Александр Дюма

Die beiden Dianen


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      Die beiden Dianen

      Erstes bis drittes Bändchen

      I.

      Ein Grafensohn und eine Königstochter

      Es war am 5. Mai des Jahres 1551. Ein junger Mensch von achtzehn Jahren und eine Frau von vierzig kamen aus einem kleinen Hause von einfachem Aussehen und durchschritten nebeneinander das Dorf Montgommery, das in der Landschaft Auge lag.

      Der junge Mann war von der schönen normannischen Race mit kastanienbraunen Haaren, blauen Augen, weißen Zähnen und rosenfarbigen Lippen. Er hatte den frischen, sammetartigen Teint der Bewohner des Norden, der ihrer Schönheit vielleicht ein wenig das Kräftige benimmt und sie beinahe zu einer weiblichen Schönheit macht. Er war übrigens bewunderungswürdig gestaltet in seinem zugleich starken und biegsamen Wuchse, durch den er sich ebenso zur Eiche als zum Rohr hinneigte. Sein Anzug war einfach aber zierlich; er trug ein Wamms von dunkel veilchenblauem Tuch mit Stickereien von derselben Farbe. Seine Beinkleider waren von demselben Tuch und hatten dieselben Stickereien, wie sein Wamms; lange Stiefeln von schwarzem Leder, wie sie die Edelknechte trugen, gingen ihm bis über das Knie und ein leicht auf die Seite geneigtes, von einer weißen Feder beschattetes Toquet bedeckte eine Stirne, worauf sich die Anzeichen der Ruhe und der Festigkeit erkennen ließen.

      Sein Pferd, dessen Zügel er um seinen Arm geschlungen hielt, folgte ihm, hob von Zeit zu Zeit den Kopf in die Höhe, um die Luft einzuatmen, und wieherte bei den Strömungen, die ihm der Wind brachte.

      Die Frau schien, wenn nicht der untersten Klasse der Gesellschaft, doch wenigstens derjenigen anzugehören, welche zwischen diese und die bürgerliche gestellt ist. Ihre Tracht war einfach, aber von einer solchen Reinlichkeit, daß ihr gerade diese außerordentliche Reinlichkeit eine gewisse Eleganz verlieh. Wiederholt forderte sie der junge Mann auf, sich auf seinen Arm zu stützen, doch sie weigerte sich beständig, als ob diese Ehre über ihrer Stellung gewesen wäre.

      Während sie so fortschritten und dem äußersten Ende der Straße zugingen, welche nach dem Schlosse führte, dessen massige Thürme man den unansehnlichen Flecken beherrschen sah, war Eines zu bemerken: daß nicht nur die jungen Leute und die Männer, sondern auch die Greise sich bei seinem Vorübergehen tief verbeugten vor dem Jüngling, der ihnen mit einem freundschaftlichen Nicken des Kopfes antwortete. Jeder schien ihn, der, wie man bald sehen wird, sich selbst nicht kannte, als seinen Gebieter und Herrn anzuerkennen.

      Als sie das Dorf verließen, schlugen Beide den Weg oder vielmehr den Fußpfad ein, der sich jähe an der Seite des Berges aufwärts zog und kaum für zwei Personen neben einander Raum bot. Nach einigen Schwierigkeiten und auf die Bemerkung des jungen Cavaliers gegen seine Gefährtin, es wäre gefährlich für sie hinten zu gehen, da er sein Pferd am Zügel führen müsse, entschloß sich auch die gute Frau, voranzuschreiten.

      Der junge Mann folgte ihr, ohne ein Wort zu sprechen. Man sah, daß sich seine nachdenkende Stirne unter dem Gewichte einer mächtigen inneren Beschäftigung neigte.

      Es war ein schönes, furchtbares Schloß, das Schloß, dem die beiden an Alter und Lebenslage so verschiedenen Pilger zuwanderten. Vier Jahrhunderte und zehn Generationen waren nöthig gewesen, damit sich diese Steinmasse von ihren Grundfesten bis zu den Zinnen erhob, und, selbst ein Berg, den Berg beherrschte, auf dem man sie erbaut hatte.

      Wie alle Gebäude jener Zeit, bot das Schloß der Grafen von Montgommery keine Regelmäßigkeit. Die Väter vermachten es den Söhnen und jeder Eigenthümer fügte, nach seiner Laune oder nach seinem Bedürfnis, dem steinernen Riesen etwas bei. Der viereckige Thurm, die Hauptburg, wurde unter den Herzogen der Normandie erbaut. Dann fügten sich die Thürmchen mit den zierlichen Zinnen und ausgemeißelten Fenstern dem ernsten Thurme bei, ihre steinernen Zierraten im Verlaufe der Zeit vermehrend, als befruchtete die Zeit diese Granitvegetation. Gegen das Ende der Regierung von Ludwig II. und am Anfang der von Franz I. vervollständigte endlich eine lange Galerie mit Bogenfenstern die secularische Zusammenballung.

      Von dieser Gallerie oder vielmehr von der Höhe des Hauptthurmes erstreckte sich der Blick an mehren Stellen über die reichen, grünen Ebenen der Normandie. Denn die Grafschaft Montgommery lag, wie gesagt, im Lande Auge, und ihre acht bis zehn Baronien, so wie ihre hundert und fünfzig Lehen gehörten zu den Gerichtsbezirken Argentan, Caen und Alençon.

