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Hanna Marten
Virginia Rose
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
„Glaubt ihr an Feen?“
Eine Frage, die jedes Kind mit Ja beantworten würde. Wer träumt nicht davon, eine Gestalt zu treffen, die Wünsche erfüllen kann?
Sie malen sich jetzt bereits aus, was Ihr Begehren wäre, richtig?
Ein neues Haus? Ist es Gesundheit oder vielleicht der nächste Lotto-Gewinn? Doch keiner denkt dabei an die andere Seite der Medaille:
Welches Opfer bringt eine Fee, wenn sie sich einem Menschen offenbart? Was steckt hinter unseren Mächten, die uns gegeben wurden? Ich kann es erzählen. Ich habe es erlebt …
Die grüne Insel: Irland.
Das Land, in dem ich geboren wurde und das gleichzeitig Heimat der wunderlichsten Kreaturen ist. Menschen erahnen unsere Existenz, verkaufen Literatur und Souvenir-Artikel und doch wissen sie in dieser Epoche kaum noch, wie wir ihr Leben beeinflussen können. Wenn sie über Feen, Elfen und Kobolde sprechen, hoffen sie auf ein kleines menschenähnliches Geschöpf, entweder ausgestattet mit sehr behaarten Beinen oder bunt glitzernden Flügeln.
Doch die Realität schlägt die Fiktion um Längen. Meine Lebenswelt ist die beschauliche Klostersiedlung mitten in den Wicklow Mountains. Sie heißt Glendalough.
Wer glaubt, Feen leben in den Blüten der Wildblumen oder in den Baumkronen der höchsten Bäume, liegt falsch.
Eine Höhle in den Wäldern, bewachsen mit Moos, umgeben von Felsen und weißgrauen Birken ist mein Unterschlupf und schützt mich vor den neugierigen Augen der Menschen. Wer eine Fee finden will, kann sie finden. Doch die Fee entscheidet, ob sie gefunden werden will. Ich zeige mich selten in der Klostersiedlung, die sich an zwei großen Seen befindet. Als Touristenmagnet auf der ganzen Welt bekannt, scheue ich die großen Menschenmassen dort.
Was uns an Neugier und Raffinesse nachgesagt wird, stimmt.
Um die Einsamkeit zu bekämpfen und meine Aufgaben, mich um die Natur zu kümmern, nicht zu vernachlässigen, mische ich mich unter die Menschen. Unsichtbar an sonnigen Tagen, sichtbar bei Regen.
Nach mehreren Jahrhunderten zeigt selbst eine Fee Interesse am Wandel der Zeit, auch wenn sie selbst davon unberührt bleibt.
Nun, eines möchte ich an dieser Stelle loswerden: Wenn das Leben daraus besteht, sich sichtbar oder unsichtbar am Rande einer verschwenderischen Gesellschaft zu bewegen, dafür zu sorgen, dass es der Flora und Fauna im eigenen Wirkungskreis an nichts fehlt, kann die ein oder andere Dekade mehr oder weniger langweilig ausfallen.
Doch darum soll es in dieser Geschichte nicht gehen.
Es geht um einen ganz bestimmten Tag.
An jenem Morgen erwachte ich früher als gewöhnlich. Ich konnte den Nebel am Mundloch der Höhle sehen, der über dem See waberte.
Ich roch und sah ihn bereits, den Frühling: die ersten Blumen, den Tau auf den Grashalmen und die ersten Vögel, die in den Bäumen nisteten.
In diesem Jahr schien der Frühling Anfang März zu beginnen. Ich spürte die Veränderung des Klimas auch durch den aufgeregten Puls in meinen Adern; mein Körper reagierte auf das Erwachen der Natur nach einem eiskalten Winter. Ich streckte meine kalten Gliedmaßen und sah auf die blauen Zehen und Finger, die steif vor Kälte geworden waren. Wenn unsere Arbeit schlief, taten das auch wir. Es war ein Winterschlaf, der mich im Spätherbst befiel und dem ich mich beugen musste, um im Frühling und Sommer dafür zu sorgen, dass die Natur keinen Mist baute. Damit meinte ich auch die Spezies des Homo sapiens.
Als ich meine Höhle verließ, spürte ich, wie mein Körper auftaute und meine Temperatur anstieg. Die Sonne ging über den östlichen Bergen auf und ich genoss ihre Strahlen, die Wärme die sie mit sich brachten.
Im Laufe der Jahre hatte ich mir verschiedene Kleidungsstücke zugelegt, die Menschen im Ort zurückgelassen hatten. Diese sammelte ich und nutzte sie für kühlere Witterungen, die ich selbst in den warmen Jahreszeiten auszustehen hatte. So legte ich mir eine alte Kunstlederjacke um und kletterte die Böschung hinunter auf den Wanderweg. Am Ufer des Sees wagte ich einen kurzen Blick auf mein Spiegelbild: Da waren sie, die Augenringe, die mir das Aussehen eines Pandas verliehen. Drei Monate unruhiger Schlaf ließen mich „unfeenhaft“ wirken, zumindest hatte mich meine rote Mähne nicht verlassen, die mir bis zur Taille reichte. Ich fuhr mir mit den Fingern durch das Haar und ordnete es ein wenig. Man wusste schließlich nie, wann es die Situation erforderte, sichtbar zu werden.
„Na, ausgeschlafen, Tory?“ Ein weiterer Vorteil der Feen: Tiere wurden in unserer Gegenwart gesprächig. In diesem Fall war es ein Jack Russell Terrier namens Max, den ich vor vier Jahren aufgelesen hatte. Ein älteres Ehepaar hatte ihn zu Weihnachten verschenkt und der Kleine wurde im Frühjahr an der Landstraße in den Bergen ausgesetzt. Seitdem kümmerte ich mich gelegentlich um ihn, wenn er mich nicht gerade mit seinem vorlauten Mundwerk auf die Palme brachte.
„Der Frühling kommt. Deshalb bin ich aufgewacht. Aber es ist kalt“, gab ich zu bedenken und rieb mir mit den Handflächen die Oberarme.
Max blinzelte und setzte