Ayn Rand
Die Tugend des Egoismus
Die Tugend des Egoismus
„Ethik ist kein mystisches Hirngespinst und keine gesellschaftliche Konvention – und ebenso wenig ist sie ein entbehrlicher, subjektiver Luxus… Ethik ist eine objektive Notwendigkeit des menschlichen Überlebens – nicht aufgrund des Übernatürlichen, Ihrer Nachbarn oder Ihrer Launen, sondern aufgrund der Realität und der Natur Ihres Lebens.“
„Die objektivistische Ethik vertritt stolz den rationalen Egoismus – was bedeutet: Die Werte, die für das menschliche Überleben als Mensch erforderlich sind – nicht die Werte, die von den Sehnsüchten, Gefühlen, Wünschen oder Bedürfnissen irrationaler Wilder produziert werden, die nie über die urzeitliche Praxis von Menschenopfern hinausgewachsen sind.“
Seit ihrer ersten Veröffentlichung haben Ayn Rands Werke einen gewaltigen Einfluss auf die intellektuelle Szene gehabt. Ihre neue Ethik – die Ethik des rationalen Eigennutzes – bekämpft die altruistisch-kollektivistischen Trends unserer Zeit. Ihre als Objektivismus bekannte einzigartige Philosophie ist das Oberthema ihrer berühmten Romane.
Ayn Rand
Die Tugend
des Egoismus
Eine neue Sichtauf den Eigennutz
Mit weiteren Beiträgen
von Nathaniel Branden
Aus dem amerikanischen Englisch
von Philipp Dammer
Titel der Originalausgabe:
THE VIRTUE OF SELFISHNESSA New Concept of Egoism
Die Veröffentlichung erfolgte mit Genehmigung der
Peikoff Family Partnership, LP
c/o CURTIS BROWN Ltd., 10 Astor Place, New York, NY 10003 USA
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Durchgesehene E-Book-Auflage
© TvR Medienverlag, Jena 2016
www.TvRMedienverlag.de © der Originalausgabe: Ayn Rand 1964 Endredaktion: Dr. Holger J. Thuss, David Reuss
All rights reserved.
E-Book ISBN 978-3-940431-59-2
eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
Inhalt
Einleitung
1. Die objektivistische Ethik
2. Mystizismus und Selbstopferung machen krank
3. Die Ethik der Notfälle
4. Die „Interessenkonflikte“
5. Ist nicht jeder egoistisch?
6. Die Psychologie der Freude
7. Erfordert das Leben nicht Kompromisse?
8. Wie führt man ein rationales Leben in einer irrationalen Gesellschaft?
9. Der Kult der moralischen Grauzone
10. Kollektivistische Ethik
11. Die Denkmalsetzer
12. Die Menschenrechte
13. Kollektive „Rechte“
14. Das Wesen der Regierung
15. Staatsfinanzierung in einer freien Gesellschaft
16. Das göttliche Recht auf Stagnation
17. Rassismus
18. Falscher Individualismus
19. Das Argument der Einschüchterung
Register
Einleitung
Der Titel diese Buches könnte die Art von Frage provozieren, die ich gelegentlich höre: „Warum benutzen Sie das Wort ‚Egoismus‘ für tugendhafte Charaktereigenschaften, wenn dieses Wort so viele Menschen in Aufruhr versetzt, für die es nicht dasselbe bedeutet wie für Sie?“
Darauf möchte ich antworten: „Aus dem Grund, aus dem Sie davor Angst haben.“
Doch es gibt andere, die diese Frage nicht stellen und die die darin enthaltene moralische Feigheit wahrnehmen, aber nicht in der Lage sind, meinen eigentlichen Grund zu formulieren oder die darin enthaltene moralische Bedeutung zu identifizieren. Jenen möchte ich hier eine ausführliche Antwort geben.
Meine Verwendung des Begriffs „Egoismus“ ist weder eine rein semantische Angelegenheit noch eine willkürliche Entscheidung. Die Bedeutung, die dem Wort „Egoismus“ im Allgemeinen zugeschrieben wird, ist nicht bloß falsch – sie repräsentiert ein verheerendes intellektuelles „Paketangebot“, das mehr als irgendein anderer Faktor für die fatale moralische Entwicklung der Menschheit verantwortlich ist.
Im allgemeinen Sprachgebrauch ist das Wort „Egoismus“ ein Synonym für das Böse; es beschwört das Bild eines blutrünstigen Unmenschen herauf, der über Leichen geht um sein Ziel zu erreichen – eines Untiers, das sich um kein Lebewesen schert und nur die Befriedigung der eigenen hirnlosen momentanen Launen im Sinn hat.
Doch die exakte Bedeutung und Definition des Wortes „Egoismus“ lautet: „Beschäftigung mit den eigenen Interessen“.
Dieser Begriff enthält keine moralische Wertung; er sagt uns weder, ob die Beschäftigung mit den eigenen Interessen gut oder böse ist; noch sagt er uns, woraus die tatsächlichen Interessen des Menschen bestehen. Es ist die Aufgabe der Ethik, solche Fragen zu beantworten.
Die Ethik des Altruismus liefert als Antwort das Bild des Untiers, um zwei unmenschliche Lehrsätze zu akzeptieren: (a) Dass jedwede Beschäftigung mit den eigenen Interessen böse ist, unabhängig davon, wie diese Interessen aussehen mögen und (b) dass die Handlungen des Untiers tatsächlich in seinem Interesse liegen (auf das man zugunsten seines Nächsten verzichten soll).
Für einen Einblick in die Natur des Altruismus, seine Konsequenzen und die Enormität der moralischen Verkommenheit, die er darstellt, verweise ich auf mein Buch „Der Streik“ – oder auf eine beliebige Schlagzeile einer aktuellen Zeitung. Was uns hier beschäftigt, ist das Versagen des Altruismus im Bereich ethischer Theorie.
Es gibt zwei Fragen, die der Altruismus als „Paketangebot“ in einen Topf wirft: 1. Was sind Werte? 2. Wer soll der Nutznießer von Werten sein? Der Altruismus ersetzt die erste Frage durch die zweite; er weicht der Aufgabe aus, einen Kodex moralischer Werte zu definieren und gibt einem daher keine moralische Richtlinie.
Der Altruismus erklärt, dass jede Handlung, die anderen nutzt, gut ist, und jede Handlung, die einem selbst nutzt, böse ist. Daher ist der Nutznießer einer Handlung das einzige Kriterium für moralischen Wert – und solange wie der Nutznießer jemand anderes als man selbst ist, ist alles erlaubt.
Daher die entsetzliche Amoralität, die chronische Ungerechtigkeit, die groteske Doppelmoral, die unlösbaren Konflikte und Widersprüche, welche die zwischenmenschlichen Beziehungen und menschlichen Gesellschaften unter allen Varianten der altruistischen Ethik quer durch die Geschichte charakterisieren.
Beachten Sie die Unanständigkeit dessen, was heute als Moralurteil durchgeht. Ein Industrieller, der ein Vermögen produziert, und ein Krimineller, der eine Bank ausraubt, werden für gleichermaßen unmoralisch gehalten,