Alex Rankly

LadyBoy Lucy | Transsexuelle Abenteuer


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      LadyBoy Lucy | Transsexuelle Abenteuer

      von Alex Rankly

      Alex Rankly wurde als Sohn einer Journalistin und eines US-Soldaten in England geboren und verbrachte seine Kindheit und Jugend an Stützpunkten auf allen Kontinenten. Erst in seinen Zwanzigern fand er in Irland eine Heimat, wo er als Fotograf arbeitet und Geschichte und Psychologie studiert.

      Lektorat: Nicola Heubach

      Originalausgabe

      © 2019 by blue panther books, Hamburg

      All rights reserved

      Cover: © MPIXTURE.COM @ shutterstock.com

      Umschlaggestaltung: MT Design

      ISBN 9783964778505

      www.blue-panther-books.de

       1

      Ungefähr zu der Zeit, als die Trennung von Gerhard Fürnkranz und seiner langjährigen Frau Monika endgültig, und wie man sagen könnte, zivilisiert über die Bühne gegangen war, hatte Fürnkranz eine Idee, die sein Leben nachhaltig verändern sollte. Die kleine Spritzgussfirma, die er in dritter Generation führte, hatte ihm und seiner Frau ein komfortables aber keineswegs luxuriöses Leben ermöglicht. Sie konnten sich allerhand leisten, aber Fürnkranz steckte sehr viel Zeit in die Akquisition neuer Aufträge und auf die Entwicklung der Produkte. Wenn nach wochenlangen Einstellungsarbeiten an den Kunststoffgussgeräten alles lief, wie er sich das vorstellte, und die Qualitätsabnahme zufrieden war, gönnte er sich kleine Arbeitspausen. Er war jedoch vom Charakter her so gestrickt, dass er schon nach wenigen Tagen nach Verbesserungsmöglichkeiten hinsichtlich der Produktion oder den Entstehungskosten suchte. So kam er dann im Jahresschnitt auf über sechzig Wochenstunden und das hinterließ Spuren, sowohl, was seine körperliche Verfassung betraf, als auch im Zusammenleben mit Monika. Sie hatte sich ausbedungen, nur zehn Stunden in der Woche ihre buchhalterischen Fähigkeiten im Büro zur Verfügung zu stellen, weil sie ja auch noch den Haushalt in der von den Großeltern Fürnkranz nach deren Tod übernommenen Villa führte. Diese war von der Raumausstattung äußerst großzügig und stand in einem prächtigen Park hinter der Fabrik. Fürnkranz hatte nach der Hochzeit das Renovierungsprojekt gemeinsam mit seiner jungen Frau voller Elan in Angriff genommen und die Zehn-Zimmer-Villa in Erwartung baldiger Nachkommenschaft mit viel eigener Arbeitskraft und vielleicht etwas zu viel Kapital zu einem wahren Schmuckstück gestaltet.

      Leider standen die drei mit viel Liebe eingerichteten Kinderzimmer auch nach acht Jahren Ehe immer noch leer. Fürnkranz und seine Gattin hatten sich redlich bemüht, aber ihre zunächst äußerst leidenschaftlichen und unzähligen Anstrengungen blieben ebenso unbelohnt, wie die halbherzigen Annäherungen der letzten Zeit, die eher technischen Charakter hatten. Fürnkranz spürte, dass seine Frau das Scheitern an diesem erklärten Ziel ebenso wie er als ein gemeinsames Versagen beurteilte. Die Arztbesuche wurden ebenso weniger wie die Gespräche und das gegenseitige Trösten. Irgendwann war die Luft aus der Beziehung komplett raus, und als Monika nach einem dieser energie- und gesprächslosen Wochenenden die Trennung vorschlug, stimmte Fürnkranz ohne Vorbehalte zu, obwohl er sich bis dahin nicht eingestanden hatte, dass die gemeinsame Zeit ein Ende haben musste.

      Monika liebte ihn, kam aus einer gut situierten Familie und da sie weder Fürnkranz noch die Firma ruinieren wollte, regelten sie die Scheidung ohne finanzielle Streitereien und zum Wohle beider.

      Fürnkranz war jetzt zweiundvierzig Jahre. Er lebte allein in einem riesigen Haus, das eigentlich für eine Großfamilie gedacht war, und kam sich darin so einsam vor, dass er manchmal im Büro schlief, wenn er sich wieder einmal bis in die Morgenstunden mit neuen Kundenaufträgen und der entsprechenden Adaption der Spritzgussmaschinen auseinandergesetzt hatte. Auch wenn er sich seiner jetzigen Ex-Frau in den letzten Jahren immer mehr entfremdet hatte, riss ihr Fortgehen und ihre Abwesenheit doch ein großes Loch in sein Inneres. Auch nach mehreren Monaten war er nicht in der Lage, eine neue Beziehung zu suchen.

      Ein Vorarbeiter hatte ihm erzählt, dass er Monika schon mit einem neuen Mann im Restaurant gesehen hatte. Er freute sich für sie, aber er selbst hatte weder die Kraft noch die Lust, andere Frauen anzusprechen. Der vermehrte Arbeitseinsatz zeigte Wirkung, die Geschäfte liefen gut. Und eines Nachmittags, als Fürnkranz nach einer Besprechung mit einem neuen Kunden auf dem Nachhauseweg war, hatte er die entscheidende Idee ...

