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Nr. 1464
Das Phantom von Phönix
Der Schemen schlägt wieder zu – und ihre Lebenszeit läuft ab
von Kurt Mahr
In der heimatlichen Galaxis, die Perry Rhodan und die übrigen Rückkehrer aus dem Universum Tarkan mit einer Verspätung von fast 700 Jahren erreichten, hat sich Erschreckendes getan. Jetzt, im Sommer 1144 NGZ, ist es jedenfalls nicht mehr möglich, der negativen Entwicklung noch Einhalt zu gebieten.
Die Drahtzieher dieser Politik scheinen die Cantaro zu sein, so glaubt Perry Rhodan bald zu wissen, und der Terraner erkennt auch, dass die Kräfte der Opposition zu schwach sind, die neuen Machthaber zu stürzen. Rhodan resigniert trotzdem nicht, sondern kämpft unverdrossen weiter für die Befreiung der Galaktiker, obwohl ein unbekannter Feind ihm schwer zu schaffen macht.
Eine wertvolle Hilfe für den Terraner stellen die drei Anoree dar. Die Aktivitäten ihres sogenannten Friedenssprechers verursachen Unruhe beim Gegner und führen gegen Ende des Jahres 1145 zum Kontakt mit einem Überläufer, der die Information übermittelt, dass die Herren der Straßen einen Angriff auf die Freihändlerwelt Phönix planen.
Es ist daher verständlich, dass Perry Rhodan so schnell wie möglich nach Phönix aufbricht, wo er sowohl Abwehr – als auch Evakuierungsmaßnahmen einleiten will.
Auch ein anderer hat sich den Planeten zum Ziel erwählt: DAS PHANTOM VON PHÖNIX ...
Die Hauptpersonen des Romans
Sato Ambush – Der Pararealist beschäftigt sich mit SHF-Strahlung.
Irmina Kotschistowa – Die Metabiotikerin kämpft gegen die Zeit.
Jennifer Thyron – Der Aktivatordieb erwählt die Terranerin als neues Opfer.
Perry Rhodan, Roi Danton und Ronald Tekener – Sie verteidigen die Welt der Freihändler.
Pradu men Kaan und Frodar Huggins – Sie bekommen es mit dem Phantom von Phönix zu tun.
Prolog
Sie sah hinaus auf das stille blaue Wasser der Bucht. Die Szene war idyllisch. Der weiße Sand glitzerte in der Sonne. Hohe, palmenähnliche Gewächse säumten den Strand. Es war Mittag in der kleinen Stadt Mandalay. Aber die Gedanken der jungen Frau waren weit weg: auf Charon und auf Styx, auf Porta und Ultima. Der Verstand registrierte das friedliche Bild nicht, das die Augen ihm vermitteln wollten. Die idyllische Ruhe war trügerisch. Es waren unsichere Zeiten, und der Mann, dem Jennifer Thyrons Gedanken galten, war auf gefährlicher Mission unterwegs.
Phönix, die Welt der Freihändler, befand sich seit Monaten in Alarmzustand. Mit einem Angriff der Cantaro war in jeder Stunde zu rechnen. Die Tyrannen der Milchstraße wussten, wo die Widerstandskämpfer ihren Stützpunkt hatten; daran bestand kein Zweifel mehr, seit Icho Tolot auf dem zweiten Planeten der Sonne Ceres haltgemacht und Bericht erstattet hatte. Es war nur eine Frage der Zeit, wann ein Verband cantarischer Kampfschiffe über Phönix auftauchen würde.
Ronald Tekener war unterwegs, um die Einsatzbereitschaft der Verteidigungsanlagen auf den Monden Charon und Styx sowie auf den Planeten Porta und Ultima zu überprüfen. Jede Minute, die er im interplanetarischen Raum verbrachte, bedeutete tödliche Gefahr. Denn wenn die Cantaro kamen, würden sie wie ein Ungewitter aus dem Hyperraum hervorbrechen, und ein einzelnes Schiff hatte gegen die mörderische Feuerkraft ihrer schweren Geschütze keine Überlebenschance.
Die Freihändler hatten im vergangenen halben Jahr nahezu Übermenschliches geleistet. Die Abwehrforts auf Styx, Porta und Ultima waren auf modernste Technik umgerüstet worden. Die Raumjäger-Geschwader waren mit den neuesten Versionen des Virtuellbildners und des Maxim-Orters ausgestattet. Ronald Tekener und seine Mitarbeiter waren überzeugt, dass nach derart massiven Vorbereitungen eine erfolgreiche Abwehr des erwarteten Cantaro-Angriffs durchaus im Bereich des Möglichen liege. Voraussetzung dabei war natürlich, dass die Cantaro nicht mit geballter Macht angriffen. Aber das würden sie nicht, meinte Ronald. Sie waren sich ihrer technischen Überlegenheit bewusst und sahen keinen Anlass, Phönix mit mehr als – na, sagen wir: 50 bis 60 Schiffen anzugreifen.
