A. F. Morland

Vergiss, was war, schöne Kollegin: Arztroman


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dich in letzter Zeit ein bisschen rar.” Sie sagte es ohne jeden Vorwurf.

      Er lachte. „Eure Schuld.”

      „Wieso?”

      „Ihr wolltet, dass ich Arzt werde”, sagte Volker. „Dieser Beruf hat auch seine Schattenseiten.”

      „Am Sonntag gibt es bei uns Rindfleisch in Wurzelsoße.”

      Volker rollte mit den Augen. „Mein Leibgericht.”

      „Wir legen gerne ein Gedeck mehr auf.”

      „O Mama, ich bin untröstlich”, sagte Volker mit kläglicher Stimme „Ich habe am Sonntag Dienst.”

      Seine Mutter seufzte enttäuscht.

      „Vielleicht war es wirklich ein Fehler, dir nicht vorzuschlagen, Rechtsanwalt zu werden.”

      „Am darauffolgenden Sonntag habe ich frei”, sagte Volker.

      „Dann verschieben wir das Festmahl eben”, erklärte seine Mutter spontan.

      „Wunderbar.”

      „Wir freuen uns auf dich”, sagte Constanze Wolff.

      „Und ich freue mich auf euch”, gab der junge Assistenzarzt zurück.

      „Sollte es jemanden geben, den du gerne mitbringen möchtest - wir haben nichts dagegen.”

      „Mal sehen”, sagte Dt Wolff. Er dachte an Petra. Die hätte er sehr gerne zu seinen Eltern mitgenommen, aber er wusste nicht, ob er sie dazu überreden konnte.

      „Wir lieben dich”, sagte seine Mutter innig.

      „Ich umarme und küsse euch”, sagte Volker Wolff.

      „Du weißt, um welche Zeit wir essen.”

      „Ich werde pünktlich sein”, versprach Volker, und ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen.

      Es klickte in der Leitung. Mutter hatte aufgelegt. Sie hätte es gern gesehen, wenn er ihnen seine „Frau fürs Leben” präsentiert hätte.

      Sie hielt sehr viel von einer dauerhaften Beziehung und sehr wenig vom - wie bei Junggesellen üblichen - unbeständigen Herumnaschen, bei dem man sich sehr leicht den Magen verderben konnte. In Zeiten wie diesen, fand sie, brauchte ein Mann eine gesunde zuverlässige Lebenspartnerin, und nicht viele kleine gefährliche Affären. Die Gefahr, sich anzustecken, erhöhe sich von Jahr zu Jahr. Liebe mit ständig wechselnden Partnern würde immer mehr zum russischen Roulette.

      Sie hatte ja recht, und Volker hätte seine Suche nach der idealen Lebensgefährtin sofort und für immer eingestellt, wenn Petra ihn erhört hätte.

      Aber würde sie das jemals tun? Würde sie jemals seine Liebe erwidern? Er ärgerte sich über diese Zweifel.

      „Du bist schon mal optimistischer gewesen”, murmelte er und schüttelte unwillig den Kopf.

      Sein Magen ließ ihn mit leisem Knurren wissen, dass er gefüttert werden wollte. Volker ging in die Küche und öffnete den Kühlschrank.

      Gähnende Leere. Ein vergammeltes Stück Käse, ein Stück Dauerwurst, eingehüllt in Klarsichtfrischhaltefolie, H-Milch, Erdnussbutter, deren empfohlene Aufbrauchsfrist bereits einen Monat überschritten war ...

      „Dem Käse werden bald Ohren wachsen”, grinste Volker und schloss den Eiskasten wieder. Er würde demnächst mal wieder einen Großeinkauf tätigen müssen. Und wovon lebte er bis dahin? Kein Problem. Im Kasino der Paracelsus-Klinik aß man nicht schlecht - und München hatte außerdem ein Überangebot an guten Esslokalen. In dieser Stadt brauchte kein Junggeselle, der des Kochens unkundig war, Hunger zu leiden.

      Im Wohnzimmer schlug das Telefon wieder an. Volker verließ die Küche. Er hoffte, dass es nun Petra Graf war, die ihn anrief, doch das erwartungsvolle Leuchten in seinen Augen erlosch, als er die Stimme am andern Ende erkannte.

