Günter Dönges

Der exzellente Butler Parker 19 – Kriminalroman


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ction> Der exzellente Butler Parker – 19 –

      »Ich werde Ihnen jetzt mal zeigen, was man aus diesem Wagen herausholen kann«, sagte Agatha Simpson und trat näher an den Flitzer heran. »Helfen Sie mir ins Cockpit, junger Mann, ich gedenke einen neuen Rundenrekord aufzustellen!«

      »Aber Mylady, ich bitte Sie!« Rupert Warner starrte die ältere Dame erschrocken an und sah hilfesuchend zu Parker, dessen glattes, ausdrucksloses Gesicht keinerlei Regung zeigte. Warner schüttelte den Kopf und breitete bedauernd die Arme aus. Seit einigen Jahren betrieb er mit beachtlichem Erfolg seinen eigenen Rennstall in der Nähe von London und konstruierte Formel-Eins-Rennwagen, die bereits eine Reihe von Siegen eingefahren hatten.

      »Wirklich, Mylady, ich fürchte, das ist nur möglich, wenn wir die Verkleidung abmontieren.«

      »Dann tun Sie es«, verlangte die Lady kurzerhand.

      Josuah Parker nickte Warner freundlich zu. »Möglicherweise sollte man Myladys Vorschlag befolgen, Sir.«

      Nach einer halben Stunde war das Werk getan und Warners Konstruktionsehre gerettet. Agatha Simpson fand die richtigen Schalter und Hebel, die Maschine des schlanken Renners röhrte wütend auf...

      Aus den armdicken Auspuffrohren schlugen die Flammen. Mylady gelang es, die Kupplung zu betätigen und einen Gang einzulegen. Der Renner machte einen gewaltigen Satz nach vorn, schoß auf die Piste und verschwand um die erste Kurve, nicht ohne die Seitenbegrenzung zu überfahren und einige zur Sicherheit dort gestapelte Strohballen durch die Luft zu wirbeln.

      Während in der Ferne allmählich das Brüllen des Motors leiser wurde und auch das Krachen der von Mylady mißhandelten Kupplung kaum noch zu hören war, starrte Rupert Warner kopfschüttelnd auf die dicken, schwarzen Streifen, die von den Reifen stammten, und konnte es nicht fassen.

      Vor wenigen Tagen hatte er Mike Rander angerufen und um Hilfe gebeten, da es immer wieder zu unerklärlichen Pannen kam, die eindeutig auf Sabotage zurückzuführen waren. Warner hatte zusammen mit Mike Rander, Myladys Anwalt und Vermögens Verwalter, ein Jurastudium begonnen, es aber sehr rasch als zu trocken empfunden und sich dem Ingenieurberuf zugewandt.

      »Hoffentlich passiert dem Wagen nichts, Mister Parker. Haben Sie eine Ahnung, was so’n Ding kostet?«

      »Man kann es sich durchaus vorstellen, Sir«, ließ sich Parker vernehmen. »Sie sollten sich jedoch keine unnötigen Sorgen machen. Mylady pflegt im allgemeinen ein sehr inniges Verhältnis zur Technik, wie man Ihnen versichern darf.«

      »Man hört es.« Warner stöhnte gequält auf, als wieder das Krachen der Kupplung zu ihnen herüberdrang. Agatha Simpson hatte offensichtlich nach wie vor gewisse Probleme, die Schaltung des Renners zu »überreden«.

      Einen Moment später kam sie wieder am Werkstattgebäude vorbei. Während sie haarscharf an dem Reifenstapel vorbeidonnerte, auf dem Warner noch vor wenigen Augenblicken gesessen hatte, winkte sie den beiden Männern am Pistenrand freundlich zu. In der Kurve räumte sie diesmal die Strohballen auf der anderen Seite weg und entschwand dann wieder Warners und Parkers Blicken.

      »Es ist ja nicht nur das viele Geld, das in so einem Wagen steckt, Mister Parker«, setzte Rupert Warner seine Klage fort. »Man muß dabei auch an die Arbeit und den Erfindergeist denken, die in ein solches Fahrzeug investiert wurden. Außerdem haben wir es auf Myladys Maße schnell zurechtgestutzt.«

      »Man kann Sie voll und ganz verstehen, Sir«, versicherte Parker, während seine Herrin gerade wieder vorbeijagte. »Ist der Wagen – mit Verlaub – voll getankt?«

      Warner hob hoffnungsvoll den Kopf und sah den Butler lächelnd an. »Daß ich daran nicht gedacht habe!« Er baute sich vor Parker auf, legte ihm die Hände auf die Schultern und sah ihm gerührt in die Augen. »Ich danke Ihnen, Mister Parker, Sie haben mir neuen Mut gegeben. Ich glaube, der Sprit reicht höchstens für vier Runden, länger auf keinen Fall.«

      »Eine durchaus glückliche Fügung, Sir«, fand Parker und befreite sich diskret von den Händen des Rennstallbetreibers.

