Peter Gerdes

Hetzwerk


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      Peter Gerdes

      Hetzwerk

      Ostfriesland-Krimi

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      Falsche Spuren Regionalpolitiker Carsten Fecht hat es bis zum Landtagsmandat gebracht. Für seine Karriere ist ihm jedes Mittel recht. In diversen Chat-Foren hetzt er gnadenlos gegen jeden, der ihm in die Quere kommen könnte. Bis er vor seinem eigenen Haus erschossen wird. Hat sich eines seiner Opfer gerächt? Oder fürchtete ein Mittäter peinliche Enthüllungen? Hauptkommissar Stahnke und sein Team, verstärkt durch die neue Kollegin Annika Brühl, hat die Ermittlungen kaum aufgenommen, als eine Reihe von Anschlägen Ostfriesland erschüttert. Häuser werden in Brand gesetzt und bei einem Bombenanschlag stirbt ein Gewerkschaftsfunktionär. Hängen diese Fälle zusammen? Steckt womöglich ein ganzes Netzwerk dahinter? Und was sind die Motive? Je näher Stahnke und seine Kollegen der Wahrheit kommen, desto brisanter wird die Lage. Nicht zuletzt für sie selbst. Aber als sie das erkennen, ist es bereits zu spät. Oder können sie die Katastrophe doch noch verhindern?

      Peter Gerdes, 1955 geboren, lebt in Leer (Ostfriesland). Er studierte Germanistik und Anglistik, arbeitete als Journalist und Lehrer. Seit 1995 schreibt er Krimis und betätigt sich als Herausgeber. Seit 1999 leitet Peter Gerdes die »Ostfriesischen Krimitage«. Seine Krimis „Der Etappenmörder“, „Fürchte die Dunkelheit“ und „Der siebte Schlüssel“ wurden für den Literaturpreis „Das neue Buch“ nominiert. Mit seiner Frau Heike betreibt der Autor die Krimi-Buchhandlung »Tatort Taraxacum« in Leer.

      Impressum

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      Alle Rechte vorbehalten

      Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt

      Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht

      Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

      unter Verwendung eines Fotos von: © hespasoft / stock.adobe.com

      ISBN 978-3-8392-6752-3

      1.

      »Oh Gott, da ist er wieder.« Lars Noack trat zwei Schritte zurück und schob sich hinter ein Grüppchen miteinander schwatzender Ratsmitglieder, das genügend Deckung bot.

      »Wer ist da?« Friedo Adams reckte den Hals. »Meinst du den Kellner?« Er hob sein Bierglas, musterte es. Noch halbvoll. Der hochgewachsene Insulaner schien unschlüssig, ob er den Rest umgehend vernichten und gleich nachbestellen sollte, solange die Chance bestand. Der Platz hinter der Waage am Hafen von Leer war voller Menschen, die wie jedes Jahr am 30. April zur Maibaumfeier erschienen waren, da war Getränkenachschub immer Glückssache.

      Ratsherr Noack legte ihm die Hand auf die Armbeuge. »Nee, nicht jetzt! Sonst guckt er noch her.«

      »Na, das soll er doch!« Adams kapierte nichts.

      »Nicht der Kellner, Mensch. Der Fecht!« Noack, der auf Pressefotos sowieso immer an eine Schildkröte erinnerte, zog seinen Kopf noch ein Stückchen weiter ein.

      »Ach so, der Fecht!« Adams guckte erstaunt. »Wieso, Carsten ist doch in Ordnung! Wie der neulich erst wieder diesem Schmierfinken von der Lokalzeitung die Meinung gegeigt hat …« Sein breites Lachen legte makellose Zahnreihen bloß.

