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Marion Wolf
Der heilige Hund
Santo sucht ein Zuhause
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Inhaltsverzeichnis
Spanisches Hundeleben
Sieben Welpen zählte Don José und rieb sich die Hände. In 10 Wochen würde er den Wurf an englische Touristen verschachern – mal sehen, wieviel die zahlten...
Zunächst kostete die Hundebrut: Der Tierarzt musste impfen und nach 3 Wochen an den Zitzen der Mutter brauchten sie Welpenfutter. Die Kinder freuten sich über die knuddeligen Hundekinder, denn sie durften die putzigen Fellknäuel herum tragen. Auf diese Weise gewöhnen sich Welpen an Menschen – und je zutraulicher junge Hunde sind, desto mehr bringen sie ein...
Sechs der Winzlinge wuchsen prächtig und tobten nach 4 Wochen in den kühlen Abendstunden durch den Garten. Einer blieb etwas kleiner und wurde von den Geschwistern weg gebissen, wenn es an den frisch gefüllten Futternapf ging. Er verkroch sich im Puppenschrank und fraß danach, was die restliche Meute übrig ließ. Die kleinste Tochter des Züchters gewann den Außenseiter lieb. Sie drückte ihn an ihr Herz und fütterte ihn mit Resten aus der Küche.
Eines Tages setzte sie ihn in den Puppenwagen und schob ihn zur Kirche.
„Wen bringst Du denn da mit?“ fragte der Priester und nahm den kleinen Hund in seine Hand.
„Er flüchtet sich immer zu mir, wenn die andren ihn ausstoßen“, sagte das Mädchen, „ist das nicht die Kirche des Heiligen Franziskus, der den Tieren predigte?“ Sie sah den Mann in der Kutte bittend an.
Der Mönch lächelte: „Jesus hatte die Verlassenen besonders lieb und im Andenken an den heiligen Franz von Assisi wollen wir Dein Hundchen taufen.“
So wurde der Welpe mit etwas Weihwasser besprengt und feierlich „Santo“ genannt – das heißt Heiliger.
„Der liebe Gott soll Dich beschützen“, wünschte ihm das kleine Mädchen und drückte ihn innig an ihr Herz – nichts ahnend, wie sehr der kleine Hund diesen Segen noch brauchen sollte...
Schicksalsstunde
Nach sechs Wochen legte der Vater ein altes Handtuch aus dem Hundekorb in eine große Ledertasche, steckte alle Welpen hinein und fuhr zum Granhotel.
In einem Nebenzimmer des Empfangsraums wartete schon ein Vertreter des Englischen Zuchtverbandes mit einem Dutzend Kauf-Anwärtern. Er begutachtete die Ahnentafeln und die Impfzeugnisse und untersuchte die Welpen. Wer die Prüfung bestanden hatte, wurde auf den Boden gesetzt. Einer nach dem andern tappten die aufgeweckten Hündchen nun zwischen den Beinen der Engländer herum, beschnupperten sie und eroberten die Herzen der Gäste im Sturm. Schnell fanden sie neue Besitzer, denn reinrassige Hunde sind in England viel teurer!
Als letzten holte der Züchter den kleinen Santo heraus. Der Gutachter runzelte die Stirn.
„Der ist etwas kleiner, dafür was Besonderes“, pries ihn der Spanier an, „meine Tochter hat ihn so ins Herz geschlossen, dass sie ihn in der Kirche von San Francisco taufen ließ.“
Der Gutachter lächelte gönnerhaft, betrachtete Körperbau und Pfoten, schaute dem Hündchen ins Maul und meinte amüsiert: „Dieser hübsche Kerl ist ein Mischling.“
Der Spanier lief rot an vor Zorn: „Was erlauben Sie sich! Diese Hunde sind alle aus demselben Wurf! Das kann ich beschwören!“
„Beruhigen Sie sich“, erwiderte der Fachmann, „das glaube ich Ihnen gern – aber dieser Welpe hat einen andren Vater. So was kommt vor - eine heimliche Hundeliebe.“ Der spanische Züchter erblasste: „Verdammt – die Hündin liegt im Sommer doch meist im Haus, weil ihr die Sonne nicht bekommt. Nur nachts geht sie in den Garten.“
„Dann hat sie dort wohl Besuch bekommen“, mutmaßte der Engländer – tut mir leid, wir sind ein Zuchtverband und nehmen nur reinrassige Hunde.“
Der Spanier saß da wie vor den Kopf gestoßen. Damit hatte er nicht gerechnet. Eine freundliche alte Lady ging auf ihn zu: „Das ist doch keine Tragödie, Senior, Ihre kleine Tochter liebt diesen Hund. Sie wird sich freuen, wenn Sie ihn nach Hause zurück bringen. Und für die andern sechs bekommen Sie doch einen guten Preis.“
Wie versteinert steckte der Züchter die Geldscheine ein, ,wünschte gute Heimreise, steckte den missratenen in die Reisetasche und verließ das Hotel.