Frank Baumann

Single in 365 Tagen


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das dringende Bedürfnis verspüren, nicht in Gläsern, sondern in Flaschen zu rechnen, dürfen Sie die tranquilisierende Wirkung des Getränks nicht unterschätzen. Während sich die Sprachentwicklung beim Konsum einer Flasche schönen Bordeaux, zum Beispiel eines einfachen 61er-Château-Petrus, ja noch einigermaßen kontrollieren lässt, werden Sie sich nach einer Buttel Bruichladdich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ins Zeitalter der ersten Periode der Nordischen Bronzezeit (ca. 1800 vor Christus) zurückversetzt fühlen und auf dem schwankenden Pfad ins Bett wie einer reden, der eine mittelschwere Dysarthrie eingefangen hat. Handkehrum werden Sie spähestens nach de esten Ffasche den Hamen Bruchaddich howieho nich mea hichtig aufprechen gönnen. Cheerio, Miss Sophie!

      Mit der Golfmethode dämmern Sie mit wesentlich weniger körperlichem Einsatz und viel simpler weg, da geht alles ganz automatisch. Weil Sie sich ja haargenau daran erinnern, wo der Ball im Verlauf der Runde lag, können Sie sich doppelt entspannt entspannen (ja zweimal entspannen, das ist zeitgenössische Literatur), Sie können sich also zweimal entspannt entspannen, und spätestens beim dritten Wasserhindernis werden Sie – und tschüss – in die erste REM-Phase abtauchen. Und von den vielen wunderbaren Momenten träumen, in welchen Sie auf dieser Runde Ihr Greenfee amortisierten. Von Schlangen im Unterholz, von Pfifferlingen und Morcheln, von poppenden Hasen und von zwergwüchsigen Exhibitionisten, über die Sie im Unterholz stolperten.

      Vor einiger Zeit hatten wir auf unserem Golfplatz auch so eine Art Exhibitionisten. Der Wahnsinnige, ein Gast aus dem Norden, habe sich, so gaben die Damen seines Flights zu Protokoll, »wie ein Elefant im Porzellanladen benommen und zudem den Nerv gehabt, während des Turniers mehrfach sein Gemächt auszupacken und munter auf die blauen Abschläge zu pinkeln«. Doch, Sie haben richtig gelesen, »mehrfach sein Gemächt auszupacken, um munter auf die blauen Abschläge zu pinkeln«. Als die drei Frauen, allesamt honorable Ladys unseres Klubs, beim Abgeben der Skorekarten vom sonderlichen Benehmen ihres verhaltensoriginellen Flightpartners berichteten, verstand man im Sekretariat die Welt nicht mehr. Der Manager staunte Bauklötze, und der Headgreenkeeper sprang im Viereck, weil er die Pisserei als persönliche Beleidigung und respektlosen, »vermutlich politisch motivierten«, terroristischen Anschlag eines talibanen Sleepers auf seinen geheiligten Rasen empfand. Frau Muggli hingegen meinte trocken, dass es sie am meisten gestört habe, dass er stehend gebrünzelt und sich anschließend nicht einmal die Hände gewaschen habe, der Söiniggäl!

       Die Wiederholbarkeit

      Das Maß aller Dinge ist für den Golfer die sogenannte Wiederholbarkeit der Schwungbewegung. Die Fähigkeit, einen spezifischen Golfschlag auf Kommando abzurufen.

      Je öfter man die Bewegung trainiert, desto tiefer prägt sie sich in unserm Golfgehirn ein. Und wenns drauf ankommt, kann man den einstudierten Schwung abrufen. Vielleicht.

      Denn was einfach klingt, ist in Tat und Wahrheit ein Mysterium. Es gibt Schläge, die man spielend x-fach wiederholen kann. Sieben von zehn Golfern bringen es zum Bleistift problemlos fertig, den Ball achtzehnmal am Abschlag perfekt nach rechts zu slicen. Und diesen Slice, diese wunderbare ästhetische Rechtskurve, die können sie problemlos unendlich oft wiederholen. Keine Sache. Flacher, schneller Rückschwung, Gewicht auf den Zehenspitzen, Arme in affenartiger Geschwindigkeit hoch- und wieder runterreißen, und schon kurvt der Ball spektakulär nach rechts weg. Und wenn der Slice erst einmal drin ist, wenn er quasi imprägniert ist, ja dann kann man ihn beliebig oft wiederholen, das weiß man.

      Schwieriger wirds, wenn bestimmte Umstände exakt diese kontrollierte, nach rechts gebogene Banane erfordern. Zum Beispiel, weil es sich beim vorliegenden Loch um ein Dogleg handelt oder weil eine Baumgruppe die Flugbahn aufs Grün versperrt und umspielt werden muss. Dann klappts natürlich nicht mehr, ist ja klar. Dann kurvt der Ball nicht nach rechts, sondern zischt, schnurgerade wie eine Silvesterrakete, in die Bäume oder an ihnen vorbei ins dahinterliegende Out.

      Solche, das Golferlebnis bis zum Wanndanndannda belebenden Schläge lassen sich theoretisch mit jedem Equipment vollführen – am besten gehts aber mit dem teuersten.

