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Josefine du Soulier
Oma war (k)eine Heilige, nicht nur Opa wusste das.
Aus einer Zeit in der Sex Tabu war
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Inhaltsverzeichnis
5. Omas Leben ändert sich, meines geht weiter
1. Deine Oma war eine Heilige
Das Dorf in dem Oma wohnte war nicht wirklich groß. Es gab eine Gaststätte, in der die Männer sich noch immer am Abend trafen. Früher, so hatte man uns erzählt, wurde der Schoppen in dem grossen Raum vorne getrunken. Es wurden Neuigkeiten ausgetauscht, die, welche nur Männer interessieren. (Die Frauen trafen sich früher einmal in der Woche bei der Frau Pfarrer) Dort im Dorfgasthaus gab es einen runden Tisch, an dem saßen abends die Honoratioren: Der Bürgermeister, der Bäcker, der Kaufmann, der Metzger, der Schreiner, der Maurer, der damals noch Baumeister genannt wurde, der Besitzer einer Autowerkstatt, die in der ehemaligen Schmiede untergebracht war, sowie die Lehrer der kleinen Dorfschule und der Pfarrer. An dem anderen grossen Tisch saßen die übrigen Männer. Heute war der große Raum vorne ein Restaurant mit weißen Tischdecken. Die Männer gingen jetzt durch den Seiteneingang hinein in die Nebenstube. In der gab es ein paar rechteckige Tische und den grossen runden Tisch, an dem heute jeder sitzen konnte. Die Eltern unserer Oma waren Besitzer des Dorfladens. So ein richtiger Minisupermarktder im Erdgeschoss des Hauses lag- es gab alles und von allem ein bisschen. Der Laden lag ganz vorne in dem Gebäude, hatte eine Treppe zur Straße,drei Stufen hoch, direkt neben dem Kellerfenster. Vier große Fenster dienten zur Ausstellung von Reklame-Plakaten und Einzelstücken wie Kleidung aber auch Kochtöpfen, Schreibutensilien und anderen wichtigen Gegenständen. Der Rest war ein ganz gewöhnlicher Bauernhof. Damals hatten Omas Eltern wirklich, wie in Dörfern üblich, Hühner, Enten, Gänse und 2 Schweine- wie jedermann im Dorf. Omas Vater gehörte zu den Honoratioren. Aber Ur-Opas Gedankenwelt war fortschrittlich. Fortschrittlich- liberal, fast schon modern in seinen Ansichten erzählte Oma immer. Oma durfte auf das Gymnasium in der nächsten Stadt gehen. Anschließend durfte sie studieren in einer noch weiter entfernten Stadt. Dort lernte sie Opa kennen. Irgendwann einmal heirateten die beiden. Sie wohnten dann bei den Eltern von Oma, denn Opa war als Kapitän bei der Marine nicht so häufig zu Hause. Den Kaufladen hatten Omas Eltern aufgegeben, aus der großen Fläche ein riesiges Wohnzimmer gemacht, die Fenster waren jetzt Blumenfenster mit Graslilien, Philodendron, Kakteen, Miniröschen, Lobelien- eben all den Pflanzen die man in Omas Jugendzeit in die Fenster gestellt hatte. Dahinter lugte die Persil-Frau, ebenso wie der Zigarettenkater im Trenchcoat, das HB-Männchen ebenso wie die Kaba-Eisenbahn mit den großen Kugelaugen hervor. Eines der Fenster bewies den praktischen Sinn von Omas Eltern. Es war als Stufen-förmig angelegter Kräutergarten eingerichtet, dahinter die Reklame von Kräuterlikör. Als Omas Eltern verstorben waren, nahmen Oma und Opa das Haus ganz in Besitz. In den Ferien durften wir als Kinder immer zu Oma. Das große Haus war ein Traum. Der Hof, der Garten alles war ideal für uns, es schien so als wäre das alles nur für Kinder geschaffen. Dazu kam: Wir hatten sie heiß geliebt, unsere Oma. Nicht nur weil man vieles bei Oma durfte, das in einer Stadtwohnung nicht ging, sondern auch, weil sie einem immer zuhörte, jeden immer anhörte, Streit mit salomonischem Spürsinn beendete. Nun war er geschehen: Unsere heiß geliebte Oma war gestorben. Sie ist ihrem Mann nachgefolgt, sagten die Dorfbewohner, so als hätten sie eine Scheu vom Tod zu sprechen. Uns ging es ähnlich: wir hatten eine Scheu davor, zu sagen, dass Omas Haus jetzt verwaist war. Jetzt mussten ihre Schränke ausgeräumt werden. Nur die Möbel würden stehen bleiben, denn das Haus würde vermietet werden. Jeder aus unserer Familie hatte sich etwas genommen, das ihn