      *

      »Das war doch pure Absicht, Mister Parker«, beschwerte sich Lady Agatha etwas später, als sie zu Fuß zum Werkstattgebäude zurückkam. »Ich rede vom fehlenden Sprit«, erregte sie sich und maß ihren Butler mit eisigem Blick. »Sie haben bestimmt gewußt, daß der Tank so gut wie leer war.«

      »Mylady sehen meine bescheidene Wenigkeit zerknirscht«, gestand Parker und deutete eine Verbeugung an. »Man hätte sich vor Fahrtantritt vergewissern müssen, daß der Tank gefüllt ist.«

      Bevor Lady Agatha näher darauf eingehen konnte, rollte der Renner mit dem Geheimfavoriten der Saison am Steuer heran, und der junge Brasilianer wand sich geschmeidig aus dem Cockpit. Wütend baute er sich vor Lady Agatha auf und musterte sie mit funkelnden Augen von oben bis unten, dann drehte er sich zu seinem Chef um und fauchte: »Was soll das, Rupert, wie kannst du dieser alten Schachtel einen Wagen geben und sie damit auf die Piste schicken? Fast hätte sie mich gerammt und meinen Wagen zu Schrott gefahren.«

      Bevor der etwas unglücklich dreinblickende Rennstallbesitzer antworten konnte, meldete sich schon die ältere Dame zu Wort.

      »Das war doch eben eine Beleidigung, Mister Parker?« vergewisserte sie sich und wippte erwartungsvoll auf den Fußballen. »Ich habe mich auf keinen Fall verhört...«

      »Mister Lopez ist wohl etwas das Temperament durchgegangen, Mylady«, entschuldigte Parker den Brasilianer. »Sicher bedauert er seine Bemerkung bereits und möchte Mylady um Entschuldigung bitten.«

      »Ich habe nicht die Absicht, mich zu entschuldigen!«

      Der junge Champion wirbelte zu Parker herum und maß ihn wütend von oben bis unten. »Ich habe es genauso gemeint, wie ich es gesagt habe! Wie kann man denn diese unmögliche Fahrerin auf die Menschheit loslassen? Fast hätte mich diese Dilettantin umgebracht!«

      »Genug der Worte, jetzt müssen Taten sprechen!« Lady Agatha war nicht bereit, ihren Einsatz länger hinauszuschieben. Sie nahm Maß, holte aus und versetzte dem Brasilianer eine Ohrfeige.

      Bevor sich der junge Mann davon erholen konnte, verpaßte ihm die Lady aus Gründen der Symmetrie eine zweite, so daß auf beiden Wangen ihre Finger zu sehen waren. Der Brasilianer schnappte hörbar nach Luft und rieb sich verdutzt die schmerzenden Stellen.

      Lady Agatha sah sich tatendurstig nach anderen Waffen um und entschied sich für einen breiten Rennreifen. Sie hob ihn mit erstaunlicher Leichtigkeit, zielte kurz und ... hängte den Reifen dem Rennfahrer um den Hals, der sich dieser Belastung jedoch nicht gewachsen zeigte. Er knickte leicht in den Knien ein, geriet ins Schwanken und versuchte verzweifelt, sich von dem seltsamen Halsschmuck zu befreien.

      Agatha Simpson mißverstand seine Bemühungen gründlich und fehlinterpretierte sie als Bitte um einen zweiten Pneu. Diesem Wunsch kam die Detektivin unverzüglich nach. Sie ergriff einen weiteren Reifen und streifte ihn dem Champion über den Kopf. Daraufhin beschloß er, sich auf dem Asphalt vor der Werkstatt niederzulegen und die Entfernung seines Halsschmucks zu betreiben.

      Rupert Warner starrte verblüfft auf die seltsame Szene. Er wußte offensichtlich nicht, wie er reagieren sollte. Endlich raffte er sich dann auf, seinen Protest anzumelden.

      »Aber Mylady, ich bitte Sie!« Warner griff sich an den Hals und schien unter Schluckbeschwerden zu leiden. Er räusperte sich energisch und konnte nach mehreren Anläufen endlich weitersprechen. »Sie stürzen meinen besten Fahrer ins Unglück, Mylady. Bitte lassen Sie ihn in Ruhe.«

      »Dieser Lümmel hat mich beleidigt, das haben Sie selbst gehört!« Lady Agatha musterte den Rennstallbesitzer empört und schüttelte energisch den Kopf. »So etwas lasse ich mir grundsätzlich nicht bieten, das sollten Sie sich für die Zukunft merken.«

      »Sicher, Mylady ... werde ich, ganz bestimmt.« Rupert Warner nickte eifrig und half seinem Fahrer auf die Füße, der nach wie vor einen verwirrten Eindruck machte und die Lady scheu von der Seite musterte.

      »Nun gut, junger Mann, ich will nicht so sein«, gab sich Lady Agatha großzügig. »Dafür werde ich ein andermal auf Ihr Angebot zurückkommen, Ihren Rennwagen gründlich zu testen.«

      »Ich werde Sie anrufen