Wolfgang Gaess

Datenschutz mit bewährten Methoden des Risikomanagements


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Datenschutz mit bewährten Methoden des Risikomanagements

       Datenschutz

      mit bewährten Methoden des Risikomanagements

      Handreichung

      Wolfgang Gaess

      Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main

       Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

      ISBN 978-3-8005-1731-2

      © 2020 Deutscher Fachverlag GmbH, Fachmedien Recht und Wirtschaft, Frankfurt am Main

      www.ruw.de

      Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

      Druck: WIRmachenDRUCK GmbH, Backnang

      Printed in Germany

      Aus der Nessel Gefahr pflücken wir die Blume Sicherheit.

       “William Shakespeare”

       Vorwort

      Die Maxime der Funktionsfähigkeit stammt u.a. aus dem Risikomanagement im hoch regulierten Finanzsektor. Insbesondere die Haftung von Geschäftsführung und Aufsichtsrat wirkt mithin höchst motivierend auf diese wichtigen Akteure. Ferner sind die Prüfungszyklen durch Interne Revision, Wirtschaftsprüfer und Finanzaufsicht zu eng getaktet als dass hier „auf Lücke“ gesetzt werden könnte.

      Die Übertragung der Erfahrungswerte und der Herangehensweise der letzten Dekade (seit der Finanzkrise) auf die relativ ähnlich gelagerte Arbeit im Datenschutz war maßgebliche Motivation für diese Handreichung.

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      Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Mandanten, Partnern und Kollegen bedanken, die mich mit wichtigen Anmerkungen und Hinweisen unterstützt haben. In gleichem Maße gilt mein Dank an Frau und Sohn für die erduldete Abwesenheit.

Eschborn, 2. Januar 2020Wolfgang Gaess
I. Methodik und Aufbau

       1. Ausgangslage der DSGVO

      „Fehlender Anleitungscharakter und zu geringer Detaillierungsgrad“ waren häufig diskutierte Kritikpunkte an der DSGVO. Beide Faktoren begünstigen Rechtsunsicherheit bezüglich der vorzunehmenden Maßnahmen.

      Verordnungen wollen jedoch keine in Reinform anwendbare Checkliste bzw. Roadmap sein. Sie können i.d.R. auch nicht detaillierter gestaltet sein, da eine höhere Ausdetaillierung die erforderliche Flexibilität nach Art, Größe, Risiken etc. der Unternehmen nicht hinreichend ermöglichen würde.

      Regulierungen formulieren i.d.R. Motivationen, Ziele und erzeugen damit Organisationspflichten. In Bezug auf die DSGVO können diese wie folgt strukturiert werden:

      Abbildung 1: Strukturelle Ziele der DSGVO

      Regulatorische Organisationspflichten werden i.d.R. mit Verwaltungsanweisungen oder Papieren der Aufsicht und aufsichtsnahen Gremien weiter interpretiert.

      

      Abbildung 2: Datenschutzregulierungen

      Auch dieser Detaillierungsgrad ist für die Arbeitspraxis meist noch nicht ausreichend. Die Erstellung von praktischen auf den konkreten Anwendungsfall operationalisierten Organisationsmodellen ist erforderlich. Funktionierende Lösungen sollten insbesondere folgende Anforderungen erfüllen:

       •Berücksichtigung der Denk- und Organisationsstrukturen des Unternehmens

       •Berücksichtigung der Arbeitskultur und der Prozessdisziplin

       •Befähigung relevanter Akteure zur Durchführung der ihnen auferlegten Maßnahmen.

       2. Operationalisierung

      Jeder Beitrag zu den Organisationspflichten ist wichtiger Bestandteil zur Plausibilisierung der Funktionsfähigkeit des Organisationsmodells.

      In Bezug auf die Erlangung von höchstmöglicher „Rechtssicherheit“ kann gelten: Die aus der DSGVO erwachsenden Organisationspflichten sind desto mehr erfüllt, je mehr der Geist der Regelung durch das gewählte Organisationsmodell erreicht wird und das gewählte Organisationsmodell dies nach außen hin auch ausreichend manifestiert.

      

In Anwendung der 80 % zu 20 % Regel bedeutet dies: 20 % des Arbeitsaufwandes müssen in Nachvollziehbarkeit der Arbeit investiert werden.

      Die Organisationspflichten sind nach außen hin dann ausreichend manifestiert, wenn sie

       •für einen sachkundigen Dritten

       •nachvollziehbar und

       •plausibel erscheinen

       •und im Rahmen eines erfolgreichen Funktionstests verprobt wurden.

      

Proof of Concept: Bei IT-Projekten sind erfolgreiche Systemtests (u.a. User Acceptance Test) ganz selbstverständlich Voraussetzung für die „Live-Schaltung“ (z.B. für Banken geregelt in den MaRisk AT 7.2 Ziffer 3). Von einem erfolgreichen Arbeitsergebnis aus gedacht ist dies auch in der Prozess- und Dokumentationswelt sinnvoll.

       • Nicht alle Organisationspflichten ergeben sich aus den hoheitlichen Vorgaben. Vom Ergebnis aus betrachtet können somit Maßnahmen erforderlich sein, die nicht explizit in der Regulierung enthalten sind. Das ist dann der Fall, wenn ausgehend von einem sinnvollen Arbeitsergebnis bestimmte notwendige Zwischenziele erreicht werden müssen. Beispiel hierfür ist ein „Vertragsmanagement“. Ein solches wird weder in der DSGVO (und im Übrigen auch nicht in der Finanzregulierung beim Outsourcing) explizit verlangt. Allerdings ist ohne ein vernünftig gestaltetes Vertragsmanagement eine ausreichende Dienstleistersteuerung nicht möglich. Das Vertragsmanagement ist somit eine Anforderung, die sich in diesem Fall aus dem Rückschluss der eigentlichen Zielerreichung ergibt. Die genaue Ausprägung des Vertragsmanagements liegt dabei im unternehmerischen Ermessensspielraum. Unter Berücksichtigung bestehender Strukturen und Arbeitskultur können mit diesem Ansatz im Ergebnis die passenden Arbeitsmodelle für das Unternehmen gewählt werden.

      

Organisationsmodelle sollten so plausibel gestaltet sein, dass eventuelle Diskussionen mit Aufsichtsbehörden nicht mehr grundsätzlicher Natur sind.

       3. Aufbau der Kapitel

      Die Organisationspflichten lassen sich wie folgt im Verlauf eines klassischen Implementierungsprojektes darstellen.