Franziska Steinhauer

Ferienhaus für eine Leiche


Скачать книгу

      

      Franziska Steinhauer

      Ferienhaus für eine Leiche

      Schweden-Krimi mit Rezepten

      Franziska Steinhauer

      Ferienhaus für eine Leiche

      Ein Fall für Sven Lundquist

      Haftungsausschluss: Die Rezepte dieses Buchs wurden von Verlag und Herausgeber sorgfältig erwogen und geprüft. Dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Die Haftung des Verlags bzw. des Herausgebers für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen

      © Oktober Verlag, Münster

      Der Oktober Verlag ist eine Unternehmung

      des Verlagshauses Monsenstein und Vannerdat OHG, Münster

       www.oktoberverlag.de

      Alle Rechte vorbehalten

      Satz: Anh Nguyen

      Umschlag: Anh Nguyen und Linna Grage

      unter Verwendung eines Fotos von Roberto Adrian

      Rezepte: Franziska Steinhauer, Roland Tauber und Laura Wiebold

      eBook-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmund www.readbox.net

      ISBN: 978-3-938568-73-6

      

      Er stand am Fuß der Treppe und horchte in sich hinein.

      Eigentlich hatte er mit Vielem gerechnet, mit einem schlechten Gewissen, quälenden Schuldgefühlen, bohrendem Skrupel oder aufgeregter Vorfreude.

      Doch tatsächlich empfand er nichts dergleichen.

      Nur eine unendliche Leere.

      Noch konnte er umkehren, so tun, als habe er nie so etwas vorgehabt.

      Sollte sein Plan scheitern und man ihn überführen, zöge das einen empörten Aufschrei der Scheinheiligen nach sich, er würde geächtet, von allen verteufelt.

      Man würde ihn hassen.

      Aber das werde ich zu verhindern wissen, dachte er selbstbewusst. Schließlich bekamen sie beide, was sie verdienten: sie den Tod und er die Freiheit!

      Die verzogenen Stufen der alten Holztreppe knarrten vorwurfsvoll, als er vorsichtig zu ihrem Zimmer im Dachgeschoss schlich.

      Nervös zuckte er zusammen.

      Einen Moment wartete er angespannt, eingefroren in der Bewegung.

      Er lauschte auf einen Ruf oder ein anderes Geräusch aus ihrem Zimmer, vielleicht ein verräterisches Husten oder eine Art Rascheln oder Zischen, hervorgerufen vom Reiben ihrer rauen und aufgerissenen Hornhautfersen auf dem kühlen glatten Bettlaken. Hatte sie ihn etwa doch kommen hören? Zum wiederholten Mal strich er sich die Haare aus der Stirn.

      Würde sie jetzt, wie sonst, seinen Namen rufen? Leicht fragend, unsicher, so, als wisse sie nicht genau, ob er es war, der die Treppe herauf kam? Als ob sich in den letzten Jahren je ein Mensch hierher verirrt hätte!

      Lächerlich!

      Wer sollte schon das Bedürfnis haben, eine boshafte Alte und ihren idiotischen Sohn zu besuchen! Da kam doch nur, wer unbedingt musste. Der Arzt zum Beispiel – doch selbst der erschien nur noch sporadisch. Und am liebsten war ihm, wenn er die zänkische Nörglerin nicht leibhaftig zu Gesicht bekam, sondern sich von ihrem Sohn alle relevanten Informationen über ihren Gesundheitszustand geben lassen konnte. Danach händigte der Arzt ihm das Rezept aus und konnte aufatmen.

      Zornig ballte er die Hände zu Fäusten und rammte sie dann kraftvoll in die Hosentaschen. Schwindel ließ ihn für einen Moment taumeln.

      Das ist der Hass, der mir schwarz vor Augen werden lässt!, dachte er und es erfüllte ihn fast mit Stolz.

      Es steckte doch noch Gefühl in ihm!

      Als alles ruhig blieb, wagte er sich vorsichtig ein paar Stufen weiter.

      Das hättest du nicht gedacht, begann er einen imaginären Dialog mit ihr, dass ich dazu fähig wäre! Oh, nein. Du hast mich eben völlig falsch eingeschätzt!

