Hans Kneifel

Atlan 640: Im Herzen SENECAS


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      Nr. 640

      Im Herzen SENECAS

      Der Arsenalführer auf der SOL

      von Hans Kneifel

      Die Verwirklichung von Atlans Ziel, in den Sektor Varnhagher-Ghynnst zu gelangen, um dort den Auftrag der Kosmokraten zu erfüllen, scheint außerhalb der Möglichkeiten des Arkoniden zu liegen. Denn beim entscheidenden Kampf gegen Hidden-X wurde Atlan die Grundlage zur Erfüllung seines Auftrages entzogen: das Wissen um die Koordinaten von Varnhagher-Ghynnst.

      Doch Atlan gibt nicht auf! Um sich die verlorenen Koordinaten wieder zu besorgen, folgt der Arkonide einer Spur, die in die Galaxis Xiinx-Markant führt, wo die SOL in erbitterte Kämpfe verwickelt wird. Schließlich, gegen Ende des Jahres 3807 Terrazeit, muss die SOL den Sturz ins Nichts wagen, und sie gelangt dabei nach Bars-2-Bars, der aus zwei ineinander verschmolzenen Galaxien bestehenden Sterneninsel.

      Die Verhältnisse dort sind mehr als verwirrend. Doch die Solaner tun ihr Bestes, die Verhältnisse zu ordnen, indem sie die Völker der künstlichen Doppelgalaxis, die einander erbittert bekämpfen, zum Frieden zu bewegen versuchen.

      Anti-ES ist über die jüngsten Aktivitäten der Solaner in Bars-2-Bars informiert. Die Superintelligenz beschließt daher Gegenmaßnahmen, die den Solanern immer mehr zu schaffen machen. Schließlich operiert der Gegner unerkannt mitten unter ihnen – sogar IM HERZEN SENECAS ...

      Die Hauptpersonen des Romans

      Kerness Mylotta – Der Arsenalführer im Herzen SENECAS.

      Vessel Moora und Ryta Bolanc – Zwei Gyranter an Bord der SOL.

      Atlan und Breckcrown Hayes – Die führenden Männer der SOL fühlen sich hilflos.

      Blödel – Der Roboter macht Maske.

      Ostaro Kamill und Gabee Zarina – Zwei Helden wider Willen.

      1.

      KAMILL, Ostaro, SZ-1, Cafeteria »Observatorium-Hill«, 01:23:15, 27. Februar 3808:

      Es sind immer nur die anderen, die auffallen, sagte sich Ostaro, feuchtete seinen Zeigefinger an und tauchte ihn in die feinen weißen Kristalle. Zucker! Kristalliner, feinst raffinierter Zucker aus rohrartigen Gewächsen, gebunkert auf Anterf. Kein Zucker aus den Nahrungsmittelmaschinen der SOL. Er leckte den Finger zufrieden ab und begann, Zucker in die Tisch-Dosierungsbehälter zu füllen. Dann grinste er.

      Aber die anderen haben auch weitaus mehr Verantwortung und Probleme als ein kleiner, einfacher Insasse des Schiffes, der bestenfalls von Heldentaten träumte.

      »Wo liegt der Vorteil?«, fragte er sich laut.

      Ostaro zuckte die Schultern. Er wusste es selbst nicht. Träume von Heldentum suchten weder ihn noch seine Freundin heim, jedenfalls nicht häufig. Er war mit seinem Leben zufrieden. Ab und zu wünschte er sich, die SOL würde endlich wieder die sagenhafte Erde erreichen und dort landen, dann wieder spielte er mit dem Gedanken, sich auf einem der angeflogenen Planeten aussetzen zu lassen, aber schließlich verwarf er diese Überlegungen wieder als »unsinnige Idee« und sorgte dafür, dass in seinem kleinen, wohlorganisierten Reich alles mit perfekter Gründlichkeit funktionierte.

      Seit über einem Jahr war die Cafeteria sein Reich.

      Er kannte so gut wie jeden seiner regelmäßigen Gäste. Es waren die Frauen und Männer von SPARTAC, viele derjenigen, deren Wohnkabinen hier in der Nähe lagen und ein ständiger, aber dünner Reigen von Solanern, die wohl nur zufällig in dieser Polgegend etwas zu suchen hatten.

      Vor wenigen Minuten hatte er seine Schicht angetreten. Er bevorzugte die vorwiegend stillen Stunden der Bordnacht.

      Nur wenige störten ihn. Er konnte, zusammen mit den Robots, die Theke, die Sitze und Tische putzen, für frisches Essen und sorgfältig gepflegte Getränke und eine Umgebung sorgen, die Ruhe, Sauberkeit und Erholung ausstrahlte. Er hob den Kopf, sah, dass der Robot die Scheibe des Interkoms im Hintergrund des Raumes reinigte und rief durch das leere Lokal:

      »Schalte die letzen Bordnachrichten ein. Und den Ton stärker.«

      Die schwebende Allroundmaschine blinkte antwortend und führte die Schaltungen aus.