       Die Ausrüstung

      Kaufen Sie sich von Anfang an das Teuerste, was es auf dem Markt gibt. Es lohnt sich. Nicht weil Sie dann zwangsweise besser spielen, sondern weil diese Equipment-Dominanz ein gewisses Hochgefühl hervorruft, das auch anhält, wenn der Ball in die Büsche fliegt.

      Leisten Sie sich möglichst auffällige, bunte Hightech-Klamotten und schmalkrempige Designer-Strohhütchen. Und ein schweineteures, weil mundgeschmiedetes Schlägerset aus dem Land der aufgehenden Sonne. Am besten Blades mit winzigen Köpfen, falls Ihnen das etwas sagt.

      Vergleicht man Golf mit anderen Sportarten, wird man kaum eine finden, bei der das Material a) so bedeutend und b) für alle Beteiligten so gut sichtbar ist. Beim Tennis zum Beispiel können Sie ein noch so teures Racket haben, Ihre Gegner sehen es höchstens dann aus der Nähe, wenn es Ihnen aus Versehen aus der Hand flitzt und übers Netz rauscht. Vor dem Spiel steckt Ihr Sportgerät in einer Tasche, und dort verschwindet es nach dem letzten Ballwechsel auch wieder fein säuberlich. Oder nehmen wir Ihre überrissen teuren Skier. Die nehmen Sie vom Dach Ihres Autos, steigen rein, und ab gehts zum Tiefschneetauchen. Okay, vielleicht quetschen Sie sich mal in eine überfüllte Gondel. Dann hat Ihr Gegenüber wenigstens die Chance, während zwölf Minuten Ihre Skispitzen an der Nasenwurzel zu spüren und den Speedwachs zu schnuppern, der aus Ihren Rennlatten wahre Raketen macht. Aber das wars dann auch schon. Nein, dass die teuren Gerätschaften während Stunden so prominent präsentiert werden und aus nächster Nähe zu bestaunen sind, das gibts wirklich nirgends. Vor diesem Hintergrund steigt die Bedeutung der Schläger, die Sie mit sich führen, im Quadrat. Es geht nicht nur ums Wohlfühlen, sondern auch ums Imponieren, ums Markieren. Oder militärisch gesprochen: um Dissuasion!

      Am sichersten ist es, wenn Sie bereits am Abschlag die Weichen in die richtige Richtung stellen und auf eine schlagkräftige Waffe setzen, die in der Außenwirkung sofort dokumentiert, dass Sie ein echter Mann sind. Ich empfehle an dieser Stelle einen Driver mit einem Loft von maximal acht Grad. Mit dem werden Sie die Bälle erfreulicherweise nie in die Luft kriegen, aber das gilt ja vermutlich auch für alle anderen Driver, die Sie ohne professionellen Beistand kaum je in den Griff bekommen werden. Also gib ihm! Und denken Sie doch einfach auch mal daran, dass die Golfschläger enorm viel über deren Besitzer aussagen.

      Gerade für High-Handicapper, die etwas für ihr Ego tun wollen, empfehlen sich schön schwere Stahlschäfte, so um die 330 Gramm das Stück. Möglichst bolzenhart, weil extra-stiff. Je steifer, desto besser, dann haben Sie auch gleich ein anständiges Feedback in den Fingern, wenn Sie den Ball nicht richtig treffen. Also immer. Merke: Wenn es sich so anfühlt, als ob Sie einen elektrischen Schlag abbekommen hätten, haben Sie alles richtig gemacht. Die 230-Volt-Schocktherapie, die Sie übrigens bei niedrigen Außentemperaturen potenziert genießen können, hat sich gewaschen und wirkt enorm stimulierend. Viel spektakulärer als eine öde, gute Runde.

      Apropos spektakulär: Haben Sie schon mal was vom guten alten Sam Snead gehört? Der Kollege lebte von 1912 bis 2002 und war und bleibt einer der größten Golfer aller Zeiten. Siebenfacher Major-Sieger und so. Sam »Slamin« Snead gewann im Verlauf seiner Karriere 82 Turniere auf der PGA Tour und 70 weitere weltweit. Seine fantastische Laufbahn begann er – wie so manche der alten Größen – als Caddie auf einem Golfplatz. Falls Sie es nicht lassen können und doch ins verschärfte Training einsteigen wollen: Snead nutzte alte Tomaten-Konservendosen als Löcher und allerlei Stöcke aus der durchaus üppigen Waldlandschaft in Virginia als Schläger.

      Mit 62 Jahren wurde Sam Snead – mit nur drei Schlägen Rückstand auf den Sieger – spektakulärer Dritter der PGA Championship. Meistens trug er einen kecken Strohhut (eben doch!). Und manchmal spielte er Turniere sogar barfuß. Das konnte er sich leisten, er hatte seine Schläger im Griff. Seine Persimmon-Hölzer und die bocksteifen Blades. Geräte, mit denen heute niemand mehr spielen würde, weil sie geradezu brüllend veraltet und ungeeignet