      Endlich kam man vor die große Pforte des Schlosses.

      Seltsamer Weise war die mächtige Burg seit mehr als fünfzehn Jahren ohne Herrn. Ein alter Vogt zog die Pachtzinse ein; Diener, welche auch in dieser Einsamkeit ergraut waren, unterhielten die Burg, die man jeden Tag öffnete, als ob jeden Tag der Herr hätte zurückkommen sollen, die man jeden Abend schloß, als ob der Gebieter am andern Tag erwartet würde.

      Der Vogt empfing die zwei Besuche mit derselben Freundschaft, welche Jeder gegen die Frau offenbarte, mit derselben Ehrfurcht, die Jeder dem jungen Mann zu zollen schien.

      »Meister Elyot,« sagte die Frau, welche, wie wir gesehen, voranging, »wollt Ihr uns wohl Eintritt in das Schloß gewähren? Ich habe Herrn Gabriel (sie deute auf den jungen Mann) etwas mitzutheilen und kann dies nur im Ehrensaale thun.«

      »Tretet ein, Dame Aloyse,« erwiderte Elyot, »sagt, wo Ihr wollt, was Ihr diesem jungen Herrn zu sagen habt. Ihr wißt, daß Euch leider Niemand stören wird.«

      Man durchschritt den Saal der Wachen. Früher wachten zwölf Männer von den Ländereien der Grafschaft beständig in diesem Saale. Seit fünfzehn Jahren waren sieben von diesen Männern gestorben, ohne daß man sie wieder ersetzt hatte. Fünf blieben und lebten hier, thaten denselben Dienst, den sie zur Zeit des Grafen gethan hatten, und warteten, bis die Reihe des Sterbens auch an sie käme.

      Man ging durch die Gallerie und trat in den Ehrensaal.

      Er war ausgestattet und geschmückt wie am Tage, wo ihn der letzte Graf verlassen hatte. Nur war in diesen Saal, wo sich früher, wie in den Gemächern eines obersten Lehensherrn, der ganze Adel der Normandie versammelte, seit fünfzehn Jahren Niemand mehr gekommen, als die mit der Unterhaltung desselben beauftragten Diener, und ein Hund, der Lieblingshund des letzten Grafen, der, so oft er eintrat, kläglich nach seinem Herrn schrie, eines Tags nicht mehr hinausgehen wollte und sich vor dem Prachthimmel niederlegte, wo man ihn am andern Tag todt fand.

      Nicht ohne eine gewisse Bewegung seines Gemüths trat Gabriel, – man erinnert sich, daß man dem Jüngling diesen Namen gegeben hatte, – trat Gabriel, sagen wir in diesen Saal mit den alten Erinnerungen. Doch der Eindruck, den er von diesen düsteren Wänden, von diesem majestätischen Prachthimmel, von diesen Fenstern empfing, welche so tief in die Mauer einschnitten, daß der Tag, obgleich es zehn Uhr Morgens war, außen stille zu stehen schien, dieser Eindruck war nicht mächtig genug, um ihn auch nur einen Augenblick von der Ursache abzuziehen, die ihn hierher geführt hatte, und sobald man die Thüre hinter ihm geschlossen, sagte er:

      »Nun, meine gute Aloyse, meine liebe Amme, in der That, obgleich Du mehr bewegt scheinst als ich selbst, hast Du doch keinen Vorwand, das Bekenntniß zu verschieben, das Du mir versprochen. Du mußt nun ohne Furcht und besonders ohne Verzug sprechen, Aloyse. Hast Du nicht lange genug gezögert, gute Amme, und habe ich nicht als gehorsamer Sohn lange genug gewartet? Wenn ich Dich fragte, welchen Namen ich zu führen berechtigt, welche Familie die meinige, welcher Edelmann mein Vater wäre, da antwortetest Du mir: »Gabriel, ich werde Euch dies Alles an dem Tage sagen, wo Ihr achtzehn Jahre alt seid, und damit das Alter der Volljährigkeit für Jeden, der den Degen zu führen berechtigt ist erreicht habt.« Heute, am 5. Mai 1551 habe ich mein achtzehntes Jahr zurückgelegt, ich bin gekommen, meine gute Aloyse, um Dich aufzufordern, Dein Versprechen zu halten, doch mit einer Feierlichkeit, die mich beinahe erschreckte, antwortetest Du mir: »Nicht im Hause der Witwe eines armen Stallmeisters darf ich Euch Euch selbst entdecken; es muß in dem Schloß des Grafen von Montgommery, und zwar im Ehrensaale dieses Schlosses geschehen.« Wir haben den Berg erstiegen, gute Aloyse, wir haben die Schwelle des Schlosses der edlen Grafen überschritten, wir sind in dem Ehrensaale, sprich also.«

      »Setzt Euch, Gabriel, denn Ihr werdet mir erlauben, Euch noch einmal diesen Namen zu geben.«

      Der junge Mann ergriff ihre Hände mit einer Bewegung tiefer Zärtlichkeit.

      »Setzt Euch,« fuhr sie fort, »nicht auf diesen Sessel, nicht auf diesen Lehnstuhl.«

      »Wohin