Alfred Bekker

Kubinke und das Netz der Verschwörer: Kriminalroman


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       Alfred Bekker

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      © dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

      Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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      1

      Kommissar Pascal Dettmer saß am Steuer seines grauen, unscheinbaren Chevrolets. Die Limousine war ein Dienstfahrzeug der Polizei in Rostock und Dettmer war jetzt auf dem Weg nach Hause. Es war Wochenende. Das erste freie Wochenende seit langem für Dettmer.

      Die Straße machte eine scharfe Kurve. Dettmer spürte, dass irgendetwas nicht stimmte. Das Lenkrad des Chevys reagierte nicht, wie es sollte. Und außerdem waren da all die Lichter an den Armaturen, die plötzlich aufleuchteten, ohne dass es dafür anscheinend irgendeinen vernünftigen Grund gab.

      Dettmer riss das Lenkrad herum.

      Es reagierte nicht. Der Chevy raste auf die steile Böschung zu.

      „Verdammt!”, zischte es zwischen Dettmers Lippen hindurch, die innerhalb der letzten drei Sekunden zu farblosen, geraden Strichen geworden waren. Dettmer trat mit aller Kraft auf das Bremspedal, obwohl das eigentlich nicht der Vorgehensweise entsprach, die man ihm beim Fahrtraining beigebracht hatte, das er während seiner Ausbildung beigebracht bekommen hatte, aber irgendetwas musste er tun.

      Sekunden blieben ihm nun, um sich zwischen Alternativen zu entscheiden, die allesamt katastrophale Folgen haben würden.

      Hart kam der Chevy gegen einen Baum. Verzweifelt hatte Dettmer versucht, diesem Baum auszuweichen, aber die Lenkung hatte so gut wie gar nicht reagiert, ebenso wie die Bremsen. Plötzlich fing die Musik im Radio an zu spielen. Es war Country Musik.

      Dettmer stutzte. Er selbst konnte Country Musik auf den Tod nicht ausstehen. Das Gebläse heulte auf.

      „Wenn du glaubst, dass du was Besseres bist, nur weil du jetzt einer Einheit für ganz besondere Fälle angehörst, dann irrst du dich”, hörte er in seinem Kopf die Stimme seines Kollegen Johannes Tong. Die Zeit erschien ihm eigenartig gedehnt. In diesen letzten Sekunden seines Lebens sah er sein bisheriges Leben in einer Art Zeitraffer vor sich. Er dachte daran, wie er die Gesamtschule verlassen hatte, wie er sich für die Polizei beworben und sie schließlich abgeschlossen hatte. Das Gesicht von Dariusz „Fatty” Monkow sah er vor sich, als dieser große Bandenchef begriffen hatte, dass ein Gericht in Rostock ihn gerade für den Rest seiner Tage in ein Gefängnis weggesperrt hatte. Das war einer seiner größten Fahndungserfolge gewesen ...

      „War es das alles wirklich wert?”, erinnerte er sich jetzt an eine andere Stimme. Es war die Stimme seiner Frau. Sie hatte diesen Satz zu ihm gesagt, nachdem Monkow verhaftet worden war und für Kommissar Pascal Dettmer und seine Familie damit eine lange Phase zu Ende ging, in der sie kein normales Leben hatten führen können. Sowohl Dettmer als auch seine Familie war rund um die Uhr zur eigenen Sicherheit überwacht worden, denn es hatte glaubhafte Informationen gegeben, dass Monkow Anschläge plante. Und das nicht nur auf Dettmer selbst, der für ihn so etwas wie ein Erzfeind war, sondern auch auf seine Familie.

      „War es das wirklich wert, Pascal?”, echote die Frage seiner Frau erneut in seinem Kopf.

      Damals hatte er diese Frage nicht verstanden. Und er hatte schon gar nicht verstanden, wieso sie ihm diese Frage zu einem Zeitpunkt gestellt hatte, als doch schon alles vorbei und Monkow verurteilt worden war.

      Du hättest mir die Frage jetzt stellen sollen, dachte er.

      Es war sein letzter klarer Gedanke. Der Wagen traf zwar wie durch ein Wunder nicht mit voller Wucht gegen den Baum, auf den er bis dahin zugerast war, sondern wurde nur seitlich touchiert, aber dann schleuderte der Chevy einen Moment später frontal auf einen Felsbrocken.

      Es wurde dunkel um Pascal Dettmer.

      2

      „Guten Morgen, setzten Sie sich”, sagte Kriminaldirektor Hoch. Er deutete mit einer knappen Geste auf die vorhandenen Sitzgelegenheiten und ließ die Hände dann in den weiten Taschen seiner Flanellhose verschwinden. Der Leiter des BKA musterte uns kurz und wartete, bis Rudi und ich uns gesetzt hatten.

      In diesem Augenblick ging die Tür auf.

      Frau Dorothea Schneidermann, die Sekretärin unseres Chefs, kam herein. Und in ihrem Gefolge betrat eine Frau mit asiatisch geprägten Gesichtszügen den Raum. Es handelte sich um Dr. Lin-Tai Gansenbrink, die Mathematikerin und IT-Spezialistin des Ermittlungsteams Erkennungsdienst aus Quardenburg, das Rudi und mir seit unserer Beförderung zu Kriminalinspektoren bei unseren Ermittlungen zur Verfügung steht, wenn die lokalen Kapazitäten dafür quantitativ oder qualitativ nicht ausreichen.

      Dr. Gansenbrink hier in Berlin in der BKA Zentrale zu sehen, überraschte mich allerdings. Normalerweise hatte Gansenbrink ihren Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten in Quardenburg, ungefähr eine Dreiviertelstunde von Berlin entfernt. Und für gewöhnlich gab es auch selten einen Grund für die hochbegabte Expertin, den Komplex in Quardenburg zu verlassen, zumal ihr dann immer ein wichtiges Werkzeug fehlte: Die hochmodernen