J. S. Fletcher

Mord in Middle Temple


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      Mord

      in

      Middle

      Temple

      J. S. Fletcher

      Originaltitel: The Middle Temple Murder

      Deutsche Originalausgabe:

      Das Geheimnis um Mr. Marbury

      Peter J. Oestergaard Verlag, 1931

      Digitalisierung, Überarbeitung, Aktualisierung der Übersetzung sowie Umschlaggestaltung:

      Julia Evers, 2017

      Foto: Max de Rohan Willner/ Unsplash

      alle Rechte vorbehalten

      Inhalt

       Kapitel 1

       kapitel 2

       kapitel 3

       Kapitel 4

       kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

       Kapitel 11

       Kapitel 12

       Kapitel 13

       Kapitel 14

       Kapitel 15

       Kapitel 16

       Kapitel 17

       Kapitel 18

       Kapitel 19

       Kapitel 20

       Kapitel 21

       Kapitel 22

       Kapitel 23

       Kapitel 24

       Kapitel 25

       Kapitel 26

       Kapitel 27

       Kapitel 28

       Kapitel 29

       Kapitel 30

       Kapitel 31

       Kapitel 32

       Kapitel 33

       Kapitel 34

       Kapitel 35

       Kapitel 36

       Über den Autor

      Spargo verließ die Redaktion des Watchman gewöhnlich um zwei Uhr nachts, wenn die Morgenausgabe im Druck war. Er hatte nichts mehr zu tun, wenn er den Teil der Zeitung durchgesehen hatte, für den er verantwortlich war. Vor kurzem erst war er Hilfsredakteur geworden. Er hätte eigentlich schon eher nach Hause gehen können, aber er hatte sich nun einmal angewöhnt, bis etwa gegen zwei Uhr im Büro zu bleiben.

      Am Morgen des 22. Juni 1912 blieb er sogar länger als gewöhnlich und plauderte noch mit seinem Kollegen Hacket, der die auswärtige Politik bearbeitete, über eingegangene interessante Telegramme. Es war schon halb drei, als er endlich auf die Fleet Street hinaustrat. Die Luft war frisch und kühl, und im Osten kündete sich bereits die Morgendämmerung leise an. Die Stadt lag in tiefem Schweigen, majestätisch hob sich die Silhouette der St. Paul´s Cathedral vom Himmel ab.

      Spargo wohnte in Bloomsbury, auf der Westseite des Russell Square. Jeden Abend und jeden Morgen ging er durch dieselben Straßen zur Redaktion: Southampton Row, Kingsway, Strand, Fleet Street. Im Laufe der Zeit waren ihm eine Reihe von Gesichtern vertraut geworden: vor allem kannte er die Polizisten, die auf dieser Strecke Dienst hatten, und grüßte sie, wenn er Pfeife rauchend seines Weges ging.

      Als er an diesem Morgen in die Nähe der Middle Temple Lane kam, sah er den Polizisten Driscoll am Eingang eines Hauses stehen. Der Mann schien irgendetwas zu beobachten. Etwas weiter entfernt tauchte ein anderer Beamter auf, dem Driscoll mit erhobenem Arm ein Zeichen gab. Dann drehte er sich um und erkannte Spargo. Er ging ein paar Schritte auf ihn zu.

      „Was gibt es denn?“, fragte Spargo.

      Driscoll zeigte mit dem Daumen über die Schulter auf ein halb geöffnetes Tor. Spargo schaute hinein und sah, dass ein Mann dort hastig Jacke und Weste anzog.

      „Der Portier da sagt, dass jemand hinter einer der Haustüren liegt. Er hält ihn für tot. Hat mir sogar erzählt, dass er an einen Mord glaubt.“

      „Mord?“, fragte Spargo schnell. „Wie kommt er denn zu der Ansicht?“ Neugierig schaute er an Driscoll vorbei.

      „Er hat Blutspuren gesehen. Sie sind doch von der Zeitung?“

      „Ja.“

      „Dann kommen Sie mit uns - wahrscheinlich können Sie einen interessanten Artikel über die Sache schreiben.“

      Spargo antwortete nicht. Er blickte nur verwundert die Gasse hinunter. Welches Geheimnis mochte sie bergen? Nun war auch der andere Polizist herangekommen und im selben Augenblick trat der Portier aus der Tür.

      „Also kommen Sie. Ich werde es Ihnen zeigen.“

      Driscoll wechselte ein paar Worte mit seinem Kollegen, dann wandte er sich an den Portier.

      „Wie kam es, dass Sie ihn gefunden haben?“

      Der Mann wies mit dem Kopf auf eine Tür. „Ich hörte, wie sie zugeschlagen wurde“, sagte er aufgeregt, als fühlte er sich durch die Frage des Polizisten beleidigt. „Das kam mir sonderbar vor. Ich bin aufgestanden und habe mich umgesehen und dann habe ich ihn entdeckt.“

      Er zeigte auf eine bestimmte Stelle. Spargo sah den Fuß eines Mannes, der aus einem der Eingänge herausschaute. Deutlich konnte er den Schuh und den grauen Strumpf erkennen.

      „Er lag genauso da, wie Sie ihn jetzt noch sehen. Ich habe ihn nicht angerührt.“

      Er sprach nicht weiter, sondern verzog das Gesicht bei der Erinnerung an seinen ersten Schrecken. Driscoll nickte verständnisvoll.

      „Sie sind also aufgestanden und haben sich umgeschaut?“

      „Ja, und als ich das Blut sah, bin ich schnell auf die Straße gegangen, um einen Polizisten zu holen.“

      „Das Beste, was Sie tun konnten“, erwiderte Driscoll.

      Sie waren jetzt an dem Eingang angekommen und blieben stehen. Der Schauplatz selbst wirkte ziemlich nüchtern, die Wände waren mit Fliesen verkleidet, der Boden bestand aus Beton. In dem kühlen, grauen Morgenlicht erinnerte die Szene Spargo fast an eine Leichenhalle. Es war deutlich zu erkennen, dass der Mann, der dort lag, nicht mehr lebte.

      Im ersten Augenblick sprach niemand. Die beiden Polizisten schoben unbewusst die Daumen in den Ledergürtel und spielten nervös mit den Fingern. Der Portier rieb sich nachdenklich das Kinn. Spargo hatte die Hände in die Taschen gesteckt und klapperte mit seinen Hausschlüsseln. Jeder machte sich seine eigenen Gedanken beim Anblick dieses Toten.

      „Sie sehen“, sagte Driscoll plötzlich leise, „dass