Eberhard Weidner

DER ABGRUND JENSEITS DES TODES


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      INHALTSVERZEICHNIS

       COVER

       TITEL

       PROLOG

       DER ERSTE REITER

       KAPITEL 1

       KAPITEL 2

       KAPITEL 3

       KAPITEL 4

       DER ZWEITE REITER

       KAPITEL 5

       KAPITEL 6

       KAPITEL 7

       DER DRITTE REITER

       KAPITEL 8

       KAPITEL 9

       KAPITEL 10

       DER VIERTE REITER

       KAPITEL 11

       KAPITEL 12

       EPILOG

       NACHWORT

       WEITERE TITEL DES AUTORS

       LESEPROBE

       1. TEIL

       KAPITEL 1

       KAPITEL 2

       KAPITEL 3

      PROLOG

      I

      Was ihr von Anfang an besonders an ihm gefiel, war seine sanfte und mitfühlende Art. Deshalb dachte Nadine zunächst auch, er müsste schwul sein. Aber das war ihr egal, denn nach einem Liebesabenteuer stand ihr ohnehin nicht der Sinn.

      Nicht nach der furchtbaren Diagnose, die der Arzt ihr soeben mitgeteilt hatte.

      Er stand vor dem Eingang der radiologischen Praxis in der Maistraße. Beinahe kam es ihr so vor, als hätte er dort auf sie gewartet.

      »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte er.

      Sie musste blinzeln, weil ihre Augen in Tränen schwammen. Erst dann erkannte sie ihn.

      »Sie? Was machen Sie denn hier?«

      »Ich habe auf Sie gewartet.«

      »Aber … Aber warum?«

      »Ich dachte mir, dass Sie jetzt bestimmt jemanden brauchen, der sich um Sie kümmert.« Er deutete auf das Praxisschild, auf dem »RPM – Radiologische Praxis München« und die Öffnungszeiten standen. »Schlimme Neuigkeiten?«

      Um das zu erkennen, musste man weder Hellseher noch Gedankenleser sein. Vermutlich genügte ein einziger Blick in Nadines verheultes Gesicht, um die bittere Wahrheit zu erkennen.

      Normalerweise hätte sie ihn für aufdringlich gehalten. Sie kannten sich doch kaum! Und dennoch hatte er auf dem Gehsteig vor der Praxis auf sie gewartet. Doch in ihrer gegenwärtigen Gemütslage traten diese Überlegungen und ihr natürliches Misstrauen fremden Männern gegenüber in den Hintergrund. Schließlich hatte er bislang mit allem recht gehabt, was er gesagt hatte. Sie hatte soeben tatsächlich schlimme Neuigkeiten erfahren. Und sie brauchte dringend jemanden, der sich um sie kümmerte. Wieso dann nicht er?

      Nadine nickte.

      »Möchten Sie gern darüber reden?«

      Sie zögerte und sah sich um. Sie standen mitten auf dem Bürgersteig. Passanten machten einen Bogen um sie und hasteten links und rechts an ihnen vorbei. Manche warfen ihnen verärgerte Blicke zu, weil sie im Weg standen. Doch sie beide waren von all der Hektik um sie herum völlig unberührt, als umgäbe sie eine schützende Sphäre.

      Nadines erster Impuls bestand darin, ihm eine Abfuhr zu erteilen. Was ging es ihn an, was mit ihr los war? Sie kannte ihn doch kaum! Eher sollte sie mit ihrer besten Freundin Anne oder ihrer Mutter darüber sprechen. Andererseits verspürte sie das drängende Bedürfnis, die furchtbare Diagnose vorerst vor ihren Angehörigen und Freunden geheim zu halten. Auch wenn sie nicht genau sagen konnte, warum sie das tun wollte.

      Sie richtete den Blick wieder auf ihn und sah das tiefempfundene Mitgefühl in seinen ausdrucksstarken Augen. Das gab letztendlich den Ausschlag.

      »Aber nicht hier!«, sagte sie und sah sich erneut unbehaglich um.

      »Ich kenne ein Café ein Stück die Straße hinunter. Lassen Sie uns dort einen Kaffee trinken. Dann können Sie sich alles von der Seele reden.«

      Nadine zögerte nicht länger. Obwohl sie ihn kaum kannte, hatte sie sofort das Gefühl, bei ihm in guten Händen zu sein. Er wirkte so sanft und mitfühlend und war bestimmt ein guter Zuhörer. Wieso sollte sie ihm daher nicht ihr Herz ausschütten, wo er gerade zur Hand und darüber hinaus dazu bereit war, ihr zuzuhören?

      »Ich heiße übrigens Nadine«, sagte sie und reichte ihm die Hand.

      Er nahm sie. Nicht fest und zupackend, wie es manche Männer taten, als wollten sie ihre Männlichkeit durch einen besonders festen Händedruck unter Beweis stellen. Sondern vorsichtig und sanft, als wollte er ihr um keinen Preis auf der Welt wehtun. Auch das gefiel ihr.

      »Mein Name ist Johannes.«

      Der Name passt zu ihm! Zum ersten Mal seit der Diagnose musste sie unwillkürlich lächeln. Es klang wie ein biblischer Name. Sie wusste allerdings nur wenig über die Bibel und die Geschichten und Gestalten, die darin geschildert wurden. Dennoch löste der Name ein positives Gefühl in ihr aus. Normalerweise ging sie nicht mit fremden Männern mit. Aber als sie an seiner Seite die Straße überquerte und zu dem Café ging, von dem er gesprochen hatte, bereute sie den spontanen Impuls kein bisschen.

      »Sind Sie Priester?«

      Sie saßen an einem Fenstertisch und konnten auf die Straße hinaussehen. Wenn Nadine sich