Gunter Preuß

Berührungen


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      Gunter Preuß

      Berührungen

      Ausgewählte Kurzprosa

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Brunnenkinder (Und wenn ich sterben sollte, 2004)

       Eine Reise zurück (Verbotene Türen, 1985)

       Charlys Paradies (Verbotene Türen, 1985)

       Liebgott (Aus der eigenen Haut, 2000)

       Das Radio (Verbotene Türen, 1985)

       Begegnung mit Hamlet (Verbotene Türen, 1985)

       Der Tausch (Verbotene Türen, 1985)

       Im Kino (Verbotene Türen, 1985)

       Der Zauberstein (Aus der eigenen Haut, 2000)

       Der Frosch (Tschomolungma, 1981)

       Manja (Eine Handvoll Sehnsucht, 1999)

       Margitta (Und wenn ich sterben sollte, 2004)

       An einem Tag (Die Grasnelke, 1973)

       Die Grasnelke (Die Grasnelke, 1973)

       Spiegelscherben (Spiegelscherben, 1986)

       Die Blonde (Spiegelscherben, 1986)

       Mittwochs in der Stadt (Die Grasnelke, 1973)

       Zwischen Abend und Morgen (Die großen bunten Wiesen, 1976)

       Aufstehen und Gehen (Verbotene Türen, 1985)

       Tanzstunden (Verbotene Türen, 1985)

       Der Güterboden (Verbotene Türen, 1985)

       Im Haus des Todes (Verbotene Türen, 1985)

       Der Klang (Im Bauch der Stadt, 2000)

       Joker (Zwei im Spinnennetz, 2006))

       Das Weib (Und wenn ich sterben sollte, 2004)

       Marina (Und wenn ich sterben sollte, 2004)

       Die Geliebte (Und wenn ich sterben sollte, 2004)

       Inmitten der Nacht (Der 884. Montag, 1999)

       Sechserpasch (Briefe an die Geliebte, 1989)

       Der Hang (Spiegelscherben, 1986)

       Abschied (Spiegelscherben, 1986)

       Impressum neobooks

      Brunnenkinder (Und wenn ich sterben sollte, 2004)

       Impressum

Grafik 3

      ©HeRaS Verlag, Rainer Schulz, Berlin 2020

      www.herasverlag.de

      Layout Buchdeckel Rainer Schulz

      Bernhard rannte aus dem Gehöft der Großeltern und den Hügel hinunter, bis die Apfelbäume ihn vor der Großmutter versteckten. Er aß den Käse von der dicken Scheibe Brot, die er aus der Küche stibitzt hatte, dann kaute er Stück um Stück die krustige Rinde. Das Brotinnere befeuchtete er mit Speichel und knetete es, brach dann die Masse auseinander, rollte sie zu Kügelchen, die er sich in den Mund schob und auf der Zunge zergehen ließ.

      Mittlerweile hatte er das Dorfinnere erreicht. Vorm »Ross«, der bis auf das Dach mit wildem Efeu umrankten Dorfkneipe, lehnten Fahrräder, deren Felgen mit Stricken oder Hartgummireifen umspannt waren. Im Schatten einer Pappel saßen Jessner-Franz, Karla und noch ein paar Jungen und Mädchen, die von der Feldarbeit ausruhten und mit Löffeln ihre Kochgeschirre auskratzten.

      Bernhard blieb bei ihnen stehen. Er löste mit den Fingerspitzen Krumen aus seinem Knetbrot und steckte sie genüsslich in den Mund.

      Das Kochgeschirrgeklapper wurde leiser und verstummte. Die Kinder sahen auf das Stück Brot in Bernhards Händen. Jessner-Franz, ein lang aufgeschossener Junge mit kahl geschorenem Kopf und geröteten Händen und Füßen, einer von den Zugewanderten »aus Hinterpommern«, wie Großvater verächtlich sagte, schluckte mehrmals, hustete und spie vor Bernhards Füße. Im vergangenen Winter war er mit seiner Mutter und seiner zweijährigen Schwester ins Dorf gekommen. Er hatte auf den Tod gelegen, aber die uralte Jelanka hatte ihm das Fieber weggehext und ihm einen alten Uniformmantel geschenkt.

      Jessner-Franz zog aus einer der Manteltaschen einen kleinen Spiegel, ließ die Sonne aufs Glas scheinen und lenkte den blitzenden Lichtstrahl auf Bernhards Augen. Die Jungen und Mädchen rutschten sitzend auf dem staubigen Boden heran. Sie bildeten einen Kreis um Bernhard und Jessner-Franz.

      Bernhard versuchte, durch Drehen des Kopfes dem blendenden Lichtstrahl auszuweichen. Er hatte sich schon mit Jessner-Franz und anderen Jungen geprügelt, weil sie ihm die Faust entgegenstreckten und ihn »Städter« und »Weißkäse« riefen und die Großeltern als »Leuteschinder« und »Halsabschneider« beschimpften und in Richtung des Mainbachschen Hügels spuckten.

      Heute wollte Bernhard einer Prügelei nicht aus dem Weg gehen. Nicht hauptsächlich den Schmerz fürchtete er, es war der Hass, der ihm aus den Augen