Джек Марс

Attentäter Null


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sollte gleich ankommen. Er wollte nach der Arbeit noch ein paar Sachen für morgen einkaufen.”

      Nach der Arbeit. Sie sagte es so gelassen, als ob er nach getaner Arbeit ein Büro anstatt der CIA Hauptquartiere in Langley verließe.

      Sara setzte sich an der Theke, welche die Küche und das kleine Esszimmer voneinander trennte, auf einen Barhocker. „Was macht die Akademie?”

      Maya lehnte sich mit den Ellenbogen auf die Theke. „Die Akademie ist...” Sie hielt inne. Obwohl sie erst achtzehn war, besuchte sie gerade ihr zweites Jahr in West Point in New York. Sie hatte das letzte Jahr der High School übersprungen und wurde an der Militärakademie aufgrund eines Briefes des ehemaligen Präsidenten Eli Pierson angenommen. Agent Null hatte ein Attentat auf ihn vereitelt. Jetzt war sie Klassenbeste, vielleicht sogar die Beste der ganzen Akademie. Doch ein kürzlicher Streit mit ihrem Ex-Freund Greg Calloway hatte zu Schikanen und etwas Mobbing geführt. Maya weigerte sich, es an sie heranzulassen, doch sie musste zugeben, dass es ihr in letzter Zeit das Leben erschwert hatte. Greg hatte viele Freunde und es waren alles ältere Jungs an der Akademie, denen Maya es mindestens ein oder zwei Mal bewiesen hatte.

      „Die Akademie ist toll”, sagte sie letztendlich und erzwang ein Lächeln. Sara hatte schon genügend eigene Probleme. „Aber irgendwie langweilig. Ich will wissen, wie es mit dir steht.”

      Sara prustete fast und streckte dann ihre Hände zur Seite heraus, um in einer großen Geste auf die Wohnung zu zeigen. „Du schaust es dir an. Ich bin verbringe jeden Tag ganz hier. Ich schaue Fernsehen. Ich gehe nirgendwo hin. Ich habe kein Geld. Papa hat mir ein Handy auf seinem Plan gekauft, damit er meine Anrufe und SMS überwachen kann.” Sie zuckte mit einer Schulter. „Es ist wie eines dieser vornehmen Gefängnisse, in das sie Politiker und Berühmtheiten stecken.”

      Maya lächelte traurig über den Witz und fragte dann vorsichtig: „Aber du bist... sauber?”

      Sara nickte. „Soweit wie möglich.”

      Maya zog die Stirn in Falten. Sie wusste über viel Bescheid, doch Drogenkonsum gehörte nicht dazu. „Was bedeutet das?”

      Sara starrte die Granittheke an, zog mit ihrem Zeigefinger kleine Kreise über die glatte Fläche. „Das bedeutet, dass es schwer ist”, gab sie leise zu. „Ich dachte, dass es nach den ersten paar Tagen leichter würde, nachdem der ganze Stoff aus meinem Körper war. Doch das wurde es nicht. Es ist... es ist, als ob mein Gehirn sich immer noch an das Gefühl erinnert, es immer noch vermisst. Die Langeweile hilft nicht. Aber Papa will noch nicht, dass ich mir einen Job suche. Er will nicht, dass ich Geld habe, bis es mir besser geht.” Sie schnaubte verächtlich und fügte hinzu: „Er will, dass ich für die High School Prüfungen lerne.”

      Das solltest du auch, stieß Maya fast hervor, doch hielt sich im Zaum. Sara hatte die High School abgebrochen, nachdem ihr die Emanzipierung zugesprochen wurde, doch das Letzte, was sie jetzt brauchte, war eine Standpauke, besonders, wenn sie sich ihr so öffnete.

      Doch Eines war ganz klar: Saras Problem war schlimmer, als Maya bemerkt hatte. Sie dachte, dass ihre jüngere Schwester nur ein wenig experimentiert hatte, und dass die Beinahe-Überdosis an Pillen nur ein Unfall war. Doch das Gegenteil war der Fall. Sara war eine genesende Süchtige. Und es gab nichts, was Maya tun konnte, um ihr zu helfen. Sie wusste nichts über Abhängigkeiten.

      Doch stimmt das wirklich?

      Sie erinnerte sich plötzlich an eine Nacht, etwa zwei Wochen zuvor, als sie ihre Zimmerpartnerin geweckt hatte, weil sie um ein Uhr nachts aus dem Fitnessstudio kam. Die verärgerte Kadettin hatte ihr halb schlafend etwas zugemurmelt, das wie ,Fitness Junkie’ klang. Und dann war Maya noch eine weitere Stunde wachgeblieben, um zu lernen, nur damit sie um sechs Uhr morgens joggen gehen konnte.

