Karl May

Winnetou Band 1


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      Karl May

      Winnetou Band 1

      Winnetou ist die wohl berühmteste Gestalt aus den gleichnamigen Romanen und anderen Werken des deutschen Autors Karl May

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       I. Einleitung

       II. Ein Greenhorn

       III. Kleki-petra

       IV. Winnetou in Fesseln

       V. Zweimal um das Leben gekämpft

       VI. Schöner Tag -1-

       VI. Schöner Tag -2-

       VI. Schöner Tag -3-

       VII. Sams Befreiung -1-

       VII. Sams Befreiung -2-

       Impressum neobooks

      I. Einleitung

      Immer fällt mir, wenn ich an den Indianer denke, der Türke ein; dies hat, so sonderbar es erscheinen mag,

       doch seine Berechtigung. Mag es zwischen beiden noch so wenig Punkte des Vergleichs geben, sie sind

       einander ähnlich in dem einen, daß man mit ihnen, allerdings mit dem Einen weniger als mit dem Andern,

       abgeschlossen hat: Man spricht von dem Türken kaum anders als von dem "kranken Mann", während

       Jeder, der die Verhältnisse kennt, den Indianer als den "sterbenden Mann" bezeichnen muß.

       Ja, die rote Nation liegt im Sterben! Vom Feuerlande bis weit über die nordamerikanischen Seen hinauf

       liegt der riesige Patient ausgestreckt, niedergeworfen von einem unerbittlichen Schicksale, welches kein

       Erbarmen kennt. Er hat sich mit allen Kräften gegen dasselbe gesträubt, doch vergeblich; seine Kräfte

       sind mehr und mehr geschwunden; er hat nur noch wenige Atemzüge zu tun, und die Zuckungen, die von

       Zeit zu Zeit seinen nackten Körper bewegen, sind die Konvulsionen, welche die Nähe des Todes

       verkündigen.

       Ist er schuld an diesem seinem frühen Ende? Hat er es verdient?

       Wenn es richtig ist, daß alles, was lebt, zum Leben berechtigt ist, und dies sich ebenso auf die Gesamtheit

       wie auf das Einzelwesen bezieht, so besitzt der Rote das Recht zu existieren, nicht weniger als der Weiße

       und darf wohl Anspruch erheben auf die Befugnis, sich in sozialer, in staatlicher Beziehung nach seiner

       Individualität zu entwickeln. Da behauptet man nun freilich, der Indianer besitze nicht die notwendigen

       staatenbildenden Eigenschaften. Ist das wahr? Ich sage: nein! will aber keine Behauptungen aufstellen, da

       es nicht meine Absicht ist, eine hierauf bezügliche gelehrte Abhandlung zu schreiben. Der Weiße fand

       Zeit, sich naturgemäß zu entwickeln; er hat sich nach und nach vom Jäger zum Hirten, von da zum

       Ackerbauer und Industriellen entwickelt; darüber sind viele Jahrhunderte vergangen; der Rote aber hat

       diese Zeit nicht gefunden, denn sie wurde ihm nicht gewährt. Er soll von der ersten und untersten Stufe,

       also als Jäger, einen Riesensprung nach der obersten machen, und man hat, als man dieses Verlangen an

       ihn stellte, nicht bedacht, daß er da zum Falle kommen und sich lebensgefährlich verletzen muß.

       Es ist ein grausames Gesetz, daß der Schwächere dem Stärkeren weichen muß; aber da es durch die ganze

       Schöpfung geht und in der ganzen irdischen Natur Geltung hat, so müssen wir wohl annehmen, daß diese

       Grausamkeit entweder eine nur scheinbare oder einer christlichen Milderung fähig ist, weil die ewige

       Weisheit, welche dieses Gesetz gegeben hat, zugleich die ewige Liebe ist. Dürfen wir nun behaupten, daß

       in Beziehung auf die aussterbende indianische Rasse eine solche Milderung stattgefunden hat?

       Es war nicht nur eine gastliche Aufnahme, sondern eine beinahe göttliche Verehrung, welche die ersten

       "Bleichgesichter" bei den Indsmen fanden. Welcher Lohn ist den Letzteren dafür geworden? Ganz

       unstreitig gehörte diesen das Land, welches sie bewohnten; es wurde ihnen genommen. Welche Ströme

       Blutes dabei geflossen und welche Grausamkeiten vorgekommen sind, das weiß ein Jeder, der die

       Geschichte der "berühmten" Conquistadores gelesen hat. Nach dem Vorbilde derselben ist dann später

       weiter verfahren worden. Der Weiße kam mit süßen Worten auf den Lippen, aber zugleich mit dem

       geschärften Messer im Gürtel und dem geladenen Gewehre in der Hand. Er versprach Liebe und Frieden

       und gab Haß und Blut. Der Rote mußte weichen, Schritt um Schritt, immer weiter zurück. Von Zeit zu

       Zeit gewährleistete man ihm "ewige" Rechte auf "sein" Territorium, jagte ihn aber schon nach kurzer Zeit

       wieder aus demselben hinaus, weiter, immer weiter. Man "kaufte" ihm das Land ab, bezahlte ihn aber

       entweder gar nicht oder mit wertlosen Tauschwaren, welche er nicht gebrauchen konnte. Aber das

       schleichende Gift des "Feuerwassers" brachte man ihm desto sorgfältiger bei, dazu die Blattern und

       andere, noch viel schlimmere und ekelhaftere Krankheiten, welche ganze Stämme lichteten und ganze

       Dörfer entvölkerten. Wollte der Rote sein gutes Recht geltend machen, so antwortete man ihm mit Pulver

       und Blei, und er mußte den überlegenen Waffen der Weißen wieder weichen. Darüber erbittert, rächte er

       sich nun an dem einzelnen Bleichgesichte, welches ihm begegnete, und die Folgen davon waren dann

       stets förmliche Massacres, welche unter den Roten angerichtet wurden. Dadurch ist er, ursprünglich ein

       stolzer, kühner, tapferer, wahrheitsliebender, aufrichtiger und seinen Freunden stets treuer Jägersmann,

       ein heimlich schleichender, mißtrauischer, lügnerischer Mensch geworden, ohne daß er dafür kann, denn

       nicht er, sondern der Weiße ist schuld daran.

       Die wilden Mustangherden, aus deren Mitte er sich einst kühn sein Reitpferd holte, wo sind sie

       hingekommen? Wo sieht man die Büffel, welche ihn ernährten, als sie zu Millionen die Prairien

       bevölkerten? Wovon lebt er heut? Von dem Mehle und dem Fleische, welches man ihm liefert? Schau