      Typisch für dich!

      Nie hast du meine Fähigkeiten erkannt!

      Nie hast du dich für deinen einzigen Sohn interessiert!

      Nun konnte er schon die Tür zu ihrem Zimmer sehen.

      »Ach, du bist es nur«, begrüßte sie ihn üblicherweise mit unverhohlener Enttäuschung.

      Nur! Als wäre er ein Nichts! Ein Stück Dreck! Und, während er noch damit beschäftigt war, seine Wut hinter einem milden Lächeln zu verbergen, um ihr nicht zu zeigen, dass es ihr gelungen war ihn zu verletzen, fuhr sie schon fort:

      »Tja, so ist der Lauf der Dinge. Wenn man alt ist, wird man von allen gemieden und die anderen wünschen einem dann nur noch den Tod, lauern darauf, dass man nun endlich stirbt.« Diese mit leicht zitternder Stimme vorgebrachten Äußerungen waren fester Bestandteil ihres Psycho-Spiels, das einzig dazu diente ihn zu erniedrigen. Regelmäßig rang sie ihm dadurch Sätze ab wie »Ach Blödsinn, wie kannst du so etwas sagen, niemand wünscht sich deinen Tod« oder »Du wirst doch nicht gemieden! Die anderen sind nur auch unbeweglich geworden, aber beim Einkaufen fragen sie immer ganz freundlich nach dir«, die er sich nur mit Ekel sagen hörte und die ihm Schauer unbändigen Zorns durch den Körper jagten. Er wusste eigentlich gar nicht, wie es ihr gelang – er spürte immer einen so unbändigen Druck, so eine gewaltige Angst vor ihrer Reaktion, wenn er ihr die erwartete Antwort verweigerte, dass er jedes Mal brav wieder den gewünschten Text lieferte. Doch kaum hatte er seine Antwort gegeben, triumphierte sie höhnisch wie immer:

      »Du lügst! Du traust dich nicht einmal jetzt, wo ich hier liege, mir die Wahrheit zu sagen! Du Schlappschwanz – wieso nur habe ausgerechnet ich so einen Blindgänger als Sohn! Aber es zeigt mir, dass ich noch immer die Hosen anhabe in diesem Haus«, und dann lachte sie ihn jedes Mal aus – lachte so lange, bis sie keine Luft mehr bekam und sich erschöpft in die Kissen sinken lassen musste, lachte, bis Tränen über ihre zerknitterten Wangen liefen. Überall, wohin er auch ging, verfolgte ihn dann ihr schrilles, wahnsinniges Hohngejohle.

      Er war ein Versager, ein alberner Schwächling – sie hatte recht!

      Jemand wie er, der sich immer aufs Neue demütigen ließ, sich nie zur Wehr setzte, verdiente nur Verachtung.

      Während der Arbeit auf dem Hof flüsterte er später die Antworten vor sich hin, die er hätte geben wollen, berauschte sich an hasserfüllten Sätzen voller Boshaftigkeit, übte sie und nahm sich vor: Beim nächsten Mal!

      Wie jedes Mal!

      Ihr Machtbereich reichte weit über ihr Zimmer oder den Hof hinaus. Über Telefon war sie in Windeseile mit den tratschenden Weibern im Dorf verbunden. Sie streute falsche Behauptungen aus, wie andere Leute Rasensamen – und er konnte sich nicht einmal wehren. Einmal hatte sie behauptet, er habe sie beinahe verhungern lassen, ein anderes Mal beschuldigte sie ihn, sie misshandelt zu haben. Nicht, dass etwa eine der alten Damen zu Besuch gekommen wäre, um die Zustände in ihrem Haus zu kontrollieren. Im Grunde wussten alle, was für ein Drachen seine Mutter war, aber ihn auf die Vorwürfe anzusprechen wagte auch niemand. Schließlich hätten sich daraus weitreichende Konsequenzen ergeben können, und das galt es zu vermeiden. Wer wollte schon in solch intime Familienangelegenheiten verwickelt werden, da hielt man sich besser bedeckt!

      Scheinheiliges Pack! Tuschelte lieber hinter seinem Rücken!

      Andererseits erfuhr sie alles