Helge Brühl

New York bis September


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      Helge Brühl

      New York bis September

      Nach einer wahren Begebenheit

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Prolog - September 2011

       1.Kapitel -Zehn Jahre zuvor, Januar 2001 Frankfurt am Main

       2.Kapitel

       3.Kapitel

       4.Kapitel

       5. Kapitel

       6.Kapitel

       7. Kapitel

       8. Kapitel

       9.Kapitel

       10.Kapitel

       11.Kapitel

       12.Kapitel

       13. Kapitel

       14. Kapitel

       15. Kapitel

       16. Kapitel

       17. Kapitel

       18. Kapitel

       19. Kapitel

       20. Kapitel

       Impressum neobooks

      Prolog - September 2011

      Wo entspringt der Quell grenzenloser Freude und solch furchtbarer Angst? Diese Frage beschäftigte ihn nicht erst seit heute. Aber erst recht, nachdem er bis vor wenigen Minuten die Bilder von damals gesehen hatte, die einen eingeschlossenen Bodensatz von Gefühlen aufwühlten, denen er immer davonlief. Jedes Jahr, immer im September, zeigten sie die Bilder und jedes Mal aufs Neue hatte er sich fest vorgenommen den Fernseher nicht einzuschalten. Er tat es dennoch. Doch je länger er den Fernsehbildern zugeschaut hatte, desto tiefer schien es, wurde er unwillkürlich in seine jüngste Vergangenheit gezogen. Es gab Erlebnisse, die man über Jahre hinweg verdrängt hatte und die plötzlich wie aus dem Nichts auftauchten, einen nicht zur Ruhe kommen ließen, weil man dass was man erlebt hat, nie mehr vergessen kann. Inzwischen wusste er wie unerbittlich grausam Gott und das Leben sein konnten, aber zugleich auch voller Barmherzigkeit. Trotzdem gab es kein Mittel diese Geschichte in freundlicheren Farben zu malen, zu unvorstellbar war die Tragödie, als das man bis heute in der Lage war sie zu begreifen. Was er damals erlebt und gesehen hatte, lag außerhalb der Grenzen all dessen was er kannte, dass selbst das Gedächtnis bei der Erinnerung daran zurückschreckte. Es war schlicht unfassbar. Nein, er war nicht dabei als so viele Menschen sinnlos den Tod fanden, aber er war trotzdem ein Teil davon. Irgendwie war auf verrückte Art und Weise das eine mit dem anderen verknüpft. Und die Vergangenheit mitsamt den Toten begraben zu können war eine Lüge. Noch heute meinte er bisweilen, ihre verzweifelten Schreie zu hören, auch wenn er nie erfahren würde, was sich damals wirklich abgespielt hatte. Doch die Erinnerungen kamen immer wieder und waren genauso bittersüß - genauso schmerzhaft - wie damals als er versucht hatte sie zu verdrängen. Vieles ließ sich heute mit einer gewissen Distanz betrachten, die er in den letzten Jahren gewonnen hatte, doch auch mit dieser Distanz war er immer wieder zu der Überzeugung gelangt, dass die Zeit zwar viele Wunden heilt, aber auch tiefe schmerzende Narben hinterlässt. Er kniff die Augen zusammen und kämpfte mit den Tränen und den Erinnerungen, die immer wieder aufbrachen wie ein hartnäckiges Magengeschwür.

      Sein Name war Frank Bender. In knapp zwei Wochen würde er seinen achtundvierzigsten Geburtstag feiern. Jetzt stand er am Fenster seines Wohnzimmers und schaute hinaus in eine stille, kühle Nacht. Nur ein leichter Wind säuselte zart durch das Laub des Lindenbaumes am Straßenrand. Es schien gerade soviel Mondlicht, dass er das Zittern der Blätter sehen konnte. Als er auf die Uhr starrte, runzelte er die Stirn, denn es war schon weit nach Mitternacht. Langsam beruhigte er sich wieder, trat ein paar Schritte zurück in den Raum und ließ den Blick über die Familienfotos wandern, die auf dem Kaminsims versammelt standen. Nur das Feuer des Kamins und der Fernseher erhellten den Raum. Doch das Resultat war eine Atmosphäre beklemmender Düsternis, die auch das flackernde Licht der Kerze auf dem Wohnzimmertisch nicht aufzuhellen vermochte. Unschlüssig schaltete er mit dem Fuß die Stehlampe an. Seine Augen zuckten kurz zusammen, als der helle Schein ins Zimmer flutete.

      Fotos sind schon eine seltsame Sache, dachte er, während er die lächelnden Gesichter betrachtete. Gesichter, die er über alles auf der Welt liebte, Gesichter, die ihm alle vertraut waren. Zufrieden musste er lächeln, denn heute stand für ihn fest, so unverrückbar wie der Mount Everest, dass sich der Sinn des Lebens nur im Herzen derer bemessen lässt, die man liebte und die einen ihrerseits liebten. Unter all den Dingen, die es möglich machten das Leben zu genießen, war die Liebe das Wichtigste, denn ohne Liebe war man nichts.

      Franks Augen schweiften weiter, verharrten auf einem Bild, das in einem Fertigrahmen aus Acryl steckte, und etwas größer war als eine Postkarte. Behutsam nahm er den Rahmen in seine Hände und schaute auf eine Aufnahme der Südspitze von Manhattan mit den Zwillingstürmen des World Trade Centers am Battery Park, die es heute nicht mehr gab. Das Foto hatte er selbst aufgenommen, irgendwo, irgendwann, vom Ufer des Hudson River in New Jersey. Naheliegend müsste er hierbei hinzufügen, so schien es ihm, dass er damals für mehrere Monate in New York gelebt hatte, weil er dort einen wichtigen Job übernahm. Es war eine wunderbare Zeit, dachte er, eine beneidenswerte Zeit. Aber was das Leben damals unter anderem so beneidenswert machte, war die Liebe zu einer Frau, die er durch einen kuriosen Zufall mitten in dieser großen Stadt traf, die er heiraten wollte, die ein Kind von ihm erwartete und die ihn ebenfalls liebte, so dass er nur noch Augen für sie hatte. Deshalb hatte er auch eine ganz besondere Bindung zu dieser Stadt, die man ohne jeden Zweifel schon als liebevolle Hinneigung bezeichnen konnte. Dutzende Monate waren seitdem vergangen, zehn volle Jahre. Und das Leben war unaufhaltsam weitergegangen, schrieb weiter seine eigenen Storys.

      Der Kamin knisterte angenehm, doch die Flammen loderten schon schwächer. Die Glut hatte bereits große Aststücke zerfressen. Frank nahm ein paar Scheite Holz und legte sie ins Feuer, dann setzte er sich in den bequemen Sessel, der freie Sicht auf die lodernden Flammen erlaubte. Den Kopf