      »Ja, ja, der Fecht, der geigt den Leuten gerne die Meinung.« Mit zusammengekniffenen Augen linste Noack zwischen seinen Ratskollegen hindurch zu dem großen, breitschultrigen Mann mit dem rötlich schimmernden Pferdeschwanz hinüber, der gerade jede Hand schüttelte, die in seine Reichweite kam. »Gerne auch hinter deren Rücken, wie man inzwischen weiß. Großer Mist, wenn das dann doch rauskommt. Und groß in der Schmierfinken-Zeitung steht!«

      »Ach, das meinst du.« Friedo Adams senkte jetzt auch sein Haupt, was aber nicht viel bewirkte, befand es sich doch eine ganze Etage höher als das von Noack. »Diese blöde Hackergeschichte! War doch nicht Carsten Fechts Schuld, diese Attacke. Er hat doch nur seine Meinung gesagt. Und das wird man ja wohl noch dürfen.«

      Noack konnte einen hämischen Gluckser nicht unterdrücken. »Tja, Meinungen sind wie Arschlöcher, was? Jeder hat eins.« Er zog den Reißverschluss seiner Windjacke hoch. »Bloß, dass der Fecht zu allem und jedem eine Meinung hat. Intern oder nicht. Und selten eine schmeichelhafte! Außerdem hat er noch seine U-Boote, die für ihn die Torpedos abschießen. Es gibt eine Menge Leute, denen das stinkt. Auch unter den Genossen.«

      »Arschlöcher! Denen das stinkt! Hähä, gut gesagt.« Adams war deutlich anzusehen, woran er gerade dachte. Auf anale Metaphern fuhr er voll ab. Sein anzügliches Grinsen verging jedoch schnell. »Mir hat Carsten aber geholfen damals«, sagte er. »Wenn er sich nicht für mich stark gemacht hätte, dann hätte ich die Stelle bei der Langeoog-Touristik vielleicht nicht bekommen.«

      »Damals wusste er ja auch noch nicht, was du sonst noch so treibst«, sagte Lars Noack so leise, dass seine Worte von dem Wind, der in leichten Böen das kakaobraune Wasser des Leeraner Hafens kräuselte, gerade eben nicht verweht wurden. »Außerdem – dafür, dass er dir die Hand vor den Hintern gehalten hat, hat er seine Hand nachher ganz schön aufgehalten, oder nicht?«

      »Ach, das war doch nur Spaß, was du meinst! Von wegen, was ich treibe. Zwei- oder dreimal höchstens! Alles überhaupt nicht ernst gemeint. Vergiss es!« Er machte eine wegwerfende Handbewegung, ohne an sein Bierglas zu denken. Noack konnte der schwappenden Flüssigkeit gerade noch ausweichen, zwei andere Ratsherren aber bekamen das Gebräu über die Hosenbeine und beschwerten sich lautstark.

      Im nächsten Moment stand Carsten Fecht vor ihnen. »Na, Kollegen, Genossen, alles klar? Hat der Friedo euch nassgemacht? Sagt mir Bescheid, wenn er euch ärgert, dann helfe ich euch, das wisst ihr ja wohl!« Kräftige Hände an langen Armen schnappten zu, schüttelten andere Hände und klopften Schultern.

      »Na, Lars, auch hier?« Ein abfälliger Blick aus tiefen Augenhöhlen, zwei herabgezogene Mundwinkel unter breiter Boxernase. Schon hatte sich Fecht wieder anderen Umstehenden zugewandt.

      Lars Noack sah den rötlichen Zopf auf edlem Anzugstoff pendeln. Seine eigenen Hände hatte er rechtzeitig in den Hosentaschen verstauen können. Dort ballte er sie jetzt zu Fäusten.

      »Also ich mag ihn, den Carsten«, ließ Friedo Adams sich vernehmen. »Der ist so richtig volksnah! Spricht das aus, was alle denken, ohne Rücksicht auf Greta oder diese verlogene Political Correctness. So einen brauchen wir doch heutzutage in der Partei, wo alles zu den Rechten rennt. Wenn Carsten Fecht bei uns das Sagen hat, dann müssen die Wähler das nicht.«

      Noack