Elisa Scheer

Tod einer Minnedame


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      Alles frei erfunden!

      Namensgleichheiten und andere Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, Firmen u. ä. sind purer Zufall.

      Imprint

       Tod einer Minnedame. Kriminalroman

      Elisa Scheer

       published by: epubli GmbH, Berlin

      www.epubli.de

       Copyright: © 2015 Elisa Scheer

       ISBN 978-3-7375-6296-6

      I 14.09.2008

      „Hast nichts verpasst“, sagte Eichinger und reichte Felix eine eher dünne Akte. „Society-Mord wie im Fernsehen. War sozusagen in einer Dreiviertelstunde gelöst.“

      „Ach ja?“, machte Felix, der Eichingers Ermittlungsstil kannte, und wog den Pappschnellhefter prüfend in der Hand.

      „Ach, alles total klar. Reiche Adelsfrau ermordet. Hatte es noch mit einem, der jünger und knackiger war als ihr Alter, und dessen Freundin war´s. Eifersucht. Kein Wunder, farbloses Geschöpf, und die Tote war schon recht attraktiv.“

      „Geständnis?“

      „Noch nicht. Kommt aber garantiert noch. Kann sich nur noch um Stunden handeln.“

      „Hausdurchsuchung?“

      „Klar, aber das Opfer ist mit einem Stein erschlagen worden. Was soll man da in der Wohnung finden? Trübselige Hucke, übrigens. Auch ein Motiv. Wenn der Lover mit der Meesen durchgegangen wäre, wäre sie da doch nie rausgekommen.“

      „Ach, sie hat von ihrem Freund gelebt?“

      „Garantiert. Der Job war ja wohl eher ein Witz. Außerdem – kennst du eine Frau, die nicht von ihrem Macker lebt? Die verbessern sich doch alle, und der Halbritter verdient so schlecht nicht.“

      „Das ist der mit den zwei Frauen? Was sagt der denn?“

      „Der sagt, ganz klar, seine Emma hatte Schiss, dass er sie verlässt, und deshalb hat sie seine geliebte Margie brutal erschlagen.“

      „Aha“, machte Felix. Eichinger glaubte allen alles – nur dem einen nicht, den er zum Täter erkoren hatte. Dem half dann gar nichts mehr. Manchmal klappte das, Eichinger hatte schließlich genug Erfahrung, öfter lag er aber auch voll daneben. Mal sehen, ob es dieses Mal Topp oder Flop sein würde… Wahrscheinlich Flop. Eichinger war ein Trottel.

      „Fingerabdrücke?“ Das sollte Eichingers letzte Chance sein, zu zeigen, dass er doch etwas Ahnung von seinem Metier hatte.

      „Ach, wahrscheinlich abgewischt“, murmelte der. Felix sagte wieder „Aha“, in seinem speziellen Tonfall, und nahm die Akte an sich. Eichinger sah ihn misstrauisch an. „Was soll das heißen, aha? Glaubst du mir etwa nicht?“

      „Ach, Kurt“, seufzte Felix. „Du weißt doch, wie es meistens geht. Kannst du nicht einmal ordentlich ermitteln?“

      „Werd nicht unverschämt“, maulte Eichinger, der sich doch eigentlich denken konnte, warum alle um ihn herum befördert wurden, nur er nicht. „Ich sag dir, die Schlampe war´s. Das Motiv hat sie, an einen Stein kommt jede ran, und ein Alibi hat sie auch nicht.“

      Das klang nicht wirklich gut, aber Felix war nicht überzeugt. Und wieso eigentlich Schlampe?

      „Wieso Schlampe?“, fragte er also. Eichinger zuckte die Achseln. „So halt. Wie würdest du eine Mörderin denn nennen?“

      „Das ist doch noch gar nicht erwiesen“, wandte Felix sanft ein. Eichinger war wirklich ein Idiot. Und wie es hier schon wieder aussah!

      Er verließ mit der Akte Eichingers Büro und zog sich gegenüber in sein eigenes, makellos aufgeräumtes zurück. Naja, makellos – den Poststapel musste man natürlich ignorieren.

      Kaum aus dem Urlaub zurück und schon war die ganze Erholung futsch. Er hatte noch nicht einmal ausgepackt! Diese blöden Fluglotsenstreiks, die Maschine war glücklich um halb sechs Uhr morgens gestartet und er war sofort nach der Landung hierher gefahren, weil der Urlaub vorbei war. Jetzt fühlte er sich schmuddelig, weil er seit sechsunddreißig Stunden auf dem Flughafen Neapel herumgelungert war. Immerzu hatte es geheißen, gleich, gleich geht´s weiter. Die Maschine ist schon startklar. Haha, doch nicht…

      Nächstes Mal würde er mit der Bahn – nein, das war womöglich noch schlimmer.

