folgende Festlegungen:
1 Es werden nur schriftliche Texte betrachtet. Die Beschäftigung mit gesprochenen Texten einschließlich der Klärung der Frage, ob GesprächeGespräch überhaupt als Texte zu betrachten sind, würde den Rahmen dieses Kapitels sprengen (siehe hierzu auch die Einleitung).
2 Ich gehe davon aus, dass sich eine „textliche Einheit“, das also, was als ein vollständiger Text zu betrachten ist, zum einen aus unserem TextsortenwissenTextsortenwissen ergibt. Wir wissen aus Erfahrung, wie Texte bestimmter Textsorten eröffnet und abgeschlossen werden. Wir kennen also Anfangs- und Endsignale. Eine Texteinheit kann außerdem aus ihrem Handlungszusammenhang deutlich werden und auch daran, dass sie eine spezifische TextfunktionTextfunktion verfolgt.
3 Man muss aber auch damit rechnen, dass Textgrenzen nicht immer scharf gezogen sind. Unschärfe ist ein Phänomen, das bei der Betrachtung von Sprache nicht unsicher machen darf. In einem sozial bestimmten und sich natürlich entwickelnden Bereich, wie es der Gebrauch einer Sprache ist, kann man absolute Trennschärfe zwischen den Phänomenen nicht erwarten.
Für einen offenen Zugriff auf das Textphänomen bietet es sich an, zunächst einmal auf die fast „klassisch“ gewordenen (wenn auch zugleich in die Kritik geratenen) KRITERIEN DER TEXTUALITÄTTextualität zurückzukommen, wie sie Beaugrande/Dressler (1981) in ihrem Buch „Einführung in die Textlinguistik“ vorgestellt und expliziert haben: Es sind die folgenden: KOHÄSIONKohäsion, KOHÄRENZKohärenz, INTENTIONALITÄTIntentionalität, AKZEPTABILITÄTAkzeptabilität, INFORMATIVITÄTInformativität, SITUATIONALITÄTSituationalität, INTERTEXTUALITÄTIntertextualität (genauer unter 1.3).
Dass man dabei nicht stehen bleiben darf, ja dass diese Kriterien auch kritisch zu betrachten sind, ist gegenwärtig ebenso Konsens wie die Praxis, dass sich nahezu jede Auseinandersetzung mit dem Textbegriff an der Arbeit der beiden Autoren – zustimmend und/oder kritisch, das Gesagte einfach wiedergebend oder es fortführend – orientiert. Feilke (2000: 76) z.B. spricht von „völlig heterogenen Theorietraditionen“ der Kriterien. Anders dagegen äußern sich Adamzik (2004) und Warnke (2002), die den Kriterien durchaus einen erkenntnisfördernden Wert zusprechen. Es lohnt sich, die Argumentationen der drei Autoren durch die Lektüre der genannten Arbeiten nachzuvollziehen. Warnke meint sogar, dass die Kriterien der Textualität nach Beaugrande/Dressler nicht nur „noch immer einschlägig“ seien, sondern dass sie sogar „gleichsam die Matrixkarte der Textlinguistik“ bildeten (Warnke 2002: 127). In einem zusammen mit Gerhard verfassten Aufsatz wird gezeigt, wie man die Kriterien erfolgreich als eine Richtschnur für Untersuchungen einsetzen kann, und dies sogar auch in der Analyse von über den sprachlichen Text hinausgehenden nicht-sprachlichen zeichenhaften Artefakten (Stadt als Text, Warnke/Gerhard 2006, siehe 1.6).
Im vorliegenden Beitrag sollen die TEXTUALITÄTSKRITERIENTextualitätskriterium/-kriterien gleichsam als ein Rahmen dienen, in dem man sich über Textualitätseigenschaften Gedanken macht. Genauer gesagt: Die von Beaugrande/Dressler so genannten „Kriterien“ werden nicht als ausschließliche Kriterien gebraucht, sondern als „Beschreibungsdimensionen für wesentliche Eigenschaften von (prototypischen) Texten“ (Adamzik 2004: 53), die auch ergänzt werden können. Man kann sie sich – in einem gedanklichen Bild – als um einen Kern herum geordnet vorstellen, vom engeren transphrastischentransphrastisch hin zu weiteren Kriterien. Die Ausführungen von Adamzik (2004) und Sandig (2006: 309ff.) stellen diesen Kriterien jeweils eine Auffassung von Texteigenschaften als Elemente eines prototypischen Textverständnisses gegenüber. Hier steht das Prototypische eines Textes, das, was ihn zu einem guten, d.h. typischen Vertreter seiner Kategorie macht, im Mittelpunkt, weniger entscheidende Merkmale rücken an den Rand (so auch in Kap. 14). Der Hinweis auf das Prototypische ist eine wichtige Bereicherung, die nicht notwendig die Kriterien von Beaugrande/Dressler „aushebeln“ muss, sondern zu einem differenzierteren Gebrauch dieser Beschreibungsdimensionen anregt.
Was ist nun aus der Sicht von Beaugrande/Dressler als ein Text aufzufassen? In ihrer „Einführung in die Textlinguistik“ stellen die Autoren zu Beginn erwartungsgemäß die Frage, was ein Text sei, d.h., „welche Kriterien Texte erfüllen müssen“ (Beaugrande/Dressler 1981: 3), um als Texte gelten zu können, und beantworten ihre Frage mit der folgenden teilweise einleuchtenden, teilweise nicht unproblematischen Definition:
Wir definieren einen TEXT als eine KOMMUNIKATIVE OKKURENZ […], die sieben Kriterien der TEXTUALITÄT erfüllt. Wenn irgendeines dieser Kriterien als nicht erfüllt betrachtet wird, so gilt der Text nicht als kommunikativ. Daher werden nicht-kommunikative Texte als Nicht-Texte behandelt. (Beaugrande/Dressler 1981: 3)
Dass die Autoren Texte als eine „kommunikative Okkurenz“ betrachten, d.h. als eine kommunikations- und damit handlungsbestimmte Größe, ist ein wichtiger Schritt. Wie oben schon beschrieben, rücken damit Texte als Größen der Sprachverwendung in den Blick, womit die rein transphrastischetransphrastisch Betrachtung, also die Untersuchung der Satzverknüpfungen als alleiniger Beschreibungsansatz, überwunden ist (siehe ausführlicher Kap. 5). Ein weites und erweiterbares Untersuchungsfeld tut sich auf. Das wird deutlich werden, wenn in 1.3 die sieben Kriterien genauer beschrieben werden.
1.3 Textualität – ein konzentrisch erweiterter Textbegriff1
1.3.1 Text als Satzkette
In ihrer Anfangsphase (1960er-Jahre) war die Textlinguistik,