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Edgar Wüpper
Yara und die Pferde
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Inhaltsverzeichnis
Der Streit
Yara streckt sich wohlig in der Badewanne aus. Sie legt den Kopf nach hinten und lässt ihre langen schwarzen Haare ins lauwarme Wasser sinken. Mit den Füßen tritt sie kleine Wellen, die ihr sanft ans Kinn klatschen.
Sie schließt die Augen und lächelt vor sich hin. Nächste Woche sind es richtige Wellen, die nach Salz schmecken, Sonne, Sand und Meer!
Sie hält die Luft an und taucht unter. Mit einem Ruck kommt sie wieder hoch. Wasser schwappt über den Wannenrand.
Yara steht auf, wringt mit einer Hand die Haare aus, steigt auf den quatschnassen Frotteevorleger und angelt sich ein Badehandtuch.
Ihre Mutter guckt zur Tür herein. <Das sieht ja wieder nach einer mittleren Überschwemmung aus.> Sie schüttelt den Kopf. <Das bringst du aber in Ordnung!>
<Jaja!> Yara lacht und rubbelt sich mit dem Badetuch die nassen Haare.
Lisa Leingärtner tastet sich auf Zehenspitzen über die Fliesen. <Ich denke, du wolltest duschen? Mitten im Sommer in die Badewanne, so eine Wasserverschwendung!>
<Ich musste einfach schon mal faul im Wasser liegen und an die Ferien an der Ostsee denken. Ich freu mich tierisch!> sagt Yara.
<Apropos Tiere>, meint Lisa. <Können denn Moni und Vivian ihre Pferde drei Wochen lang allein lassen ?>
<Gott sei Dank dreht sich endlich mal nicht alles um die blöden Pferde!> Yara schlüpft in ihre Unterhose und zieht sich ihr rotes Lieblings-T-Shirt über den Kopf. <Normalerweise reden sie doch den ganzen Tag nur davon. Irgendjemand wird sich wohl um sie kümmern. Wer und wie, das ist mir ziemlich egal!>
<Ich verstehe dich nicht.> Lisa bückt sich und wirft Yara ihre Jeans zu. <Schließlich haben sie Pferde und wollen sich auch mit ihnen beschäftigen. Es ist doch ihr Hobby, das braucht seine Zeit! Genau wie dein Schwimmtraining.>
<Sind sie meine Freundinnen oder nicht?> Yara nimmt den Fön aus dem Regal. <Außerdem finde ich Pferde nun mal nicht so toll. Ich rede ja auch nicht ständig vom Schwimmen, wenn wir zusammen sind.>
Lisa zuckt die Schultern und geht aus dem Bad. An der Tür dreht sie sich um und ruft: <Wenn du fertig bist, komm runter zum Abendbrot!>
Yara stellt sich vor den Spiegel und fönt sich die Haare. Danach öffnet sie das Fenster und legt den nassen Badvorleger zum Trocknen auf die Fensterbank. Mit einem Handtuch wischt sie über die Fliesen und wirft es dann mit Schwung in den Wäschekorb. Pfeifend geht sie ins Esszimmer.
Der Rest der Familie sitzt schon beim Abendbrot. Ihr Bruder Björn schmiert sich gerade ein Wurstbrot.
Vater schaut kurz hoch. <Na, gute Laune? Ist wohl schon die Vorfreude aufs Zeltlager?>
<Klar!> Yara lacht, setzt sich und gießt sich ein Glas Sprudel ein.
<Ich will auch richtige Ferien machen>, sagt Björn mit vollem Mund und guckt beleidigt.
<Geht das schon wieder los?> Lisa wird böse.
<Du bist erst neun und kannst noch nicht mit ins Zeltlager. Aber so ein Indianerlager bei den Ferienspielen macht bestimmt auch Spaß!>
<Ich will ans Meer, wie Yara. Immer wird sie bevorzugt!> quengelt Björn. <Warum fahren wir nicht weg?>
<He>, schaltet sich Vater ein. <Jetzt halt mal die Luft an! Das haben wir dir wohl schon ein paar Mal erklärt. Wir haben eine neues Auto und deshalb fällt ein gemeinsamer Urlaub dieses Jahr aus. Yara fährt ins Zeltlager und du machst die Ferienspiele mit. Basta! Und wenn es dir nicht passt, dann kannst du ja in den Ferien etwas Mathe üben, damit du nicht wieder eine Fünf im Zeugnis hast.>
<Du bist gemein!> Björn ist dem Heulen nahe und läuft aus dem Zimmer.
<Immer dieses Theater>, schimpft Lisa. <Aber mit der Fünf hättest du jetzt auch nicht anfangen müssen, Walter.>
Einen Augenblick ist Stille.
Yara schaut hoch und zwinkert ihrer Mutter zu. Die muss lächeln. <Wenigstens du hast gute Laune.>
<Mama, darf ich nachher den Krimi im Fernsehen gucken?>
Lisa ist nicht begeistert. <Das ist doch immer der gleiche Mist!>
<Ich hab aber Lust>, sagt Yara. <Und außerdem sind Ferien.>
<Na gut. Aber vergiss nicht, dass du mit Abräumen und Spülmaschine dran bist.>
<Okay, das Geschäft machen wir>, verspricht Yara und trägt nach dem Essen die Teller in die Küche.
Am nächsten Morgen wacht Yara schon ziemlich früh auf. Sie schielt mit halb geöffneten Augen zum Wecker. >Halb sieben>, murmelt sie und rekelt sich auf die andere Seite. Wieder einschlafen kann sie aber nicht. Dunkel erinnert sie sich an einen Traum:
Sie war mit Moni und Vivian im Zeltlager an der Ostsee. Sie stritten sich furchtbar. Und dann waren plötzlich auch die Pferde der beiden da. Yara lag allein vor dem Zelt am Strand und ihre Freundinnen galoppierten auf den Pferden durchs Wasser. Sie schrien vor Freude und ritten immer weiter, bis sie nur noch winzige Punkte am Horizont waren. Schließlich waren sie ganz verschwunden. Alles war ruhig, die Stille tat richtig weh...
Yara wirft sich im Bett hin und her. Sie ist plötzlich hellwach und hat total schlechte Laune. Eine halbe Stunde später schleicht sie in die Küche.
Lisa guckt erstaunt. <Bist du aus dem Bett gefallen?> Als sie Yaras Gesicht sieht, runzelt sie die Stirn. <Was ist dir denn über die Leber gelaufen?>
<Ich hab was Blödes geträumt.>
<Willst du es nicht erzählen?>
<Nee!> Yara geht zum Küchenschrank und holt die Dose mit Kakaopulver. Sie steckt zwei Scheiben Weißbrot in den Toaster.
<Hast du schon gefrühstückt?>
<Klar, mit deinem Vater.