Daniel Zimmer

Kartellrecht und Ökonomie


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      Kartellrecht und Ökonomie

      Moderne ökonomische Ansätze

      in der europäischen und deutschen

      Zusammenschlusskontrolle

      von

      Professor Dr. Ulrich Schwalbe

      Institut für Volkswirtschaftslehre Universität Hohenheim

      Professor Dr. Daniel Zimmer

      Institut für Handels- und Wirtschaftsrecht Universität Bonn

      3., überarbeitete und erweiterte Auflage 2021

      Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main

       Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

      ISBN: 978-3-8005-1721-3

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      © 2021 Deutscher Fachverlag GmbH, Fachmedien Recht und Wirtschaft, Frankfurt am Main

      Der Verlag im Internet: www.ruw.de

      Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

      Druckvorstufe: Lichtsatz Michael Glaese GmbH, 69502 Hemsbach

      Druck und Verarbeitung: Appel & Klinger, Druck und Medien GmbH,96277 Schneckenlohe

      Printed in Germany

      Vorwort

      In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist die zunehmende „Ökonomisierung“ – d.h. die Heranziehung moderner wirtschaftswissenschaftlicher Methoden und Konzepte bei der konkreten Anwendung und darüber hinaus bei der Weiterentwicklung des Kartellrechts – eines der beherrschenden Themen dieses Rechtsgebietes geworden. Das vorliegende Werk analysiert diese Entwicklung in systematischer Weise und nimmt zu wichtigen Fragen der zunehmenden Berücksichtigung wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse im Wettbewerbsrecht Stellung. Im Fokus der im Jahr 2006 veröffentlichten und schnell vergriffenen ersten Auflage von „Kartellrecht und Ökonomie“ standen vor allem „horizontale“ Fusionen, d.h. solche zwischen Wettbewerbern. Diese Perspektive wurde mit der 2011 publizierten zweiten Auflage um einen umfangreichen Abschnitt zu „vertikalen“ und „konglomeraten“ Fusionen ergänzt, d.h. zu Zusammenschlüssen zwischen Unternehmen, die nicht zueinander in einem Wettbewerbsverhältnis stehen.

      Die nun vorgelegte dritte Auflage steht im Zeichen der Digitalisierung: Die durch Fortschritte in der Digitaltechnologie ermöglichte Entwicklung innovativer internetgestützter Dienste und Geschäftsmodelle hat nicht nur ein großes Potential zur Wohlfahrtssteigerung, sondern auch Bedrohungen für den Wettbewerb und neuartige Probleme für die Kartellrechtsanwendung mit sich gebracht. Das Thema der Digitalisierung zieht sich als roter Faden durch das Buch. So finden sich im ersten Teil grundlegende Aussagen zu den Besonderheiten der digitalen Ökonomie: zur Funktionsweise von Plattformen, zu Netzwerkeffekten und zu ihren Auswirkungen auf Konzentration und Wohlfahrt. Im zweiten Teil werden die Grundlagen der Feststellung von Marktmacht auf zwei- und mehrseitigen Märkten, etwa auf Plattformmärkten, erarbeitet und der Vertrieb digitaler Produkte, die Abgrenzung von Online- und Offline-Märkten sowie die Bedeutung von Daten als Marktzutrittsschranke behandelt. Der dritte Teil des Buches enthält Aussagen u.a. zur Wettbewerbsrelevanz von Innovation und Daten in der digitalen Ökonomie, zum Einsatz von Algorithmen als datenbasierte Instrumente zur Preissetzung, zum marktübergreifenden Wachstum in der Digitalwirtschaft, zu wettbewerbsschädlichen „killer acquisitions“ und zum „Platform Envelopment“ sog. digitaler Ökosysteme.