      Es war Lisa Landtmann. Lisa war verrückt nach ihm, aber er wollte von ihr nichts wissen. Er hatte sie vor einem halben Jahr auf einer Party kennengelernt, und sie hatte sich sofort in ihn verliebt. Er hatte den Fehler gemacht, sie mit zu sich nach Hause zu nehmen. Wenn er nüchtern gewesen wäre, hätte er das bestimmt nicht getan, aber er war an diesem Abend ziemlich beschwipst gewesen — und seither ließ ihn Lisa nicht mehr in Ruhe. Sie war hübsch, sah wirklich sehr gut aus, machte den allerbesten Eindruck, aber sie war zu impulsiv, zu leidenschaftlich, zu triebhaft, und das stieß Volker ab.

      Keine Spur von sanfter, weiblicher Zurückhaltung. Wenn ein Mann bei ihr auf den richtigen Knopf drückte — was Volker offensichtlich ganz zufällig getan hatte —, warf sie alle Hemmungen ab und ging hoch wie eine Rakete.

      Sie hatte ihn gleich beim ersten Zusammensein mit ihrer Liebe so sehr überschüttet, dass er darunter zu ersticken drohte. Er hatte sich erschrocken zurückziehen wollen, aber das ging bei Lisa Landtmann nicht so einfach. Wenn sie sich für einen Mann entschieden hatte, wollte sie ihn mit Haut und Haaren haben, und es war ihr ziemlich egal, ob er das auch wollte oder nicht. Sie merkte überhaupt nicht, welchen Schaden sie mit ihrer ungestümen Liebe anrichtete. Ohne zu denken, stürzte sie sich kopfüber in jede Beziehung und ließ ihren Partner keine Sekunde zu Atem kommen.

      Sie war sehr anstrengend - und es war noch anstrengender gewesen, sie wieder loszuwerden. Ganz war es Volker ja noch nicht gelungen, aber er hatte es immerhin geschafft, sie davon abzuhalten, mit Sack und Pack bei ihm einzuziehen, wie sie das ganz fest vorgehabt hatte.

      Sie war ja ganz lieb und ganz nett - es war nur unheimlich schwierig - eigentlich so gut wie unmöglich -, freundlich zu ihr zu sein und sie dabei auf Distanz zu halten.

      Volker hatte immer wieder mit ihr schlafen müssen. Lisa hatte ihm keine andere Wahl gelassen. Als er Petra kennengelernt und sich in sie verliebt hatte, war er mit Lisa nicht mehr ins Bett gegangen. Es wäre ihm so vorgekommen, als würde er seine schöne Kollegin betrügen. Tausend Ausreden hatte er sich einfallen lassen müssen, damit es nicht mehr dazu gekommen war.

      Doch Lisa war nicht so einfach abzuschütteln. Volker hätte ihr wehtun müssen, um sie loszuwerden, und das brachte er denn doch nicht übers Herz.

      „Endlich erreiche ich dich”, sagte Lisa. „Ich habe dich heute schon viermal angerufen. Einmal in der Paracelsus-Klinik ...”

      „Du weißt, dass du mich da nicht anrufen sollst!”, sagte Volker Wolff streng.

      „Ja, aber es war wichtig. Hat man dir nicht ausgerichtet, dass du zurückrufen sollst?”

      „Nein”, antwortete Volker. Jedermann in der Paracelsus-Klinik wusste, dass er für Lisa Landtmann nicht erreichbar war. Bitten um Rückruf sollte man einfach ignorieren. Man hielt sich daran. Es klappte wunderbar. Seit zwei Monaten hatte Lisa ihn in der Klinik nicht mehr ans Telefon bekommen, aber sie lernte nichts daraus, wie sich heute wieder einmal zeigte. Sie rief ihn da trotzdem - wenn auch schon seltener - immer wieder an.

      „Du solltest mal Krach schlagen”, riet ihm Lisa. „Die können meinen Anruf doch nicht so einfach vergessen.”

      „Du musst das verstehen”, erwiderte Volker. „Es war mal wieder sehr viel zu tun heute. In diesem Durcheinander kann es schon mal passieren, dass eine telefonische Nachricht nicht weitergeleitet wird.”

      „Ich komme seit vielen Wochen nicht mehr zu dir durch”, beschwerte sich Lisa.

      „Das tut mir leid”, sagte Volker.

      „Manchmal glaube ich fast, die schirmen dich in der Klinik ab.”

      „Wenn ich bei einer Operation assistiere, kann ich nicht ans Telefon kommen, das musst du einsehen”, erwiderte Volker.

      „Ach”, seufzte Lisa, „ich sehe es ja ein, ich sehe alles ein, Liebster. Du hast einen sehr verantwortungsvollen Beruf - und ich habe nur meine Liebe im Kopf.”

      „Was hätte es denn so Wichtiges gegeben, dass du mich in der Klinik sprechen wolltest?” erkundigte sich Volker.

      „Hat