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Das Geheimnis der gelben Narzissen
Edgar Wallace
Inhaltsverzeichnis
Buch
Eine Reihe von Morden und immer ein anderer Verdächtiger. War es die junge, schöne Odette Rider? Und wie passen die gelben Narzissen in das Ganze? Eine schwierige Aufgabe für den Detektiv Tarling und seinen chinesischen Freund Ling Chu.
Kapitel 1
»Ich fürchte, ich verstehe Sie nicht recht, Mr. Lyne«, sagte Odette Rider und sah den jungen Mann düster an, der an dem Schreibtisch lehnte. Ihre zarte Haut war mit Rot übergossen, und in den Tiefen ihrer versonnenen grauen Augen blitzte ein Blick auf, der jeden anderen gewarnt hätte. Aber Mr. Lyne war so von sich selbst, von dem Eindruck seiner Persönlichkeit und von seiner Begabung überzeugt, daß er glaubte, alle Menschen müßten sich seinen Wünschen fügen.
Er schaute nicht in ihr Gesicht. Seine Blicke glitten über ihre herrliche Gestalt und bewunderten ihre tadellose aufrechte Haltung, den schöngeformten Kopf und die zarten feinen Hände.
Er strich sich das lange schwarze Haar aus der Stirn und lächelte. Er gefiel sich darin, zu glauben, daß seine Züge seine geistigen Fähigkeiten verrieten und daß man seine etwas bleiche Gesichtsfarbe vielem Nachdenken zuschreiben müßte.
Er hatte sein Büro in das Halbgeschoß einbauen lassen, und die großen Fenster waren so eingesetzt worden, daß er jederzeit die wichtigste Abteilung seines Geschäftes mit einem Blick kontrollieren konnte.
Ab und zu wandte sich sein Kopf zu seinem Zimmer, und er wußte, daß sich die Aufmerksamkeit all dieser Mädchen auf die kleine Szene konzentrierte, die man vom Erdgeschoß aus gut beobachten konnte.
Auch Odette war sich dieser Tatsache wohl bewußt, und je länger sie bleiben mußte, desto unglücklicher und unbehaglicher fühlte sie sich. Sie machte eine kleine Wendung, als ob sie gehen wollte, aber er hielt sie zurück.
»Sie scheinen mich wirklich nicht richtig verstanden zu haben, Odette«, sagte er mit seiner weichen und melodischen Stimme.
»Haben Sie mein kleines Buch gelesen?« fragte er plötzlich.
»Ja, ich habe - Verschiedenes darin gelesen«, erwiderte sie, und ihre Wangen färbten sich noch röter.
Er lachte.
»Sie finden es sicher sehr interessant, daß ein Mann in meiner Stellung sich damit abgibt, Gedichte zu schreiben. Aber Sie können sich ja denken, daß das meiste geschrieben wurde, bevor ich die Leitung dieses Geschäftes übernahm - bevor ich Kaufmann wurde!«
Sie antwortete nicht, und er sah sie erwartungsvoll an.
»Was halten Sie denn von den Gedichten?« fragte er nach einer kurzen Pause.
Ihre Lippen zitterten, aber wieder verstand er dieses Zeichen falsch.
»Ich halte sie für entsetzlich«, sagte sie leise, »ich finde kein anderes Wort dafür!«