Jennifer wusste nicht, ob sie seinen Optimismus teilen sollte. Die Cantaro rechneten damit, dass die Freihändler sich auf den Überfall vorbereiteten. Es war nicht die Art der Droiden, Risiken einzugehen. Sie waren kühle Rechner und überließen nichts dem Zufall. Wenn sie Phönix angriffen, dann würden sie es mit voller Wucht tun, und es mochte durchaus sein, dass sich alle Mühen, die Ronald Tekener und seine Mitstreiter unternahmen, um die Verteidigungsanlagen zu stärken und zu verbessern, letzten Endes als vergebens erwiesen.
Es war merkwürdig, fand sie, wie wenig die Vorstellung bevorstehenden Unheils sie berührte. Schätzte sie das Leben so gering? Davon konnte keine Rede sein. Aber sie hatte sich in den vergangenen Monaten einen gewissen Fatalismus anerzogen, der ihr verbot, sich über Dinge aufzuregen, an denen sie ohnehin nichts ändern konnte. Die langen Jahre des Wartens hatten die Seele abgestumpft. Der Feind zeigte sich so unbezwingbar wie eh und je. Die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr in die Milchstraße war längst geschwunden. Auch die Erfolge, die Perry Rhodan und seine Begleiter vor kurzem errungen hatten, gaben wenig Anlass zu Optimismus. Denn sie waren inzwischen zu Nichts geworden.
Icho Tolot war auf Phönix gelandet. Das hatte er Atlan versprochen: auf dem Weg nach Terzrock, wo er die Spur seines verschollenen Volkes aufzunehmen gedachte, einen Zwischenstopp einzulegen, damit er die Freihändler über die Ereignisse der letzten Zeit informieren könne. Perry Rhodan war wohl zunächst erfolgreich gewesen. Es war ihm gelungen, den Chronopuls-Wall zu durchdringen. Jenseits des Walles war er auf ein zweites Hindernis gestoßen, das seinen Vormarsch eine Zeitlang aufhielt. Aber auch den Virenwall hatte man bezwingen können und war schließlich auf die Organisation WIDDER gestoßen – Widerstandskämpfer gegen die Tyrannen der Milchstraße, deren Anführer sich Romulus nannte. Wer hätte Perry Rhodans Überraschung beschreiben mögen, als er erkannte, dass sich hinter dem Tarnnamen Romulus kein anderer verbarg als Homer G. Adams, der frühere Chef der Kosmischen Hanse, der sich inzwischen zum Strategen und Wissenschaftler entwickelt hatte!
Zusammen mit den Widdern hatte Perry Rhodan den im Aufbau befindlichen Cantaro-Stützpunkt Uulema zerstört. Im Verlauf des Einsatzes auf Uulema war Pedrass Foch aus cantarischer Gefangenschaft befreit worden. Obendrein hatte man wertvolle Informationen erbeutet, die darauf hinwiesen, dass das Perseus-Black-Hole ein weiteres lohnendes Angriffsziel sei.
Aber das Schwarze Loch Perseus hatte sich als Falle erwiesen. Rhodans kleine Streitmacht war von einem zahlenmäßig wie technisch überlegenen Cantaro-Verband vernichtend geschlagen worden. Rhodan selbst hatte überlebt, ebenso Atlan, Roi Danton und Homer G. Adams. Aber drei Raumschiffe waren mitsamt Besatzung vernichtet worden: Die BLUEJAY, die CRAZY HORSE und die SORONG.
Nein, fand Jennifer: Es gab wahrhaftig keinen Grund, optimistisch zu sein. Die Sache der Freihändler hatte moralischen Aufschwung genommen, als Perry Rhodan zurückkehrte und sie zu der seinen machte. Von der Legende namens Rhodan erhofften die Freihändler sich Wunder. Also gut – ein halbes Wunder war geschehen: Sato Ambush und seine Mitarbeiter hatten es geschafft, den von Geoffry Waringer konzipierten Pulswandler bis zur Einsatzreife zu entwickeln und damit die erste Bresche in den bis dahin als unbezwingbar geltenden Chronopuls-Wall zu schlagen. Es hatte damals ganz so ausgesehen, als wären die alten Zeiten zurückgekehrt: Generationen von Menschen und Nichtterrestriern bemühten sich jahrhundertelang um die Lösung eines Problems; dann tauchte Perry Rhodan auf, und binnen weniger Monate ergab sich die Lösung wie von selbst.
Aber es hatte eben nur so ausgesehen. Das Gesicht der Wirklichkeit war ein ganz anderes. Die vermeintlichen Erfolge, die Perry Rhodan bisher im Kampf gegen die Tyrannen der Milchstraße hatte erzielen können, waren solche, die ihm von den Herren der Straßen freiwillig zugestanden worden waren. So zum Beispiel hatte Rhodans Sieg auf Uulema einzig und allein dem Zweck gedient, ihn in die Falle am Perseus-Black-Hole zu locken.