Ulrike Barow
Dornröschen muss sterben
Baltrumkrimi
Zum Autor
Ulrike Barow wuchs in Gütersloh auf und machte eine Ausbildung zur Buchhändlerin. Danach zog es sie zum Lieblingsurlaubsort ihrer Kindheit, der kleinen Nordseeinsel Baltrum. Dort lernte sie ihren Mann kennen und arbeitete im Einzelhandel sowie im familieneigenen Vermietungsbetrieb. Nebenbei verfasste Ulrike Barow Artikel für die Lokalzeitung. Vor einigen Jahren griff sie die Idee auf, Baltrum-Krimis zu schreiben. Viele Kurzgeschichten sind seitdem ebenfalls entstanden. Inzwischen lebt sie mit ihrer Familie nicht nur auf der Insel, sondern auch in der schönen ostfriesischen Stadt Leer.
Impressum
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sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
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Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
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Alle Rechte vorbehalten
1. Auflage 2020
(Originalausgabe erschienen 2009 im Leda-Verlag)
Herstellung: Mirjam Hecht
Umschlaggestaltung: Katrin Lahmer
unter Verwendung eines Fotos von: © dirk / stock.adobe.com
ISBN 978-3-8392-6424-9
1
»He, du, ›mitmachen‹ heißt die Devise. Hier sind zwei Felder, wie du siehst, und auf dem einen fehlt uns noch genau eine Person für die komplette Mannschaft. Also, auf geht’s. Du kannst doch Volleyball spielen, oder?«
Hendrik registrierte erst, dass er gemeint war, als eine große, blonde Frau lachend auf ihn zukam und ihm einen rot-weißen Ball in die Hand drückte. Er hatte sich auf einen ruhigen Strandspaziergang gefreut. Nun sah er, dass die weite Sandfläche zwischen Randdünen und Badestrand mit buntem Flatterband in viele Felder aufgeteilt war. Verunsichert schaute er auf den Ball.
Er wollte sich mit mangelnder Spielpraxis herauswinden, aber die Blonde redete unbekümmert weiter auf ihn ein. »Gehörst du auch zu ’nem Verein? Ach nee, bestimmt nicht, sonst würdest du nicht so verträumt hier rumstehen und den Möwen nachschauen. Ich bin übrigens Britta. Britta Saathoff vom Postsportverein aus Leer. Ich gehöre zu den Leuten, die die Strandspiele vorbereiten. Am Himmelfahrtstag fangen sie an. Hast du doch bestimmt schon von gehört? Drei Tage lang Sport, Spaß und gute Laune.«
»Also, ehrlich gesagt war ich bis jetzt fast nur am Hafen.« Hendrik zuckte bedauernd mit den Schultern. »Aber wenn ich gewusst hätte, was hier los ist, wäre ich natürlich schon viel früher mal vorbeigekommen. Ich heiße Hendrik und bin mit der Antje hier.« Hendrik glaubte, Bedauern in Brittas Augen zu lesen und beeilte sich richtigzustellen: »Die Antje ist mein Segelboot. Eine Hai 590. Mit dem liege ich im Bootshafen. Du kannst es dir gerne mal anschauen, wenn du magst.«
»Komme ich drauf zurück, wenn mir meine Truppe mal Ausgang gibt. Aber jetzt wird gespielt. Gehört auch zur Vorbereitung. Man muss schließlich fit sein, wenn die anderen Vereine mit ihren Spielern hier auflaufen.« Britta drehte sich um und sprintete zum Volleyballfeld. Ihm blieb nichts anderes übrig, als ihr nachzulaufen. Schließlich hielt er immer noch den Ball in der Hand.
