chaotischen Prozessen, wie sie etwa (S.122) das Immunsystem oder auch das neuronale System charakterisieren. Der strukturierende Einfluss, den ein lebendiges System auf seine Teile ausübe, lasse sich als formierende oder auch abwärts-Kausalität (top-down-Kausalität) bezeichnen“ (Fuchs 2017, S.121-122).
Das lebendige Ganze mache sich somit nicht durch unmittelbare Einwirkung (Anmerkung: i. S. der causa efficiens), sondern nur „einschränkend, ordnend oder mittelbar“ (Anmerkung: i. S. der causa formalis und causa materialis) in seinen Teilen geltend. Dem Fehlen einer Zentralsteuerung (Anmerkung: die dem Gehirn im Allgemeinen zugeschrieben wird) entspreche die autonome Natur und zugleich hochgradige Vernetzung (Anmerkung: Systemtheoretisch gesehen wohl auch im Sinne ihrer Selbstorganisation) der Untereinheiten (Anmerkung: Komponenten, Teile, Teilprozesse). Gerade durch ihre dezentrale miteinander verkoppelte Tätigkeit erfüllen sie ihre Funktionen und tragen zum Leben des Organismus insgesamt bei. Die Teile und Teilprozesse haben somit Auswirkungen auf die Erhaltung und Funktion des Gesamtsystems, die als aufwärts-Kausalität (bottom-up-Kausalität) benannt werden können“. Aus der Verbindung beider Kausalbeziehungen zu Regelkreisen resultiert nun eine vertikale zirkuläre Kausalität im Verhältnis zwischen dem Ganzen und den Teilen bzw. zwischen den hierarchisch geordneten Ebenen des Systems“ (Fuchs & an der Heiden) (Fuchs 2017, S.124).
Mit dieser Konzeption von Ganzen und Teilen werde die aristotelische Form-Stoff-Beziehung (causa formalis und causa materialis) systemtheoretisch reformuliert (Fuchs 2017, S.124).
Folgende Beispiele sollen das Zusammenwirken der beiden Kausalitäten veranschaulichen (Fuchs 2017, S.124-125):
„So führen Schmerzreize aus der Peripherie durch zentrale Verarbeitung im Gehirn zur Schmerzempfindung (Anmerkung: aufwärts), doch die Gesamtlage von Aufmerksamkeit und Affekt entscheide darüber, ob der Reiz als Schmerzempfindung zugelassen oder aber durch absteigende, hemmende Bahnen unterdrückt“ werde (Fuchs 2017, S.125).
Ein „emotionaler Zustand“ könne einerseits pharmakologisch, also über direkte „chemische Beeinflussung des Transmitter-Stoffwechsels im Gehirn“ verändert werden (aufwärts) andererseits auch psychotherapeutisch, also durch eine „veränderte Wahrnehmung der persönlichen Situation“ (abwärts) (Fuchs 2017, S.125).
Das Gehirn fungiere dabei als ein „Transformator für vertikale zirkuläre Kausalität“, indem es also „hochstufige (z.B. intentionale, bedeutungshafte) Makro-Zustände (z.B. Angst) und niederstufige (z.B. neurochemische) Mikro-Zustände des Organismus ineinander umwandelt und jeweils für die andere hierarchische Ebene wirksam werden“ lasse (Fuchs 2017, S.125).
Die „horizontale zirkuläre Kausalität“ ergebe sich für Lebewesen aufgrund von „vielfältigen Rückkoppelungseffekten innerhalb des Organismus (Wechselwirkungen zwischen Zellen oder Organen, Homöosthase des Organismus, Wahrnehmung, Bewegung und Umgebung), die nicht hierarchisch zwischen verschiedenen Ebenen, sondern auf einer Ebene ablaufen“, … die zudem stets mit „rückgekoppelten Beziehungen“ des Organismus und wechselnden Umweltbedingen und darüber hinausgehend jeweils vertikal (formierende) Prozessen verknüpft seien (Fuchs 2017, S.125-126).
Auch hier fungiere „das Gehirn wiederrum als Umwandlungsorgan oder Transformator zwischen den rückgekoppelten“ Prozessen (Fuchs 2017, S.126).
Abb. 2 Vertikale und horizontale Kausalität (Fuchs 2017, S.123)
Literatur:
Fuchs, Thomas (20175): Das Gehirn – ein Beziehungsorgan. Eine phänomenologisch-ökologische Konzeption.
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