Henning Wiebers

En Pedale, en Pedale - Mit dem Fahrrad durch Mazedonien und Serbien


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      Henning Wiebers

      En Pedale, en Pedale - Mit dem Fahrrad durch Mazedonien und Serbien

      Zu den Flüssen Drin, Vadar, Morava und Donau

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Prolog

       Tagebuch

       Literaturverzeichnis

       Impressum neobooks

      Prolog

      En Pédale, en Pédale - tous autre, c’est égale!

      Bis auf die dalmatinische Küste und Griechenland ist der Balkan immer noch eine fast unbekannte Welt für uns Westeuropäer. Schon die aktuellen Staaten aufzuzählen, ist nicht leicht. Zwar kennt jeder die Donau – zumindest bis Wien, aber darüber hinaus? Vom Eisernen Tor hat sicher noch nicht jeder gehört, genauso wenig wie von der Südlichen Morava. Bei Vadar und Schwarzer Drin dürften die meisten passen - wo verlaufen die denn? Und die Flüsse Radika und Timok sind wahrscheinlich nur denen bekannt, die schon dort waren. Ich bin ihnen allen „lose“ gefolgt, auf meinem Weg durch die - vom Westen „vergessenen“ - Länder Serbien und Mazedonien, habe dabei auch die Berge, die die Flüsse trennen, nicht gemieden und unvergleichlich schöne Seen kennengelernt. „Balkan“ bedeutet „Gebirge“ und Berge gehören für mich zu einer ordentlichen Radtour. Nach einer reinen Flussfahrt entlang der Donau stand mir nicht der Sinn und so startete ich in Saloniki mit dem Ziel Wien, durchquerte also auch noch Ungarn (gehört das noch zum Balkan oder nicht?) und ein Stück Griechenlands. Dabei war meine sommerliche Radtour eigentlich ganz anders geplant:

      Tourenplanung

      Schon den ganzen Winter über schwebte mir eine sommerliche Tour vor: Von Dresden über Krakau und Lemberg nach Odessa! Einerseits, weil ich bis auf Dresden die Städte nicht kenne und mir viele neue Eindrücke davon verspreche. Andererseits, weil die Route sich abseits ausgetretener Pfade bewegt und sicher ein wenig Exotik und Abenteuer bereithält, je weiter ich mich nach Osten bewege. Vielleicht lässt sich ja auch ein Abstecher nach Moldawien realisieren? Die Ukraine habe ich noch nicht bereist - geschweige denn mit dem Fahrrad. Ein Bericht über eine Radreise von Berlin an die Wolga - und zurück (Brumme, 2009), den ich vor Jahren las, hat die Ukraine sehr sympathisch geschildert. Im Gegensatz zu mir sprach der Autor allerdings gut russisch. Außer Kaviar und der berühmten Potemkin‘schen Treppe, fällt mir zu Odessa nichts ein, aber der Name klingt geheimnisvoll und der Ort eignet sich als Ziel, da man von dort – über Warschau oder Riga – zurück nach Hamburg fliegen kann.

      Vorsorglich belege ich einen Russischkurs bei der Volkshochschule, denn ansonsten könnte es mit der Verständigung schwer werden, wie ich von meiner Tour StralsundSt. Petersburg (Wiebers, 2013) weiß. Die Demonstrationen auf dem Maidanplatz in Kiew nehme ich zur Kenntnis, halte sie aber für eine temporäre Erscheinung. Auch die schärfer werdenden Auseinandersetzungen mit dem Ostteil der Ukraine und der Sturz des Präsidenten halten mich zunächst nicht von meinen Plänen ab. Odessa ist zwar mehrheitlich russisch besiedelt, aber dort ist es noch ruhig. Außerdem liegt es ganz im Westen der Ukraine, weit weg vom Donbas. Trotz der Annexion der Krim durch Russland erkundige ich mich noch nach Hotels in Odessa und studiere Reiseführer, denn ich möchte am Ende der Tour dort meine Frau treffen, um mit ihr gemeinsam die Stadt kennen zu lernen. Bevor ich meine Frau davon überzeugen kann, dass es eine ungefährliche Reise ist, wird der Russischkurs mangels Beteiligung abgesagt, und es passiert am 2. Mai jener unglückliche Vorfall mit Dutzenden Toten in Odessa. Damit sind meine Pläne gestorben, denn zwischen die Fronten will ich nicht geraten.