      Sofort erschienen auf dem Bildschirm in holografischer Wiedergabe die letzten Nachrichten; bebildert, kommentiert, zusammengestellt nach Wichtigkeit und Aktualität von SENECA, dessen Wirken innerhalb der SOL so selbstverständlich war wie die Sterne der Galaxis und die Beleuchtung oder die Luftumwälzung. Nur Störungen wurden bemerkt, nicht die Perfektion.

      Ostaro füllte frisches Wasser in die Hydrokultur, zupfte vergilbte Blüten und Blätter ab und verfolgte die Neuigkeiten, die teilweise keine mehr waren.

      Weiterhin kreuzte die SOL in der Doppelgalaxis Bars-2-Bars.

      Überall an Bord wurde nach Mjailam und Mylotta gesucht. Breckcrown Hayes schilderte in einem Insert seine Sorgen. Atlan erzählte, dass er einen kurzen, in seiner Aussage verwirrenden, aber deutlichen mentalen Kontakt mit Tyari gehabt hatte.

      An einigen Stellen der SOL hatte es, ausgehend von der sicheren Vermutung über SENECAS Teillähmung, Unfälle und teilweise ernsthafte Störungen gegeben. In den meisten Fällen konnten Hilfsaggregate schwere Ausfälle verhindern. Hundertfünfundzwanzigtausend Kubikmeter Plasma von der Hundertsonnenwelt – dieser Name sagte Kamill kaum etwas – waren durch die paralysierenden Strahlen Mylottas ausgefallen. Der Eindringling war nicht zu erkennen und von SENECA nicht zu greifen. Es war aber offensichtlich endgültig gelungen, die einstige BANANE, die sich jetzt ARSENALJYK nannte, abzuhängen.

      Prüfend sah Ostaro sich um und zählte die Gedecke, Servietten, das Besteck und die Gläser. Sie blitzten im Licht der heruntergedimmten Beleuchtung. Er war zufrieden.

      Weitere Nachrichten:

      Die Ergebnisse der letzten Ortungen nach Beendigung einer Linearetappe. Es gab in erreichbarer Nähe keine Planetensysteme, auf denen sich eine Landung gelohnt hätte. Überdies würde es auch keinen Landeversuch geben, denn die bordinternen Vorgänge hielten mehr als ein Viertel aller Solaner pausenlos in Atem. Nicht nur die Stabsspezialisten und das Atlan-Team. Eine Druckdampfleitung war in der SZ-2 geplatzt und hatte einen Wohnbezirk beschädigt. Die neu eingesetzten Bäume, Blumen und Beerensträucher in den Grünflächen des Solariums, teils von Anterf, zum anderen bizarre Sträucher von Duusnorz, gediehen prächtig. SENECAS Schaltungen, nur noch mit dem ungelähmten positronischen Teil ausgeführt, funktionierte noch immer mit einer Zuverlässigkeitsquote von 91,7 Prozent. Als wollte man den Ernst dieser Aussage unterstreichen, flackerte für einen Zeitraum von etwa fünf Sekunden die gesamte Beleuchtung. Klickend schaltete sich eine Batterieleuchte ein und etwas später wieder aus.

      »Verdammt!«, sagte Ostaro Kamill, desaktivierte den Robot, der daraufhin wieder seinen ständigen Platz im Fußteil der Theke aufsuchte, und dann entschloss sich der Nachtdienstler, den Interkom eingeschaltet zu lassen.

      Er wusste, dass die Lage der SOL mehr als bitter ernst war.

      Aber was sollte er tun? Der schmale, kleinwüchsige Mann fuhr über sein kurzes, blondes Haar und hörte auf dem Korridor Stimmen. Dann schwang die Tür auf, und neun Solaner kamen herein. Sie wirkten müde, hungrig und niedergeschlagen. Ostaro hob grüßend die Hand und wandte sich an die Chefin des Teams aus Sicherheitsleuten.

      »Ich sehe es schon an euren Gesichtern. Ihr habt keinen Erfolg gehabt?«

      Sie setzten sich an den größten Tisch der Cafeteria und bestellten, obwohl sie dienstfrei hatten, alkoholfreie Getränke.

      »Nein. Kein Erfolg. Hundert verschiedene Ideen, und keine davon ist wirklich etwas wert. Was hast du heute auf dem Programm, Küchenmeister?«

      Kamill nannte ein halbes Dutzend verschiedener Gerichte, die, frisch zubereitet, in den Vorratsbehältern lagerten. Man