Helmut Höfling

Das dicke Fränzchen


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      Das dicke Fränzchen

      Helmut Höfling

      Copyright: © 2013 Helmut Höfling

      published by: epubli GmbH, Berlin www.epubli.de

      ISBN 978-3-8442-6521-7

       Die „Fränzchen-Reihe“ umfasst 2 Bände:

      

      Band 1

       Das dicke Fränzchen

      

      Band 2

       Das dicke Fränzchen unter Rennfahrern

      Ein Fußball mit zwei Stummelbeinchen

      Zuffingen ist eine kleine Stadt, wie es Hunderte und Aberhunderte gibt: mit einem Marktplatz, einer Kirche und einer Schule, die fast alle Kinder am liebsten nur von außen sehen. Dennoch hebt sich Zuffingen aus der Schar anderer Städte heraus. Es ist nämlich die Heimat eines Jungen, der allgemein nur „das dicke Fränzchen“ genannt wurde.

      Der Junge ist ein richtiger Nimmersatt. Wenn in der Schulpause die anderen Kinder ihre Butterbrotdose aufmachten und es sich gut schmecken ließen, dann packte das dicke Fränzchen einen ganzen Rucksack aus: mit Butterbroten, Kuchen, Bananen, Schokolade, Limonade und Sandbrötchen. Wenn es dann wieder schellte und die Kinder in ihre Klasse zurückkehrten, dann schlang das dicke Fränzchen noch den Rest hinunter und suchte die Krümel zusammen.

      Ja, er hatte außerdem noch unter seinem Pult ein heimliches Vorratslager, und jedes Mal, wenn ihm der Lehrer während des Unterrichts den Rücken zudrehte, stopfte sich das dicke Fränzchen heißhungrig die Backen voll.

      Aber das war noch lange nicht alles. Bei den Mahlzeiten zu Hause verdrückte der Junge so viel wie eine Schar ausgehungerter Lausebengels auf einmal. Sogar dann hatte er noch nicht genug.

      Nach dem Essen schlich sich das dicke Fränzchen heimlich in die Küche und schnupperte herum, wo es noch etwas Leckeres zu naschen gäbe. Gern kratzte er die Kessel aus, besonders wenn darin Pudding gekocht worden war.

      Wenn sich die Gelegenheit dazu bot, plünderte er auch Speisekammer und Kühlschrank. Er schnitt sich ein Stück Wurst und eine dicke Scheibe Käse ab, verschlang einen Hering, trank Himbeersaft und schlürfte zwei rohe Eier aus: alles durcheinander, ohne dass er davon Bauchweh kriegte.

      Mit jedem Bissen wurde der Junge dicker und dicker. Seine Jacke platzte ihm – und bald auch die Hose. Und wenn er eine Treppe hinaufstieg, schnaufte er wie ein Walross.

      Kein Wunder, dass unser Fränzchen aussah wie ein Fußball mit zwei Stummelbeinchen unter dran.

      Stand das dicke Fränzchen beim Fußballspielen im Tor, dann konnte kein Ball mehr links oder rechts vorbei ins Netz fliegen. So hatte das viele Essen auch seine gute Seite, wenigstens für die Mannschaft, bei der das dicke Fränzchen mitspielte.

      Ihr werdet euch sicher mit Recht fragen, was denn seine Eltern dazu sagten, wenn er zum Beispiel heimlich aus dem Kühlschrank naschte. Nun, sie waren einfach sprachlos – sozusagen. Die Eltern des dicken Fränzchen waren nämlich eingerahmt und hingen an der Wand.

      Das ist nun nicht ganz wörtlich zu nehmen. Manchmal auch kamen sie in ihr Haus auf dem Hügel zurück. Doch dann blieben sie jedes Mal nur für kurze Zeit und fuhren bald wieder ab. Das brachte nun mal ihr Beruf mit sich.

      Die Mutter war nämlich eine berühmte Sängerin und reiste durch die Welt von einem Theater zum anderen. Besonders dann, wenn sie ihr hohes C trällerte, lagen ihr die Zuschauer zu Füßen.

      Auch der Vater war viel unterwegs. Er allerdings sang nicht. Vielmehr sorgte er dafür, dass andere die Engel im Himmel singen hörten. Er war nämlich Schwergewichtsboxer, und wo er seine Fäuste schwang, da schlug er den Gegner k.o.

      Vom Vater also hatte das dicke Fränzchen die durch nichts zu erschütternde Figur – und von der Mutter die Kunst, große Töne zu spucken.

