Dirk Petrick

Balau aus dem Blaubeerbusch


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       Für Kinder von 6 Jahren

       Illustrationen von

       Anna-Stefanie Kempe

       DIRK PETRICK

       KNABE VERLAG WEIMAR

       Wie jedes Jahr zur Sommerferienzeit

       verbrachte Ina ein paar Tage bei ihrer Oma.

       Sie spielten zusammen, bastelten oder

       gingen in den Zoo. Das fand Ina toll.

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       Aber das Aufregendste, was sie jemals

       erlebt hatte, geschah in Oma Rosas Küche.

       Als die beiden eines Nachmittags einen Blaubeerkuchen

       backen wollten, machte Ina eine seltsame Entdeckung.

       »Die sehen aber lecker aus!«, dachte Ina.

       Mit ihrer Nase ging sie ganz dicht an

       den Teller mit den Blaubeeren heran.

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       »Eine werde ich ja wohl essen dürfen«, sagte sie

       verschmitzt und suchte sich eine Beere aus.

       »Die da ist schön groß!«

       Sie wollte sich die Frucht gerade in den Mund stecken,

       als ihr zwei kleine Beine an der Beere auffielen.

       »Ihh«, schrie Ina vor Schreck und warf die blaue Kugel

       im hohen Bogen wieder auf den Teller vor sich.

       Mit klopfendem Herzen schaute sie sich die Beeren

       genauer an. Eine glich der anderen, von den Beinen

       war nichts mehr zu sehen.

       Hatte sie sich das alles nur eingebildet?

       Aber da, da war sie! Ina schaute genau hin.

       »Das ist ja gar keine Beere!«, erkannte sie.

       »Das ist ein Zwerg!«

       Und tatsächlich saß da ein winziges blaues

       Männlein mit einer großen Kappe auf dem Kopf.

       Der Winzling blinzelte ab und zu ängstlich

       unter dem Riesenhut hervor.

       »Wer ist das? Und wo kommt er plötzlich

       her? War er schon in dem Körbchen,

       als wir die Beeren gekauft haben?

       Ob er sich verstecken will?«

       Ina hatte viele Fragen.

       Schnell holte sie die Lupe

       aus dem Küchenschrank, die ihre

       Oma manchmal zum Lesen nahm,

       und richtete sie auf den Teller.

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       »Wo bleibt denn Oma Rosa nur«, schoss es Ina durch den Kopf.

       »Ich muss ihr das kleine Männchen unbedingt zeigen.«

       Ina sah, wie der Zwerg von

       Beere zu Beere huschte und diese

       dabei hin- und herrollte.

       An seiner rechten Hand trug er eine

       Art Handschuh, mit dem er die Früchte

       pausenlos streichelte. Es war aber kein

       gewöhnlicher Handschuh, wie man ihn

       trägt, wenn es draußen kalt ist. An ihm

       hingen weiche, blaue Federn.

       Ina musste bei diesem Anblick an

       Oma Rosas kuscheliges Federbett

       denken, in dem sie immer so

       wunderbar träumte.

       Inas Blick fiel auf die Rührschüssel neben dem Teller,

       in der drei aufgeschlagene Eier schwammen.

       »Sie müsste doch schon längst mit der Butter für den

       Blaubeerkuchen zurück sein«, murmelte sie.

       Das kleine Männlein blieb plötzlich wie angewurzelt stehen

       und auch die Blaubeeren kullerten nun nicht mehr herum.

       »Blaubeerkuchen?«, fragte es mit verärgertem Gesichtsausdruck und

       stemmte seine Arme in die winzige Hüfte. Ina traute sich nicht,

       den kleinsten Mucks zu machen.

       »Meine Blaubeeren zu stehlen, ist eine Sache, sie in schrumpelige, schwarze

       Rosinenkrümel zu verwandeln, eine andere.«

       Der Wicht hatte inzwischen seine Farbe gewechselt und war nicht mehr

       tiefblau, sondern von oben bis unten lila. Empört begann er, die Blaubeeren

       in Richtung Tellerrand zu rollen.

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       »Hey, die bleiben schön hier. Das sind unsere Beeren.

       Die haben wir nicht gestohlen, sondern gekauft!

       Im Obstladen.«

       Ina legte ihren Zeigefinger schnell an die Teller–

       kante und brachte die Beeren zum Stehen.

       »Dann hat sie jemand anderes aus meinem

       Wald gestohlen, das spielt gar keine Rolle.

       Ich nehme sie mit, bevor ihr sie röstet.«

       Mit ganzer Kraft drückte der Wicht gegen

       die Beeren, bis auf einmal blauer Saft

       aus der Oberseite der Früchte trat.

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