Monica Maier

Nicht alle sehen gleich aus


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      Monica Maier

      Nicht alle sehen gleich aus

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       Verlagslogo

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Eine nachhaltige Begegnung

       Ohne Grenzen

       Couscous Royale

       Das Opferfest Eid ul-Adha

       Berlin im Anflug

       Disharmonischer Umgangston

       Ohne Bildung geht nichts

       Tarek

       Das liebe Geld

       Zitronenland

       Nicht mit mir

       Akademikeriat

       Kalte Schnauze

       Lehrerinnenkopfkino

       Kolonien und Gastarbeit

       Öl im Parfüm

       Rollenbilder und Tabus

       Sozialromantik adieu

       Im Prüfungsmodus

       Wiedersehen am Flughafen

       Man sieht sich immer zwei Mal

       Auf gute Nachbarschaft

       Falsche Freunde

       Gute Aussichten

       Mamadou und Nele

       Impressum neobooks

      Eine nachhaltige Begegnung

      Zwei Pilotwale schwammen unter dem Segelboot hindurch und tauchten plötzlich an die Wasseroberfläche. Annika und Karim sahen sich an. Das Ehepaar war zwei Seemeilen von der Stadt Tanger entfernt. Der Motor knatterte laut. Karim, selbst Marokkaner, saß etwas versetzt hinter ihr und steuerte. Als Einheimischer lenkte er die in die Jahre gekommene Jolle gekonnt auf dem Atlantik in Richtung offene See. Die Segel hatten sie nicht gesetzt, weil es im Moment noch zu wenig Wind gab. Annika schwieg und genoss es, endlich am Meer zu sein.

      Während die Tierwelt sich problemlos mit den Strömungen abfand, gab es Menschen, die hier, wo Atlantik und Mittelmeer sich kreuzten, ihr Leben aufs Spiel setzten um an Spaniens Südspitze zu kommen. Diese lag im Moment nur ungefähr 50 km weit weg. Annika rückte die Billigsonnenbrille auf ihrer etwas groß geratenen Nase zurecht. Auf dem leicht bewegten Wasser glitzerte das septemberliche Sonnenlicht, als die Tiere schon wieder abgetaucht zu sein schienen. Die vom Boot verursachten sanften Wellen schlugen spielerisch auf und ab und spiegelten sich sogar in ihrem schwarzem Smartphone. Und als hätte sie es geahnt hörte sie auf einmal einen Benachrichtigungston, der mit seiner hohen Frequenz sogar den Motor übertönte. Sie hielt das Handy in den Schatten des Segelmastes, um den Instagram-Kommentar zu ihrem geposteten Foto von orange- und gelbfarbigen Kitesurfern zu lesen. Karim wunderte sich über sie. Ihre Mutter aus Wien habe ein pochendes Herzemoji geschickt, sagte sie zu ihm. Eine leichte Brise strich über ihre gebräunten Arme. Sie dufteten nach Arganöl. Plötzlich stoppte ihr Mann den Motor.

      „Was ist los?“, rief sie irritiert. Er wirkte seltsam gefasst und sah sie so weiß an, wie ein Marokkaner aus dem Volk der Berber im äußersten Fall erblassen konnte, zeigte mit seiner ausgestreckten Hand nach backbord und antwortete ziemlich nervös: „Das Schlauchboot!“

      Sie erschrak, ein panisches „Oh mein Gott“ entfuhr ihr beim Anblick des aufblasbaren, drei Meter langen gelben Etwas, das da querab von Süden kam und ihren Weg kreuzte. Karim konnte mit dem Segelboot umgehen. Was aber, wenn es schiefging und sie im offenen Meer in dieses Ding reinfuhren? Langsam trieb das Schlauchboot auf sie zu, keiner der Insassen ruderte mehr. Zehn zählte sie auf die Schnelle. Ihr Gefährt lag so tief im Wasser, dass sie ohnehin schon die ganze Zeit nicht so richtig vorwärtsgekommen sein konnten. Die Männer sahen das Segelboot mit ausgestelltem Motor in einer Entfernung, die sie als überwindbar einschätzten vor sich, und Annikas weiße Haut. Das war eine Chance auf die ersehnte spanische Küste nach einer stundenlangen nächtlichen Fahrt. Naivität und Hoffnung besaßen keine Grenzen, schon gar nicht, wenn man wie sie dem Traum von einem besseren Leben folgte. Ein sehr Muskulöser unter ihnen stand auf und sprang in den Atlantik. Noch bevor das, was sie sah, in ihrem Verstand ganz angekommen war, tat es ihm ein Zweiter schon nach, dann der Dritte, der sich mit seinem Holzruder in der Hand eher ins Wasser fallen ließ. Annika entfuhr ein Schrei des Entsetzens. Denn des Schwimmens war dieser Mann nicht hundertprozentig mächtig, so, wie er sich an dem Ruder festklammerte. Eine Mischung aus Verzweiflung, Panik und selbstmörderischer Verrücktheit hatte die drei Gesprungenen dazu gebracht, sich selbst derart in Gefahr zu bringen – und die beiden Urlauber, die ihren Weg kreuzten, gleich mit. Sie musste sich am Mast festhalten. Es wurde ihr mulmig in der Magengegend zumute und sie sah hilfesuchend zu Karim hinüber.

      Zum Glück erschien der weiterhin recht gefasst, obwohl ihm das Adrenalin ebenso in den Körper geschossen sein musste wie ihr auch. Ihre Blicke trafen sich nur den Bruchteil einer Sekunde lang, denn jetzt war Reagieren angesagt. Annika steckte das Handy schnell in den wasserdichten durchsichtigen Schutzbeutel, der um ihren Hals hing, und versuchte, ihren Mann in einem Anfall von Panik an der Pinnen-Steuerung wegzuschubsen. Am liebsten würde sie vor lauter Angst den Motor sofort wieder anschmeißen, um sich schnell von dem Schlauchboot zu entfernen. Sie gab Karim das auch zu verstehen. Der aber wehrte ab, drückte sie weg und wirkte dabei ziemlich aufgebracht. Sie würde nur Wellenschlag verursachen mit ihrer Aktion und die Männer noch mehr gefährden, brauste er auf. Er wollte eindeutig helfen. Sie ja eigentlich auch.

      Die drei jungen Afrikaner erreichten schon fast unter Keuchen und Nachluftschnappen das Boot, und er versuchte verzweifelt, in seiner Muttersprache Berberisch wenigstens noch