      Tante Minchen

      Natürlich gab es auch jemanden, der das dicke Fränzchen versorgte und das Haus in Ordnung hielt, wenn die Eltern verreist waren: Das war Tante Minchen. Eigentlich hieß sie Hermine, aber von der Koseform Herminchen war nur noch Minchen übriggeblieben. Ich glaube, die alte Tante wusste selbst nicht mehr genau, wie ihr Name vollständig lautete.

      Tante Minchen war eine Seele von einem Menschen. Ihre beste Eigenschaft war ihre Kurzsichtigkeit – so jedenfalls dachte das dicke Fränzchen. Was nicht unmittelbar vor ihrer Nase lag, das erkannte sie nicht, und so sah sie auch nicht, was das dicke Fränzchen alles anstellte.

      War zum Beispiel mal wieder die Speisekammer halb ausgeplündert, dann gab sie der Katze des Nachbarn die Schuld oder hielt irgendeinem Gassenköter eine Strafpredigt.

      Noch ein zweites wohltuendes Merkmal zeichnete Tante Minchen aus: Sie schlurfte nicht den ganzen Tag durchs Hus und schnüffelte bald hier, bald dort herum. Morgens kam sie und versorgte den Jungen, bevor er zur Schule ging – und kehrte er am Mittag nach Hause zurück, dann hatte sie schon für ihn gekocht.

      Nach dem Spülen ging sie weg, um sich um ihren eigenen Haushalt zu kümmern. Sie besaß am Waldrand ein Häuschen, in dem sie aufgewachsen war und das sie deshalb auf keinen Fall aufgeben wollte. Dort sah man sie manchmal im Garten graben oder die Hühner füttern.

      Abends kam sie gewöhnlich noch einmal zum dicken Fränzchen herüber und überzeugte sich, ob auch noch alles in Ordnung sei.

      Die meiste Zeit lebte also das dicke Fränzchen frei wie ein Vogel, und im Traum kam er sich manchmal vor wie ein König, der tun und lassen kann, was er will.

      Zu den besten Freunden des dicken Fränzchen gehörten zwei Jungen, die das genaue Gegenteil von ihm waren.

      Das fiel besonders beim langen Gustav auf, bei dem die Breite in die Länge geschossen war. Er überragte das dicke Fränzchen um mehr als Haupteslänge.

      Heini dagegen war noch kleiner als das dicke Fränzchen und dazu sehr schmächtig. Er sah aus, als könne man ihn umblasen. Aber wer das bei ihm versuchte, dem bewies er, dass er recht starke Muskeln besaß.

      Auf die Bäume – ihr Affen!

      Schon manches Abenteuer hatten die drei Jungen zusammen bestanden. Mal war es gut ausgegangen – mal schlecht. Nehmen wir zum Beispiel die Geschichte mit den Äpfeln.

      Es war im Herbst zu der Zeit, als die Äpfel gerade reif waren. Zwischen Zuffingen und Bebenhausen gab es einen großen Obstgarten, in dem die schönsten und saftigsten Äpfel reiften. Sie zogen die Jungen an wie ein Knochen die Hunde.

      Auch Heini, Gustav und das dicke Fränzchen konnten einfach nicht widerstehen. Sie wussten zwar, dass man nicht dort ernten darf, wo man nicht gesät hat – aber wer sollte das schon merken, ob ein paar Äpfel mehr oder weniger an den vielen Bäumen hingen.

      Geschickt stiegen Heini und Gustav über den Zaun, während das dicke Fränzchen sich einen bequemeren Eingang suchte. Zwischen den Latten entdeckte er ein Loch, durch das er sich mit Ach und Krach hindurchzwängen konnte.

      Mit Kennerblick prüften die Jungen die Äpfel an den Zweigen über ihnen. Nicht alle Sorten schmeckten gleich gut.

      Als Erster hatte der lange Gustav seinen Lieblingsapfel entdeckt: einen Baum mit Goldparmänen, die er besonders gern aß. Ein Sprung – und er baumelte am untersten Ast. Wie ein Affe zog er sich mit einem Klimmzug hinauf und stieg dann von Ast zu Ast, bis er oben im Wipfel hockte.

      Dicht daneben hatte Heini seine Sorte gefunden: Boskop. Und flink wie ein Eichhörnchen kletterte er an dem knorrigen Stamm empor.

      Nur Fränzchen stand noch unten im Gras. Er liebte sowohl Goldparmänen als auch Boskop, aber er konnte sich ja nicht teilen, um gleichzeitig auf beide Bäume zu steigen. Außerdem war die Kletterei viel zu anstrengend für ihn. Aber Äpfel musste er trotzdem haben!

      Ihm