2
Die Leinen und Taue der Segelboote im Baltrumer Hafen sangen eine immer wiederkehrende monotone Melodie, und das dunkle Hafenwasser brach sich mit leisem Gluckern an den Booten, als Hendrik am Himmelfahrtsmorgen die karierte Gardine vor dem kleinen Bullauge zur Seite schob. Was er sah, rief ein zufriedenes Lächeln auf sein Gesicht. Blauer Himmel. Genau das Richtige, wenn man sich mit einer netten Frau in den Dünen treffen wollte. Drei wunderschöne Tage und Nächte hatte er jetzt schon mit Britta verbracht und hätte auch nichts dagegen einzuwenden, wenn es bis zu seiner Abfahrt so weiterginge.
Er stand auf, verstaute sein Bettzeug und öffnete die Luke. Draußen schaute Klaas Bengen bei den drei Neuankömmlingen, ob alles in Ordnung war.
»Moin, Klaas, was macht dein Boot?«, rief Hendrik. Er wusste, dass er den muffeligen Hafenmeister damit ordentlich ärgern konnte, denn dessen Motorboot lag noch hoch und trocken wegen eines Maschinenschadens auf einem Trailer am Bootshaus. Genau konnte er die Antwort nicht verstehen, es klang aber so ähnlich wie ›Leck mich doch‹. Das hättest du wohl gern, dachte er grinsend.
Mit Kulturbeutel und Handtuch machte sich Hendrik auf den Weg zu den Duschen hinter dem Bootshaus.
Fast alle Stege waren mit Booten belegt, und bei den meisten bestand die Besatzung aus ganzen Familien, sogar mit Bordhund. Vater wollte segeln und alle mussten mit. Ein Boot war nicht billig, also wurde es abgewohnt und abgeurlaubt, ob es der Familie nun passte oder nicht. Gelangweilte Ehefrauen, maulende Kinder, der Hund konnte auch nicht immer, wann er musste, Hauptsache: Papa hatte Spaß. Genau vor Hendrik betrat gerade so ein typischer Fall von Segler die Dusche. Klaus Kuhlmann. Er hatte zwar keine Kinder an Bord, soweit Hendrik es mitbekommen hatte, aber einen Hund. Und eine äußerst attraktiv aussehende Gattin. Klaus Kuhlmann war mit der Achteran im Hafen. Blöder Name, fand Hendrik.
»Moin, Hendrik, stell dir vor, meine Fock ist im Eimer, dabei wollten wir noch weiter nach Langeoog. Ich will doch in dieser Woche alle sieben Inseln schaffen. Borkum, Juist und Norderney habe ich schon durch. Leider wartet am Montag aber wieder die Arbeit auf mich. Meine Frau hat sogar schon vorgeschlagen, das Boot bis zum Sommer hier liegen zu lassen und noch zwei Tage lang eine Fahrradtour am Festland zu machen. Habe ich ihr aber gleich gesagt, kommt gar nicht in Frage. Ich fahre nachher nach Norden zum Segelmacher und komme abends wieder. Ich hoffe mal, dass der Zeit hat. Wird auch wieder teuer, aber was soll’s. Meine Schnucki kann solange auf das Boot aufpassen oder mal ’nen Gang zum Strand machen. Morgen geht’s dann weiter. Herrlichstes Segelwetter!«
Der Rest der Ansprache ging im Rauschen der Dusche unter. Das ersparte Hendrik netterweise die Antwort. Heute war Himmelfahrt, auch für Segelmacher ein Feiertag. Aber das sollte der Kerl man selber rausfinden. Vielleicht würde er ›Schnucki‹ zum Kaffee einladen. Falls Britta keine Zeit hatte.
Nach dem Duschen holte er sich einen Becher Kakao vom Verhungernix, dem Hafenkiosk, und beobachtete die Neuankömmlinge, die gerade von der Baltrum I kamen. Es war erstaunlich warm für Anfang Mai. Selbst der Wind, der oftmals die Temperaturen um einige Grade niedriger als am Festland erscheinen ließ, wehte sanft aus Süd und brachte keine Erfrischung mit.
3
Wie aufgereiht an einer Perlenschnur standen Insulaner, die ihre Gäste abholen wollten, am Kai, vor der Brust große Holzschilder mit den Namen der jeweiligen Häuser.
Der