Annegret Achner

Schneller, Oma!


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      Annegret Achner

      Schneller, Oma!

      Kindergeschichten - nicht nur für Kinder

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Yusuf

       Oma ist weg

       Schneller, Oma!

       Die Klingel

       Strandurlaub

       Carlotta

       Der Apfel

       Zugvögel

       Reisefieber

       Troll gefangen

       Die Autorin

       Impressum neobooks

      Yusuf

      »Oma, Oma«, schreit Max-Emanuel. Mein vierjähriger Enkelsohn zerrt mir fast den Arm aus dem Schultergelenk.

      »Nun sachte, sachte mit die alten Gäule. Was ist denn nun wieder los?« Ich bin in Eile. Muss noch schnell über den Markt hetzen, ein paar Kartoffeln, einen Blumenkohl und eine Schale Erdbeeren für das Mittagessen besorgen, um rechtzeitig das Essen auf dem Tisch zu haben. Die beiden Großen kommen bald aus der Schule. Meine Tochter ist auf einem Selbstfindungs-Seminar.

      »Oma!« Max-Emanuel stemmt seine kurzen, dicken Beine energisch auf den Boden. Geht keinen Schritt weiter. »Oma, guck mal den Mann da. Der ist groß!«

      Tatsächlich, am Obststand steht ein Riese. Ich korrigiere mich sofort. Innerlich. Political correctness. Darauf lege ich Wert. Am Obststand steht ein groß gewachsener Mensch. Sehr groß gewachsen. Über zwei Meter.

      »Oma, ist das der Riese aus dem Märchenbuch?« Ich merke, wie mir die Röte ins Gesicht steigt. Mein Mäxchen hatte schon immer eine laute Stimme. Er muss gegen den großen Bruder anschreien. Der lange Mensch dreht sich natürlich um.

      Um Gottes willen, ein Ausländer. Auch das noch! Wie peinlich. Er soll bloß nicht denken, wir seien Rassisten. Ich sage »pssst« und versuche, Max-Emanuel weiterzuziehen. Erfolglos. Er steht wie festgewurzelt mit offenem Mund da und staunt den Mann an.

      »Oma, werde ich auch mal so groß wie der? Oma. Bitte. Ich will auch so groß werden wie der.« Ein liebliches Stimmchen hat der Kleine wirklich nicht. Ich würde mich am liebsten unsichtbar machen.

      »Komm weiter, Max-Emanuel«, zische ich. Wer hat diesem Kind nur diesen bescheuerten Namen gegeben.

      »Der Kleine Recht haben«, sagt der Mann. »Ich sehr groß.« Und dann geht dieser lange Kerl in die Knie. Ganz tief. Sein Oberkörper schwankt über meinem Enkel. Hoffentlich fällt er nicht auf ihn. Erdrückt ihn. Große Menschen haben oft keine gute Körperbalance. Doch er legt dem Kind ganz sanft eine Hand auf die Schulter, lächelt es an und fragt.

      »Warum groß sein wollen wie ich?«

      »Weil, weil...«, stottert Max-Emanuel, »dann bin ich auch sooo stark!« Er breitet die Arme aus. »Stärker als der Finn Linus. Und wenn der mich ärgert, dann, dann kämpfe ich...wumm, brr, bumm, zack.«

      Er holt mit dem Fuß aus, schwingt ihn schräg nach oben. Karate, Kickboxen. Von wem er das nur wieder hat. Ich war aktiv in der Friedensbewegung. Meine Tochter war mit auf Demos. Reden, nicht prügeln, darauf habe ich stets geachtet. Der sanfte Riese lacht.

      »Große Menschen nicht stärker!«, sagt er. »Und stoßen viel Kopf.«

      Das Kind ist unbeeindruckt. «Darf ich mal auf deinen Schultern sitzen?« Er schaut den Mann mit bettelnden Augen an.

      »Nun ist aber gut, Max-Emanuel«, sage ich. »Nun lass mal den Herrn in Ruhe.«

      »Macht nix«, sagt der Riese. »Junge nett. Wie heißen?«

      »Max-Emanuel«, schreit Max-Emanuel. »Und du?«

      »Yusuf«, sagt der Mann und nimmt den Jungen hoch. Mit vorgerecktem Kinn blickt Max-Emanuel von seinem luftigen Sitz auf mich herab.

      »Ich bin der größte Mann der Welt!«, schreit er. »Ich und Yusuf.«

      Immer wieder redet er von seinem neuen Freund. »Yusuf ist bestimmt mit dem Zirkus weitergezogen«, sagt Max-Emanuel, als ich ihn ein paar Tage später aus dem Kindergarten abhole.

      »Wieso mit dem Zirkus?«, frage ich.

      »Hat die Erzieherin uns vorgelesen. Aus einem großen Zirkusbuch. Riesen arbeiten nämlich im Zirkus und können Feuer schlucken. Zwerge springen durch Reifen, machen Kopfstand und blasen Trompete. Ich will lieber Riese werden.«

      Ich glaube, ich muss ein ernsthaftes Wort mit der Kindergartenleitung sprechen.

      Oma ist weg

      Die gläserne Tür zum Funbad öffnet sich automatisch. Ohrenbetäubender Lärm schlägt ihnen entgegen. Im Planschbecken kreischen kleine Kinder, Jungs springen tarzanlike mit Gebrüll vom Drei-Meter-Brett. Die Wasserfontänen lassen die weibliche Fan-Gruppe am Rand aufquietschen.

      Max-Emanuel nimmt Omas Hand. »Komm, Oma, rutschen.«

      »Puh, ist das hier heiß«, sagt die Oma. »Und es stinkt nach Pommes.«

      Max-Emanuel rennt die Treppen zum oberen Stockwerk hoch. Von dort windet sich eine lange blaue Röhre wie eine Riesenschlange zum Wasser hinunter.

      »Nicht so schnell, Maxl«, ruft die Oma und schnauft hinterher. Und als die Ampel grün zeigt, hui, rutschen Oma und Max-Emanuel die lange Rutsche hinunter. Max-Emanuel hat seine Badehose in die Pospalte geschoben, dann geht es noch schneller, hat Papa gesagt.

      »Nun warte doch auf mich, verflixt nochmal«, sagt Oma, als sie weit hinter Max-Emanuel ins Wasser platscht. »Das sieht doch komisch aus, wenn ich als Oma so allein auf der Rutsche rutsche.«

      »Du musst deine Badehose auch in die Pospalte tun, dann bist du schneller.«

      Oma guckt entgeistert. »Du spinnst doch wohl, Max.«, sagt sie. »Die Leute lachen mich doch aus.«

      Dass die Oma sich aber auch so anstellt!. Na gut, dann ist sie eben langsamer. Selber schuld.

      »So, Maxl. Du setzt dich jetzt mal kurz auf die Liege. Ich komme gleich wieder.«

      »Ich habe Hunger. Ich mag Pommes. Mit Ketchup.«

      »Ja gleich, wir gehen ins Bistro. Da gibt es leckere Würstchen.