      Eine Alternative muss her. Den Osten Europas hatte ich auch deswegen als Ziel gewählt, weil man dort mit stabilem und warmem Sommerwetter rechnen kann. Im letzten Jahr waren meine Touren durch Irland und Italien eher von feuchtem Wetter bestimmt und ich möchte wieder einmal im Sonnenschein radeln. Außerdem will ich zur Abwechslung ein wenig „Fremdheit und Abenteuer“ erleben, was auf einer Tour in Westeuropa kaum möglich ist. So verfalle ich auf die Idee, von Saloniki in Griechenland nach Wien zu fahren und zwar im Juni, denn dann ist es auf dem Balkan noch nicht zu heiß. In Saloniki bin ich 2009 schon einmal zu einer Tour durch Griechenland gestartet, da die Stadt von Hamburg aus direkt angeflogen wird. Auch von Wien gibt es Direktflüge nach Hamburg mit Air Berlin. Ich besitze eine Service-Card der Fluglinie, die es mir erlaubt, mein Fahrrad ein Jahr lang umsonst zu transportieren. Die 119€ dafür sind gut investiert, wenn man des Öfteren mit dem Fahrrad reist, denn ansonsten bezahlt man pro Flug schon 50€ für das Fahrrad. In Wien wohnt zudem meine Tochter, die ich seit Weihnachten nicht gesehen habe und der ich bei dieser Gelegenheit natürlich einen Besuch abstatten will. Kurz entschlossen buche ich Flüge: HamburgSaloniki für den 3.6.14 und WienHamburg für den 29.6.14. Die Zeit sollte reichen - egal, wie die genaue Route verlaufen wird.

      Mit dem Balkan habe ich auf meiner Tour von Wien in die Türkei (Wiebers, 2014) gute Erfahrungen gemacht und dort nur nette Menschen getroffen. Damals verlief die Route durch Ungarn, Rumänien und Bulgarien. Jetzt möchte ich durch Mazedonien, Albanien, Montenegro, Serbien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien und Ungarn fahren. Ist das machbar? Das arme Albanien ist sicher ein schwieriges Fahrradland. Bosnien und Herzegowina: ein zerrissener Staat, in dem noch mit – nicht ausgeschilderten - Minenfeldern aus dem letzten Krieg zu rechnen ist. Wildes Zelten ist also gefährlich! Bei Serbien kommt mir dessen kriegstreibende Rolle im Rahmen der Jugoslawienkriege in den neunziger Jahren in den Sinn. Mit allen anderen Staaten des ehemaligen Jugoslawiens hat es sich angelegt, in dem es die Idee eines „Groß-Serbiens“ verfolgte. Das macht das Land nicht gerade sympathisch. Als „Serbien-Versteher“ fällt mir nur Peter Handke ein. Über Mazedonien weiß ich gar nichts, außer dass Alexander der Große von dort stammt, aber das ist lange her und klingt ebenfalls nicht friedlich. Montenegro hat sich unlängst von Serbien abgespalten und verspricht mit seiner Mittelmeerküste touristische Infrastruktur und westlichen Standard. Die Bucht von Kotor will ich unbedingt besuchen, sie soll eine der schönsten Buchten am Mittelmeer sein. In Kroatien war ich schon, daher habe ich heute keine Vorbehalte mehr und Ungarn ist schon fast Westeuropa.

      Als im Mai Bosnien und Serbien von einem verheerenden Hochwasser heimgesucht werden, erweisen sich meine Planungen als voreilig. Ganze Ortschaften werden weggeschwemmt, Minenfelder überflutet und die Minen irgendwo verteilt. Die Medien neigen ja immer zur Übertreibung, sage ich mir, und versuche im Internet das Ausmaß der Verwüstungen abzuschätzen. Bis zur Bucht von Kotor und den Südhang des Dinarischen Gebirges gibt es keine Behinderungen, Mostar ist unversehrt. Aber der Nordhang bis zur Save und Donau hin ist betroffen, auch Sarajevo meldet Überschwemmungen. Kurz nach dem „Jahrhunderthochwasser“ im letzten Jahr, waren meine Frau und ich mit dem Fahrrad an der Elbe zwischen Magdeburg und Dresden unterwegs. Vielfach lag noch zerstörtes Mobiliar an den Straßen und die Fahrradwege waren teilweise wegen Überflutung gesperrt. Aber man hat sehr schnell aufgeräumt und mit den Sanierungen begonnen. Überall dröhnten Bohrhämmer den Putz von den Hauswänden schlagend. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Serbien und Bosnien die Mittel haben, so schnell zu reagieren. Es ist von Versorgungsengpässen die Rede und von Wassermangel, außerdem fehlen Pumpen. Das sieht nicht gut aus. Irgendwie würde ich schon