Silke May

Das Mädchen von Nachtland


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      Ihre Mutter legte ihr die vorbereiteten Lebensmittel auf den Tisch und forderte sie mit einem Nicken dazu auf, endlich anzufangen.

      Kasota betrachtete die Kartoffeln und das Gemüse.

      »Wo kommt das her?«

      »Das hat dein Vater gebracht.«

      »Das weiß ich auch, aber woher hat es Vater?«

      Yepa sah ihre Tochter an. »Das mein liebes Kind, geht uns Frauen nichts an. Es ist da und wir sind unseren Männern dafür dankbar.«

      Vorwurfsvoll sah Kasota ihre Mutter an. »Hast du Vater nie danach gefragt? Ihre Mutter schüttelte den Kopf.

      »Weiß es Dorian auch?« Ihre Mutter zuckte mit den Schultern.

      »Ich weiß es nicht. Ich denke aber, falls er es weiß, wird er es niemanden sagen. Das bleibt Männergeheimnis.«

      »Das bekomme ich schon heraus«, gab Kasota trotzig von sich.

      »Das wirst du schön bleiben lassen, sonst bringst du Dorian womöglich noch in Schwierigkeiten und jetzt fang endlich damit an, die Kartoffeln dünn zu schälen.«

      Kasota wusste, dass das letzte Wort darüber noch lange nicht gesprochen wurde. Sie war sich sicher, sollte Dorian darüber Bescheid wissen, würde sie es schon herausbekommen.

      Fleißig schälte sie die Kartoffeln und putzte das Gemüse, sie schnippelte alles klein her und gab es in den großen Topf. Sie füllte den Topf mit Wasser und gab Salz und frische Kräuter dazu. Sie setzte den Deckel darauf und stellte ihn über die Herdflamme.

      »Fertig, kann ich jetzt gehen?«

      »Ja, ich danke dir, es kocht jetzt von alleine, du kannst jetzt gehen. Wohin willst du?«

      »Keine Ahnung, ich gehe einfach einmal darauf los. Vielleicht schaue ich zum Fluss und beobachte die Fischer.«

      »Mach das, aber pass auf dich auf und gehe denn Männern nicht im Weg um.«

      »Mach ich, außerdem gehe ich nicht ins Wasser, sondern schaue vom Ufer aus zu.«

      Kasota verließ das Haus und blieb auf dem Felsvorsprung stehen. Sie sah in die Weite und zum Fluss hinunter. In der Ferne am Ostufer war es inzwischen genauso dunkel wie bei ihnen. Sie sah zum Himmel hoch, der Mond war bereits zur Hälfte sichtbar und erhellte schemenhaft die Umgebung. Bald würde es Mittag sein und der Mond würde das Land erhellen und ihr Haar goldgelb glänzen lassen. Langsam setzte sie sich in Bewegung und ging bergabwärts zu den Fischern am Fluss.

      Dorian zog gerade ein Netz aus dem Wasser und holte die Fische heraus und warf sie in einen Holztrog, der mit Wasser gefüllt war. Die Fische zappelten darin und streckten ihre Köpfe aus dem Wasser, so als wollten sie herausspringen. Kasota stellte sich neben den Trog und sah hinein.

      »Dorian, hast du die alle allein gefangen?« Dorian lachte.

      »Natürlich nicht, denkst du, dass sie sich mir anbieten?« Kasota zuckte mit den Schultern. »Es hätte ja sein können, dass du schon so fleißig warst. Wann bist du fertig?«

      »Kasota, wenn du still wärst, könnte es schneller gehen, also lass Dorian in Ruhe, sonst stehen wir in ein paar Stunden noch da«, gab ihr Vater mürrisch von sich.

      Bockig verließ sie das Ufer und ging zurück zum Bergkamm. Von Langeweile getrieben spazierte sie den Bergkamm entlang. Immer wieder hielt sie inne und sah zur anderen Uferseite. Kasota merkte nicht, dass sie bereits das Ende vom Bergkamm erreicht hatte. Eine Schlucht trennte den Felsenkamm von dem nächsten Berg, der noch schroffer war als der Felsen, auf dem sie ihr Zuhause gefunden hatten. Verdorrte Büsche säumten den Weg der Schlucht. Neugierig schlug sie den Weg zur Schlucht ein. Mit Mühe bahnte sie sich einen Weg durch das Gestrüpp, die kahlen Zweige schob sie mit den Händen zur Seite und zog sich mit den verdorrten Zweigen, Kratzer an den Händen zu.

      »Was machst du hier?«, polterte die dunkle Stimme ihres Vaters.