      Wie im Untertitel des Werkes zum Ausdruck gebracht, stehen die Entwicklung und Anwendung moderner ökonomischer Ansätze in der europäischen und deutschen Zusammenschlusskontrolle im Zentrum der Untersuchung. Zudem wurden aktuelle ökonomische Diskussionen, wie z.B. über neue Konzepte zur Abschätzung der Auswirkungen von Fusionen, der Effekte von Zusammenschlüssen auf Innovation, Produktqualität und Privatsphäre oder auch der Bedeutung von „common ownership“ für den Wettbewerb, eingearbeitet und weitere neueste Forschungsergebnisse zu den untersuchten Themenbereichen berücksichtigt. Wie schon in den Vorauflagen wurde die fusionskontrollrechtliche Anwendungspraxis umfassend ausgewertet. Die Analyse der Entscheidungen der Europäischen Kommission und des Bundeskartellamtes, von EuGH, EuG, BGH und OLG Düsseldorf belegt, in welchen rechtlichen Zusammenhängen ökonomische Beweisführungen Berücksichtigung gefunden haben. Hierbei wurden auch neueste Entwicklungen, etwa das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 28. Mai 2020 zu den Voraussetzungen einer auf die Prognose nichtkoordinierter Effekte im Oligopol gestützten Untersagung (Fall CK Telecoms UK Investments/Kommission) behandelt.

      An dieser Stelle ist vielfach herzlich Dank zu sagen. Ohne den exzellenten Beitrag wissenschaftlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätte auch die dritte Auflage nicht realisiert werden können. Allen voran sind hier die wissenschaftlichen Mitarbeiter Jan-Frederick Göhsl und Johannes Rottmann zu nennen, die von der Phase der Konzeption bis zum Abschluss der Arbeiten an der Neuauflage intensiv mitgewirkt haben. Neben ihnen haben auch die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Dr. Laura Bolz, Jan Kaufmann, Thomas Pfeffermann, Matthias Schaut und Dr. Kristina Stomper wesentliche Teile der Entscheidungspraxis ausgewertet und eingearbeitet. Schließlich sagen die Verfasser Frau Katharina Klein und Frau Annabell Linder für die Erstellung des Sachregisters und Frau Lara Schäfer für die Setzung der internen Verweise herzlich Dank. Darüber hinaus basiert das Werk noch immer teilweise auf Vorarbeiten, die von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die erste und die zweite Auflage geleistet und dort gewürdigt wurden.

      Die erste Auflage ging auf eine Untersuchung zurück, die die Autoren im Auftrag der Studienvereinigung Kartellrecht durchgeführt hatten. Die von der Studienvereinigung ausgeschriebene Studie zum Thema „Kartellrecht und Ökonomie“ sollte untersuchen, inwieweit neuere Ergebnisse der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung Eingang in die kartellrechtliche Gesetzgebung und Rechtsprechung gefunden haben. Dabei waren vor allem Fragen der Marktabgrenzung, der kollektiven Marktbeherrschung sowie der Prognose der Wettbewerbsintensität zu analysieren. Die Verfasser sind der Studienvereinigung für ihre Initiative, das Verhältnis von Kartellrecht und Ökonomie in einer interdisziplinären Studie untersuchen zu lassen, und für die großzügige Förderung der Untersuchung anhaltend dankbar. Die Vorbereitung der dritten Auflage wurde zudem gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder – EXC 2126/1-390838866.

      Hohenheim und Bonn, im Dezember 2020

      Ulrich Schwalbe und Daniel Zimmer

      Einleitung

      Das vorliegende Buch ist in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil werden die verschiedenen ökonomischen Effizienzbegriffe eingeführt und im Zusammenhang verschiedener Marktformen wie der vollkommenen Konkurrenz, dem Monopol und dem Oligopol diskutiert. Auch werden die für die die Untersuchung vor allem des Oligopols notwendigen spieltheoretischen Konzepte erläutert. Schließlich werden Besonderheiten der digitalen Ökonomie und ihre Auswirkungen auf den Wettbewerb dargestellt.

      Der zweite Teil befasst sich mit den Zusammenhängen zwischen dem ökonomischen Begriff der Marktmacht und dem juristischen der Marktbeherrschung. Dabei werden direkte und indirekte Methoden zur Feststellung von Marktmacht und Marktbeherrschung erörtert und Konzepte der Marktabgrenzung diskutiert. Die Anwendungspraxis zur Abgrenzung des relevanten Marktes und zur Feststellung von Marktbeherrschung wird eingehend analysiert und mit den wirtschaftswissenschaftlichen Konzepten abgeglichen.

      Die Auswirkungen von Marktstrukturveränderungen auf den Wettbewerb werden im dritten Teil behandelt. Der Fall einer