      Er fuhr langsam zwischen zwei LKWs auf der rechten Spur und dachte über die Forderungen nach, die der neue Geschäftspartner gestellt hatte. Das Tempo des Lastwagens war angenehm für ihn und er fuhr in einem tranceartigen Zustand, wie er es von vielen anderen Fahrten auf der Autobahn kannte. Plötzlich platschte eine riesige schwarze Schlange über die gesamte Breite seiner Windschutzscheibe. Der ungeheure Lärm, der dadurch entstanden war, die Einschränkung der Sicht und vor allem sein Puls, der plötzlich raste, zwangen Fürnkranz abzubremsen und auf den Pannenstreifen zu lenken. Der LKW, der die ganze Zeit hinter ihm gefahren war, wich ein wenig aus, hupte laut und dann erst begann Fürnkranz, langsam durchzuatmen und beruhigte sich. Ein Blick in den Rückspiegel zeigte ihm, dass er gefahrlos aussteigen konnte. So betrat er den rauen Asphalt des Pannenstreifens. Er ging ums Auto zur Beifahrerseite, um so weit wie möglich vom Verkehr der vorbeirasenden Autos entfernt zu sein, und dann betrachtete er das ungefähr zwei Meter lange Ding, das zum Teil an der Scheibe klebte, zum anderen Teil in Windungen auf der Motorhaube lag. Fürnkranz sah kurz auf und wunderte sich wieder einmal, welchen entsetzlichen Lärm der Verkehr auf der Autobahn verursachte, dann nahm er die Gummischnur von seinem Auto und hängte sie über die Absperrung, die die Autobahn vom angrenzenden Acker trennte. Er wusste, was es war, schon oft war er über diese Gummidichtungen gefahren, die zwischen den einzelnen Asphalt- oder Betonteilstücken auf der Autobahn lagen. Manchmal lagen sie wie riesige Schlangen herum, die einfach nicht zerquetscht werden konnten, manchmal krümmten sie nur den Rücken und lugten ein wenig aus dem Spalt. Als Autofahrer hörte man nur ein leises Rumpeln, wenn ein Reifen dagegenstieß. Aber dass ein Lastwagen eine dieser Dichtungen durch die Luft schleuderte, wie es gerade passiert war, das hatte er noch nie erlebt. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn ein Motorradfahrer getroffen worden wäre.

      Fürnkranz stieg wieder ein und setzte seinen Weg fort, aber dieser glimpflich verlaufene Zwischenfall ließ ihm keine Ruhe. Langsam, wie ein Sonnenaufgang, erstrahlte eine Idee aus irgendeinem Bereich seines Hirns, und als die Sonne dieser Idee am Zenit stand, lachte Fürnkranz, denn er wusste, dass sich sein Leben drastisch zum Besseren verändern würde.

      Auf dem betonierten Parkplatz neben der Fabrik, wo die zu schmelzenden Kunststoffgranulate von Lastern angeliefert und die fertigen Plastikprodukte abgeholt wurden, hatten sich über die Jahre tiefe Risse gebildet und Fürnkranz hatte einen Haustechniker, der sich als Mädchen für alles verstand, gebeten, diese Spalten auszubessern. In der Annahme, dass der Arbeiter den Fertigasphalt benutzen würde, kontrollierte er einige Tage nach dem Auftrag die Arbeit und staunte nicht schlecht, dass statt des erwarteten Schwarz eine bunte Mischung aus den Rissen hervorlugte. Er bückte sich und drückte auf die Masse, die wie ein schaumiger Kleber mit bunten Konfettis aussah. Die Oberfläche war druckfest, aber doch ein wenig elastisch und klebte felsenfest am Beton. Später erzählte ihm der Arbeiter, dass er einfach ein Gemisch aus Zwei-Komponentenbeton, der bei ihm zu Hause übrig geblieben war, Granulatreste und einem zusätzlichen Härter gebraut und hineingegossen hätte. Zwei Jahre später, vor allem nach einem ziemlich harten Winter, hatten sich weder die Konsistenz noch die Oberfläche wesentlich verändert. Hier witterte Fürnkranz seine Chance.

      Schon nach wenigen Versuchen hatte der Laborarbeiter eine zufriedenstellende Mischung gefunden, die er in die Kartuschen einer doppelläufigen Handpresse füllte und gemeinsam mit Fürnkranz an der Mauer eines baufälligen Schuppens auf dem Fabrikgelände testete. Als Fürnkranz sah, wie der Schaum in jede noch so kleine Ritze vordrang, alles ausfüllte, die überschüssige Masse mit einem speziellen Gummispatel abgezogen werden konnte und so eine perfekte, glatte Oberfläche hinterließ, wurde sein Kopf heiß und eine Welle der Zuversicht durchfuhr ihn.

      Obwohl das Produkt schon in der ersten Phase sehr vielversprechende Ergebnisse lieferte, dauerte es noch drei Jahre, bis alle nötigen Testreihen durchlaufen waren und der Fürnkranz-Dichtschaum in die Massenproduktion ging.