besonders an Oma erinnerte, aber keiner aus unserer Familie wollte das Haus wirklich ausräumen, weil eigentlich alles an diesem Haus an Oma erinnerte. Schließlich übernahm ich die unangenehme Arbeit. Man hatte mich überreden können, weil die Stadt in der ich wohnte die Kreisstadt war, zu der der kleine Ort gehörte, in dem Oma mit kleinen Unterbrechungen von ihrer Geburt bis zu ihrem Tod gelebt hatte. Außerdem, weil ich gerade wieder einmal für nicht absehbare Zeit im Urlaub war. Den verbrachte ich immer in meiner Heimat, weil meine Arbeit mich über den gesamten Globus führte. Mein Job war ein etwas sonderbarer Job: Immer wenn die Geschäftsführung eine unangenehme Neuerung einführte, musste ich diese in den Niederlassungen unserer Firma vorstellen und einführen. Da diese Firma weltweit Units hatte, geschah das ziemlich häufig. Meine zweite "Baustelle" war: wenn etwas nicht so lief wie es sollte in einer der Units, wurde ich hin gesandt offiziell um eine Buchprüfung zu machen. In Wahrheit jedoch um herauszufinden an was es lag ,dass es nicht so lief wie es sollte. Meine Methode, die kleine angestellte Buchhalterin zu sein, die eben Mal die Zahlenwerke überprüfen sollte. Die sich ordentlich hinsetzte und ernsthaft alles nachrechnete, ohne sich bei den auffälligen Stellen aufzuhalten, war immer mit Erfolg gekrönt. Wobei ich, gerade in den Ländern in denen man nicht gewohnt war Frauen generell als Vorgesetzte zu achten, durch meine Kleidung und meine Art eher den Eindruck vermittelte, dass ich mich für diesen Auftrag nur beworben hatte, weil ich mir auf Firmenkosten eine angenehme Zeit machen wollte. Hatte ich etwas heraus gefunden, gab es eine ganze Abteilung im Mutterhaus, wir nannten sie "das Rollkommando", die dann anreiste um dem Zustand ein Ende zu setzen. Zudem hatte ich innerhalb der Firma einen Sonderstatus, der mich über örtliche Manager stellte. Der mir sogar die Möglichkeit gab diese, wenn es hart auf hart ging, auf der Stelle rauszuwerfen. Andererseits war eine Unbedenklichkeit, von mir festgestellt, für den jeweiligen Manager eine Art Arbeitsplatzgarantie. Erst wenn die Wogen sich wieder geglättet hatten kamen die Chefs wieder persönlich um ihre Anweisungen zu geben, und ich konnte ein paar Wochen in Urlaub gehen, bis irgendjemand in der Zentrale sich wieder etwas ausgedacht hatte, das nicht nur positiv war. Nahezu alle Dorfbewohner hatten Oma auf ihrem letzten Weg begleitet. Fast jeder, Mann ebenso wie Frau, hatte uns, oft mit Tränen in den Augen, an ihrem Grab die Hand gedrückt, und uns erklärt wie unsere Oma hoch geschätzt gewesen war. Nicht nur die Bewohner des Dorfes, auch ehemalige Bewohner reisten an, um bei der Beerdigung dabei zu sein. Luigi, der noch junge Wirt der am Ort ansässigen Pizzeria, informierte uns, dass sein Nono und seine Nona aus dem fernen Kalabrien zur Beerdigung kommen würden.(Er hatte das Geschäft, das sein Großvater gegründet hatte, erst vor kurzem von seinem Vater übernommen) Sein Vater würde die beiden einen Tag vor der Beerdigung am Flughafen abholen, daher wollte er den Termin für die Beerdigung wissen. "Sie müssen gute Freunde gewesen sein", meinte er nachdenklich", meine Nona hat zu mir gesagt, dass ich bittensoll, dass die Beerdigung ja nicht beginnen soll, bevor sie da ist." ER betrachtete Mich eine Weile, setzte dann hinzu: "Wenn sie sich dazu entschließen könnten, die anschließende Feier bei mir zu machen, könnte ich Ihnen diese zum Preis meiner eigenen Kosten ausrichten. Ich würde auch mit Herrmann reden, der ja eigentlich Vorrang hätte. Aber der hat schon gesagt, dass er auch gerne bei der Beerdigung dabei wäre." Herrmann mit seinen 90 Jahren ist unser Hirschwirt, der sein Lokal, dank der Fähigkeit seines Sohnes der einen Stern nach dem anderen als Koch eingeheimst hatte, schon lange nicht mehr als Dorfkneipe betrieb. Sondern ein Sternerestaurant daraus gemacht hatte. Aber wenn ein Dorfbewohner starb liess er es sich nicht nehmen, sein Lokal für den Totenschmaus