      Mit dem Auto.

      Unökologisch.

      Mit dem Fahrrad!

      Äh. Am besten blieb man einfach zu Hause und strich die Wohnung. Und gönnte sich 1 Eis und 1 Freibadbesuch pro Woche. Das war ökologisch. Und dann hieß es wieder Willst du nicht mal so richtig abschalten? Du musst doch auch mal raus!

      Scheiß-Urlaub. Stress pur.

      Er setzte sich, schlug die Akte auf und begann zu lesen, wobei er geistesabwesend an dem Sonnenbrand auf seiner Nase herumzupfte. Ab und an riss er sich zusammen und schüttelte die Hautfetzchen aus der Akte in den Papierkorb.

      Und draußen schüttete es… typisch Oberbayern im September.

      Also: Am Montag, den 8. September war Margarethe von Meesen, 33, verheiratet, zwei Töchter, wohnhaft in Leiching, Puellstraße 26, in einem Fußweg nahe ihrem Haus erschlagen aufgefunden worden. Gefunden von einer Nachbarin, die ihre beiden Pudel Gassi führte und die natürlich psychologische Betreuung gebraucht hatte, sobald ihr klar geworden war, was die beiden Köter da so begeistert beschnüffelten.

      Felix zog den Bericht der Gerichtsmedizinerin aus der Akte. Äh… üble Fotos, wenigstens die rechte Gesichtshälfte, alles nur noch Blut und zertrümmerte Knochen. Linke Hälfte – gutes Gesicht. Tolle Frau hätte er jetzt nicht gesagt, der doofe Kurt war da wohl leichter zu beeindrucken. Er selbst hätte gesagt Gut erhalten und gut geschminkt. Ebenmäßige Gesichtszüge, komplett faltenfrei - Botox oder Camouflage-Make-up? Das nächste Bild zeigte das gereinigte Gesicht. Trümmerbruch an der rechten Schläfe, der Stein musste recht spitz gewesen sein. Links immer noch faltenfreie Züge. Also Botox. Mit dreiunddreißig hätte die Frau ja wenigstens ein, zwei Stirnlinien und ein paar Lachfältchen haben müssen! Botox oder schon ein Lifting?

      Der Bericht bestätigte als Todesursache Schädelhirntrauma, das Übliche. Sonst keinerlei Verletzungen, die Tote war korrekt gekleidet – dunkelgrünes Kostüm im Trachtenstil, hauchdünne Strumpfhosen, dunkelgrüne Pumps einer sehr teuren Marke (Dr. Kolleter hatte mit ihrer Sauklaue etwas an den Rand gekritzelt, was Felix schließlich als „Neid!“ entzifferte.) Er grinste kurz. Keinerlei Unordnung an der Kleidung, auch bei der Untersuchung fand sich kein Hinweis auf einen sexuellen Übergriff. Dann fiel dieses Motiv schon einmal weg. Und die Tageszeit… vermutliche Tatzeit etwa 18 Uhr, aufgefunden gegen halb acht… da war es noch hell, eine mehr als gutbürgerliche Wohngegend, wo die Leute ihre Hunde ausführten, wo die Kinder mit ihren Rädern oder Inline-Skatern herumsausten, wo immer einer seine Hecke schnitt – da würde ja wohl auch keiner bei Tageslicht eine Vergewaltigung planen, oder?

      Das war also wohl nicht das Motiv. Es gab da einen Ehemann, Lothar von Meesen, 44 Jahre alt. Zu alt für die Gute, dachte Felix sofort. Aber hatte Kurt nicht sowieso gesagt, dass sie fremdgegangen war? Später. Ehemann völlig von den Socken (von Anne Malzahn interviewt).

      Wieso das denn! Felix legte die Akte aufgeschlagen mit dem Gesicht nach unten auf den Schreibtisch. Welcher Trampel schickte Anne, einen trauernden Witwer zu befragen? Anne, die sowieso alle Kerle für Verbrecher hielt und beim besten Willen nicht mitfühlend auftreten konnte?

      Welcher Trampel? Kurt natürlich. Felix schüttelte den Kopf und nahm die Akte wieder auf.

      Weiter im Text!

      Er gähnte.

      Zwischendurch sollte er wohl doch mal schnell nach Hause fahren und unter die Dusche springen… Erstmal einen Kaffee, sonst schlief er über dieser vermaledeiten Akte noch ein!

      Verdammter Fluglotsenstreik. Und er fand sich selbst reichlich ungewaschen.

      Er fütterte die Kaffeemaschine mit den letzten Kaffeebröseln