leiche wurde nach Zürich geflogen, von dort aus nach Freiburg wo er begraben wurde. Jo Siffert ist tot.
*
Es indressiert mich nicht. Denn Siffert hat selber den tot haben wollen.
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(…) Als Jo Siffert im Auto darin erstickte, da prostierten viele Leute, denn sie hätten eine Minute Zeit gehabt, Als Siffert in Freiburg war, kamen 6 Totenwagen ganz beladen mit Kränzen, und im letzten war Jo Siffert.
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