      Je mehr sie darüber nachdachte, desto mehr wurde sie sich bewusst, dass sie sehr wohl über Abhängigkeit Bescheid wusste. War sie nicht davon abhängig, sich zu beweisen? Hatte sie nicht ihren Rausch in ihrem eigenen Erfolg gefunden?

      Und ihr Vater war trotz des ganzen Tumults der letzten zwei Jahre wieder zu seinem Beruf zurückgekehrt. Sara vermisste den chemischen Rausch, sowie Maya Erfolg brauchte und ihr Vater den Nervenkitzel der Jagd suchte - vielleicht waren sie einfach nur eine Familie voller Abhängiger.

      Aber Sara ist die Einzige, die es zugegeben hat. Vielleicht ist sie die Klügste von uns allen.

      „Hey.” Maya lehnte sich zu ihr herüber und legte ihre Hand auf Saras. „Du kannst das schaffen. Du bist stärker, als du glaubst. Und ich glaube an dich.”

      Sara lächelte halb. „Da bin ich aber froh, dass einer das tut.”

      „Ich rede mit Papa”, bot Maya ihr an. „Mal sehen, ob er sich nicht ein bisschen entspannt, dir etwas Freiraum gibt -”

      „Nein,” unterbrach sie Sara. „Papa ist nicht das Problem. Er geht toll mit mir um, vielleicht viel besser, als ich es verdient habe.” Ihr Blick schweifte über den Boden. „Ich bin das Problem. Weil ich ganz genau weiß, dass wenn ich hundert Dollar in der Tasche hätte und hinkönnte, wo ich wollte, er mich wieder abholen müsste. Und das nächste Mal kommt er vielleicht nicht rechtzeitig an.”

      Mayas Herz brach, als sie offensichtliche Qual in den Augen ihrer Schwester bemerkte und wusste, dass es nichts gab, was sie tun könnte, um zu helfen. Sie hatte nur leere Worte der Ermutigung, die bedeutungslos waren, um ihre Probleme zu lösen.

      Plötzlich fühlte sie sich ganz fehl am Platz in dieser fremden Küche. Sie hatten zusammen so viel durchgestanden. Aufgewachsen. Um ihre Mutter getrauert. Ihren Vater entdeckt. Familienurlaub und Flucht vor Mördern. Die Art von Dingen, von denen man annahm, dass sie zwei Menschen einander näherbrachten, eine unzerbrechliche Verbindung schafften, hatten stattdessen die leere Stille erzeugt, die sich in dem Raum zwischen ihnen aufblähte.

      Würde es jetzt immer so sein? Würde das Mädchen vor ihr immer unerkennbarer werden, bis sie nur noch Fremde waren, die zufällig verwandt waren?

      Maya wollte etwas sagen, irgendwas, um sich davon zu überzeugen, das sie falsch lag. Sich gemeinsam an einen glücklichen Moment erinnern. Oder sie Mäuschen nennen, ihren Spitznamen aus der Kindheit, den sie wer weiß wie lange schon nicht mehr benutzt hatte.

      Bevor sie überhaupt etwas sagen konnte, rasselte der Türknauf hinter ihnen. Maya drehte sich um, als die Tür aufging, ihre Hände ballten sich instinktiv zu Fäusten an ihrer Seite. Ihre Nerven spannten sich immer noch an, wenn es um unerwartete Eindringlinge ging.

      Doch es war kein Eindringling. Es war ihr Vater, der zwei Einkaufstaschen trug und scheinbar vorsichtige Schritte in die Küche tat, als er sie sah.

      „Hallo.”

      „Hallo Papa.”

      Er stellte die Einkaufstaschen auf den Boden und ging einen Schritt auf sie zu, öffnete die Arme, doch hielt dann inne. „Darf ich...?”

      Sie nickte einmal und er legte seine Arme um sie. Es war zuerst eine zögerliche Umarmung - doch dann bemerkte Maya seltsamerweise, dass er immer noch genauso roch. Es war ein überwältigend nostalgischer Duft, ein Duft aus ihrer Kindheit, der nach tausend weiteren Umarmungen roch. Und vielleicht war sie älter und vielleicht sah Sara anders aus, vielleicht war sie sich immer noch nicht ganz sicher, wer ihr Vater war und vielleicht standen sie an einem neuen Ort, den sie Zuhause nennen sollte, doch in diesem einen Moment fühlte sich nichts davon wichtig an. Der Moment fühlte sich an wie Zuhause und sie lehnte sich an ihn, drückte ihn fest an sich.

      *

      Maya zog die Glasschiebetür am Ende der Wohnung auf und sich einen Kapuzenpulli an, um sich vor der kühlen Nachtluft zu schützen. Die Wohnung hatte keinen Garten, aber es gab eine kleine Veranda, die mit einem kleinen Tisch und zwei Stühlen ausgestattet war.

      Ihr Vater saß in einem von ihnen, nippte an einem Glas mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit. Maya setzte sich auf den anderen