Anonym

Erzählungen aus 1001 Nacht - 1. Band


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      Anonym

      Erzählungen aus 1001 Nacht

      1. Band

      Texte: © Copyright by Anonym

      Umschlag: © Copyright by Gunter Pirntke

      Verlag:

      Das historische Buch, Dresden / Brokatbookverlag

      Gunter Pirntke

      Mühlsdorfer Weg 25

      01257 Dresden

      [email protected]

      Inhalt

       Impressum

       Einleitung

       Erste bis einunddreißigste Nacht

       Die Erzählung von dem Ochsen und dem Esel

       Die Erzählung von dem Kaufmann und dem Dschinni

       Die Geschichte des ersten Schaykhs

       Die Geschichte des zweiten Schaykhs

       Die Geschichte des dritten Schaykhs

       Die Geschichte von dem Fischer und dem Dschinni

       Die Geschichte von dem Vezier und dem weisen Duban

       Die Geschichte vom König Sindibad und seinem Falken

       Die Geschichte von dem Ehemann und dem Papageien

       Die Geschichte von dem Prinzen und der Ghulah

       Die Geschichte des versteinerten Prinzen

       Die Geschichte des Lastträgers und der drei Damen von Bagdad

       Die Geschichte des ersten Bettelmönches

       Die Geschichte des zweiten Bettel-Mönches

       Die Geschichte vom Neider und vom Beneideten

       Die Geschichte des dritten Bettelmönches

       Die Geschichte des ältesten Mädchens

       Die Geschichte der Pförtnerin

       Die Geschichte von den drei Äpfeln

       Die Geschichte nur al-Din Alis und seines Sohnes Badr al-Din Hassan

       Die Geschichte des Buckligen

       Die Geschichte des christlichen Mäklers

       Die Geschichte des Verwalters

       Die Geschichte des jüdischen Arztes

       Die Geschichte des Schneiders

      Wir hatten dieses Buch in Händen, da wir Knaben waren; und da wir zwanzig waren, und meinten weit zu sein von der Kinderzeit, nahmen wir es wieder in die Hand, und wieder hielt es uns, wie sehr hielt es uns wieder! In der Jugend unseres Herzens, in der Einsamkeit unserer Seele fanden wir uns in einer sehr großen Stadt, die geheimnisvoll und drohend und verlockend war, wie Bagdad und Basra. Die Lockungen und die Drohungen waren seltsam vermischt; uns war unheimlich zu Herzen und sehnsüchtig; uns grauste vor innerer Einsamkeit, vor Verlorenheit, und doch trieb ein Mut und ein Verlangen uns vorwärts und trieb uns einen labyrinthischen Weg, immer zwischen Gesichtern, zwischen Möglichkeiten, Reichtümern, Düften, halbverhüllten Mienen, halboffnen Türen, kupplerischen und bösen Blicken in dem ungeheueren Basar, der uns umgab: wie glichen wir diesen weit von der Heimat verirrten Prinzen, diesen Kaufmannssöhnen, deren Vater gestorben ist, und die sich den Verführungen des Lebens preisgeben, wie meinten wir ihnen zu gleichen! Gleich einer magischen Tafel, worauf eingelegte Edelsteine, wie Augen glühend, wunderliche und unheimliche Figuren bilden, so brannte das Buch in unseren Händen: wie die lebendigen Zeichen dieser Schicksale verschlungen ineinander spielten, tat sich in unserem Inneren ein Abgrund von Gestalten und Ahnungen, von Sehnsucht und Wollust auf. Nun sind wir Männer, und dieses Buch kommt uns zum drittenmal entgegen, und nun sollen wir's erst wirklich besitzen. Was uns früher vor Augen gekommen ist, waren Bearbeitungen und Nacherzählungen; und wer kann ein poetisches Ganzes bearbeiten, ohne seine eigentümlichste Schönheit, seine tiefste Kraft zu zerstören? Das eigentliche Abenteuer freilich ist unverwüstlich, und bewahrt, nacherzählt und wiederum nacherzählt, seine Kraft; aber hier sind nicht bloß Abenteuer und Begebenheiten, hier ist eine poetische Welt, – und wie wäre uns, wenn wir den Homer nur aus der Nacherzählung seiner Abenteuer kennten? Hier ist ein Gedicht, woran freilich mehr als einer gedichtet hat; aber es ist wie aus einer Seele heraus, es ist ein Ganzes, es ist eine Welt durchaus. Und was für eine Welt! Der Homer möchte in manchen Augenblicken daneben farblos und unnaiv erscheinen. Hier ist Buntheit und Tiefsinn, Überschwang der Phantasie und schneidende Weltweisheit; hier sind unendliche Begebenheiten, Träume, Weisheitsreden, Schwänke, Unanständigkeiten, Mysterien; hier ist die kühnste Geistigkeit und die vollkommenste Sinnlichkeit in eins verwoben. Es ist kein Sinn in uns, der sich nicht regen müßte, vom obersten bis zum tiefsten; alles was in uns ist, wird hier belebt und zum Genießen aufgerufen.

      Es sind Märchen über Märchen, und sie gehen bis ans Fratzenhafte, ans Absurde; es sind Abenteuer und Schwänke, und sie gehen bis ins Groteske, ins Gemeine; es sind Wechselreden, geflochten aus Rätseln und Parabeln, aus Gleichnissen, bis ins Ermüdende: aber in der Luft dieses Ganzen ist das Fratzenhafte nicht fratzenhaft, das Unzüchtige nicht gemein, das Breite nicht ermüdend, und das Ganze ist nichts als wundervoll: eine unvergleichliche, eine vollkommene, eine erhabene Sinnlichkeit hält das Ganze zusammen.

      Wirklich, wir kannten nichts, da wir nur die Begebenheiten aus diesem Buche kannten; sie konnten uns grausig und gespenstig scheinen; es war nur, weil sie aus der Luft ihres Lebens gerissen waren. In diesem Buche ist kein Platz für Grausen: das ungeheuerste Leben erfüllt es durch und durch. Die