TOM WOLF
Die Bestie im Turm
Ein Hansekrimi
Die Hanse
© e-book Ausgabe CEP Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2014
Karten mit freundlicher Genehmigung der Stadt Goslar aus:
»Goslar um 1500«, 4., verb. Aufl., Goslar 1999
eISBN 978-3-86393-515-3
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Inhalt
Dienstag nach Johannis, 25. Juni 1527
Donnerstag nach Johann et Pauli, 27. Juni 1527
Montag nach Petri et Pauli, 1. Juli 1527
VIII
Mittwoch nach Petri et Pauli, 3. Juli 1527
Donnerstag nach Petri et Pauli, 4. Juli 1527
Dienstag vor Margareta, 16. Juli 1527
Donnerstag vor Margareta, 18. Juli 1527
XVII
Sonnabend, 20. Juli 1527 (Margareta)
XVIII
Montag, 22. Juli 1527 (Maria Magdalena)
Goslar 1527: Der Rat der freien Reichsstadt streitet sich mit dem Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel um den erzreichen Rammelsberg. Seit Monaten ruht die Arbeit in den Bergwerken, und nicht nur die Bergleute stehen vor dem Ruin: Das ganze Goslarer Wirtschaftsleben droht zu erliegen. In dieser schwierigen Zeit werden zwei angesehene Handels- und Grubenherren von unbekannter Hand getötet. Daniel Jobst, frischgebackenes Ratsmitglied, fühlt sich aufgerufen, die Todesfälle zu untersuchen. Gregor Geismar, sein Lehrling, hilft ihm dabei – doch so richtig vorwärts kommen die beiden nicht. Die »Bestie« mordet weiter und weiter …
Tom Wolf, geboren 1964 in Bad Homburg, ist Schriftsteller und freier Journalist. Er schreibt u. a. für die Berliner Tageszeitung »taz«. Als Autor der erfolgreichen »Preußenkrimis« wurde er 2005 mit dem Berliner Krimipreis »Krimifuchs« ausgezeichnet und war 2006 der 23. »Stadtschreiber zu Rheinsberg«.
Dienstag nach Johannis,
25. Juni 1527
Tempus fugit
Das Brechen des Rückgrats klang wie das Knacken eines starken Astes. Zum letzten Gebet fehlte die Zeit. Die rote Samtkappe rollte herrenlos den Hang hinab. Kühl stieg es in ihm auf. Etwas Entscheidendes war geschehen, etwas Endgültiges. Er sah die eiserne Pfeilspitze, die ihm aus der Brust ragte, eine solide Schmiedearbeit, für die man im Dutzend sicher einen Mariengroschen verlangen konnte – für das Schock vielleicht fünfe …
I
Die Sturzflut war vorüber. Mächtig angeschwollen wälzte sich die Innerste im schmalen Tal. Dunstschwaden schwebten über dem schlammigen Spiegel. Im Morgenlicht schimmerten die nassen Lanzen der Weidenblätter.
Daniel Jobst führte das Pferd am Zügel durch die starke Strömung. Bis zur Hüfte stieg ihm das kalte, tosende Wasser. Seine flachen Schuhe kamen auf den glitschigen Steinen ins Rutschen, aber er balancierte geschickt. Während der Rohrweih übers Schilf strich, zeterte ein Zaunkönig, stimmte dann ein hell-lautes Gezwitscher an. Eine Wasseramsel schnurrte vorbei, den hellen Brustschild vorweisend.
Daniels Pferd setzte über struppiges Gebüsch aus Hagedorn, Schlehen und Brombeeren und erklomm den kurzen Steilhang. Als der Reiter, dem Tier zu Fuß nachsteigend, über den Rand kam, lag blau vor ihm der Harz. Die Blätter rauschten, wispelnd bog sich das hohe Gras. Eine frische Brise blies ihm ins Gesicht.
Daniel atmete tief ein und ließ den Blick schweifen, das Ende seines Zweitagerittes vor Augen. Zur Linken hatte sich, von reichem Gefolge flankiert, der dicke Brocken hingefläzt und wärmte sich in der ersten Sonne. In der Mitte standen der Sudmerberg, der Hahnenberg, der Brautstein, Gelmke- und der Rammelsberg wie palavernd beisammen, rechts folgten, ausgeschlossen vom innigen Gespräch, der Herzberg, der Steinberg und der Todtberg und so viele weitere, dass es schier kein Ende nehmen wollte. Doch wo war Goslar abgeblieben? Unsichtbar von