      »Ich, ich wollte nur sehen, wohin es hier geht«, antwortete Kasota erschrocken.

      »Hab ich dir nicht beigebracht, dass du dich nicht so weit von unserem Wohngebiet entfernen sollst?«

      »Doch, aber ich war ganz in Gedanken versunken.« Onur sah seine Tochter schief von der Seite an.

      »Du warst also so in Gedanken, dass du das trockene Geäst, das auf deiner Haut Kratzer hinterließ, nicht spürtest? Kasota, das glaubst du doch selbst nicht, oder?« Onur packte Kasota fest am Arm und zog sie mit sich fort.

      »Zur Strafe wirst du heute den ganzen Tag den Berg nicht verlassen und deiner Mutter zur Hand gehen.«

      Schweigend ging sie neben Onur her. Als sie den Weg der zu ihren Häusern hinaufführte erreicht hatten, kam ihnen Dorian entgegen. Schwer bepackt mit Körben voll toter Fische, sah er sie an.

      »Gib mir einen Korb ab, dann hast du nicht so schwer zu tragen«, sprach ihn Onur an.

      »Danke Onur«, antwortete dieser und reichte ihm den etwas leichteren Korb. »Darf man fragen, woher ihr kommt?«, dabei warf er einen Blick auf Kasota's zerkratzten Armen. Onur machte eine abfällige Handbewegung.

      »Meine Tochter hat gegen unsere Regeln verstoßen, indem sie im Begriff war, auf die andere Seite des Berges zu kommen.« Vorwurfsvoll sah Dorian sie an.

      »Kasota, das ist gefährlich, wieso machst du so etwas?«, gab Dorian entrüstet von sich. Kasota warf ihm einen stechenden Blick zu, während sie sich mit ihrem Gesicht seinem näherte.

      »Dorian, das geht dich überhaupt nichts an, wir sind nicht vermählt«, raunte sie ihm grimmig zu.

      »Nein, das stimmt. Vergiss aber nicht Kasota, dass es am zwanzigsten Vollmondtag so weit ist und wir vom ältesten Rat getraut werden.« Kasota zuckte mit den Schultern.

      »Pah, da kommen aber noch neunzehn Vollmondtage dazwischen, wo noch viel passieren kann.«

      »Pst, Kasota sei still, solche Worte möchte ich aus deinem Mund nicht mehr hören«, rügte sie ihr Vater.

      Bei den Felsenhäusern angekommen, verschwand sie ins Innere und verbrachte den restlichen Tag damit ihrer Mutter zu helfen.

      Kapitel 5

      In Sonnland war der Abend hereingebrochen, es wurde langsam kühl. Die Nächte wurden empfindlich kalt, wenn die wärmenden Sonnenstrahlen nicht mehr vorhanden waren. Der aufkommende Wind spielte mit den Blättern der Bäume, so dass ein Rascheln die Stille durchbrach. In den Häusern saßen die Familien beim Abendessen zusammen.

      Der Fürst des Landes saß mit seiner Gemahlin Ava und seinem zweitgeborenen Sohn Sant, am Tisch und sie warteten auf Abner's ältesten Sohn Brix. Sant war der Sohn mit der Fürstin, den sie zwei Jahre nach ihrer Tochter geboren hatte. Ava, die Gemahlin des Fürsten hatte ihrem Gemahl nie verziehen, dass er ihre Tochter, welche seine Nachfolgerin gewesen wäre, töten ließ und den Bastard, mit seiner Geliebten, als seinen Nachfolger bestimmte.

      Schweren Herzens säugte sie damals das Kind Leda's, die ihr Mann eigenhändig getötet hatte, damit die Wahrheit nie ans Tageslicht käme. Sie ließ ihm an nichts fehlen, sie behandelte den kleinen Jungen wie ihr eigenes Kind, der kleine Winzling konnte ja nichts dafür, doch den Platz in ihrem Herzen konnte er bis heute nicht erobern, dort weilten ihre tote Tochter und Sant ihr leiblicher Sohn.

      Sant's Magen knurrte bereits und das Wasser lief ihm im Mund zusammen, ob der leckeren Speisen, welche auf dem Tisch standen.

      Er richtete einen flehenden Blick an seine Mutter, die sofort darauf reagierte.

      »Nachdem dein Sohn es nicht für nötig findet, rechtzeitig zum Abendessen zu Hause zu sein, fangen wir jetzt an. Sant du darfst jetzt essen«, sagte sie bestimmt und zog sich einen grimmigen Blick ihres Mannes zu.

      »Gegessen wird erst, wenn wir vollzählig sind!«, herrschte er seine Gemahlin an.

      »Gut,