Brigitte Tholen

Verrat


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      Brigitte Tholen

      Verrat

      Kriminalgeschichten

      Dieses ebook wurde erstellt bei

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Verrat - Kriminalgeschichten

       Das Labyrinth der Puppen

       Du sollst nicht …

       Die Pflanze im Moor

       Salto Mortale

       Verrat

       Ausgerutscht

       Mehr von der Autorin

       Impressum neobooks

      Verrat - Kriminalgeschichten

      Anais Nin sagt: „Die Liebe stirbt nie einen natürlichen Tod. Sie stirbt, weil wir das Versiegen ihrer Quelle nicht aufhalten, sie stirbt an Blindheit und Missverständnissen und Verrat. Sie stirbt an Krankheiten und Wunden, sie stirbt an Müdigkeit. Sie siecht dahin, sie wird gebrechlich, aber sie stirbt nie einen natürlichen Tod. Jeder Liebende könnte des Mordes an seiner eigenen Liebe bezichtigt werden. “

      In diesen Kriminalgeschichten, dreht sich alles um den Verrat durch Personen, die die Liebe und das Vertrauen missbraucht haben.

       Verrat

       Brigitte Tholen

       Kriminalgeschichten

      Copyright: Brigitte Tholen

      http://www.kimberry.eu/

      Coverdesign: Brigitte Tholen

      Foto: J.B. Meister/http://www.pixelio.de/

      Das Labyrinth der Puppen

      Es sah wie getrocknetes Blut aus neben der Klinge, die zwischen den Schulterblättern steckte. Tim wich einen Schritt zurück.

      Beates Mundwinkel zuckten leicht. Sie trug einen lilafarbenen Hut, der über und über mit rosa Blüten besetzt war. Das Kleid wiederholte in quadratischen Mustern beide Farben.

      „Alles wirkt so echt.“ Tim starrte noch immer auf die lebensgroße Puppe.

      „An dieser Figur arbeite ich gerade. Zum Schluss wird der fertige Körper mit Latex besprüht.“ Sie hob den Arm der Puppe hoch. „Die Gliedmaßen sind beweglich angesetzt.“

      „Du hattest damals schon die verrücktesten Einfälle.“

      „Ich bin Künstlerin.“ Sie zeigte in die Runde. Das Labyrinth ist das Ergebnis einer eintägigen Performance, an der viele aus dem Ort teilgenommen haben. Tausende von Berberitzen habe ich dafür gekauft.“ Beate strich sanft über die Seiten der Hecke. „Als Kulisse für meine Werke.“

      „Verstehe. Hast du noch mehr schauerliche Dinge in deinem Labyrinth?“

      „Da vorne, die Dame im Abendkleid. Sie war mein erstes Exemplar. Ist sie nicht entzückend?“

      Eine zierliche, rothaarige Frau in hautengem, schwarzem Kleid stand dort. Ihr Gesicht war von Sommersprossen übersät, und die blauen Augen blickten den Besucher an. Der schmale Mund war leicht geöffnet. Die linke Hand lag auf der Hüfte. Zwischen den Fingern der rechten steckte eine Zigarette, als warte die Dame darauf, dass man ihr Feuer reiche. Unter dem Daumen klebte ein Pfennig.

      Tim konnte sich nicht sattsehen. „Warum hat sie die Münze in der Hand?“

      Beate spielte mit ihrem Ohrring. „Vor Jahren, als es die D-Mark noch gab, habe ich Glückspfennige gesammelt, jetzt sind sie mein Markenzeichen.“

      „Originell. Die Frau erinnert mich an jemanden.“

      „Tatsächlich?“

      „An…“

      „An wen?“

      „Ach, niemand Besonderen.“

      Beate wickelte eine Locke ihres blonden Haares um den Finger. „Natürlich erkennst du sie, nicht wahr? Hieß sie nicht Kia?“

      Tim senkte den Kopf und sah zu Boden. „Es ist lange her. Du hast mir immer noch nicht verziehen? Als du anriefst, habe ich mich gefreut, ich dachte, wir könnten …“

      Beate sah ihn ruhig an. „Komm weiter.“

      Stumm gingen sie durch das Labyrinth, die Berberitzenhecken entlang, deren Früchte in der Abendsonne blutrot leuchteten. Es duftete herb nach dem Grün des Dorngebüsches.

      Es war vielleicht doch keine gute Idee, hierher zu kommen, dachte Tim.

      Sie hatten einen Platz erreicht, auf dem eine Holzbühne stand. Auf dem Podium saßen drei junge Frauen, die sich zu langweilen schienen. Beate blieb stehen, während Tim sich ihnen näherte.

      „Die Drei, erinnerst du dich? Du kannst sie nicht vergessen haben.“

      Tim drehte sich ihr zu. „Was soll das, Beate? Hast du auch eine Nachbildung von mir?“

      „Ich arbeite daran.“

      „Warum machst du das? Warum nimmst du gerade uns als Vorlagen?“

      Beate lächelte. „Hast du Probleme damit?“

      „Nein.“ Er sah auf die Uhr. Er ertrug diese Situation nicht länger. „Du bist eine großartige Künstlerin, aber ich muss gehen.“

      „Tatsächlich? Ich dachte, du wolltest mir noch etwas sagen?“

      Tim strich mit der Hand den Nacken entlang. „Lass uns die alten Sachen vergessen. Wir waren jung, wollten uns austoben. Du kannst doch nicht wirklich geglaubt haben, dass ich dir ewig treu bin.“

      Beate ging zu einer Figur und vertiefte sich wieder in ihre Arbeit. Sie schien Tim nicht mehr wahrzunehmen.

      Er ging ohne Gruß. Unter seinen Füßen knackten Äste wie morsche Knochen. Tim spürte eine Gänsehaut auf seinen Unterarmen. Der Gang ließ ihm keine andere Möglichkeit, als links abzubiegen. Mit jedem Schritt wuchsen die Hecken über ihm dichter zusammen, bis der Himmel nur noch ein schmaler Spalt zwischen grünschwarzen Ästen war. Als sich eine dunkle Wolke vor die Sonne schob, hatte Tim das Gefühl, in einem Tunnel zu sein. Ein kalter Windhauch ließ die Hecke rascheln. Tim schlug den Kragen seiner Jacke hoch. Er sah sich um, aber der Weg zurück lag im Dunkel. Außer dem Rauschen der Blätter hörte Tim nur noch dumpf seinen Herzschlag.

      Verdammt, natürlich war er zum Schluss nicht nett zu ihr gewesen. Er sah das Bild deutlich vor sich. Sie klammerte sich an ihn, wollte nicht glauben, dass er sie nie geliebt hatte. Er stieß sie zur Seite. Beate stolperte und fiel einige Treppenstufen hinunter. Es war nicht seine Absicht gewesen, was musste sie auch so klammern. Sie weinte, und als er schon an der Haustür war, drehte er sich noch einmal um. Sie zog sich am Geländer hoch und schrie ihn an: „Dann geh doch, du kannst gar nicht lieben. Glaubst du, ich wüsste nicht, dass du mich schon öfter betrogen hast.“