Olaf Schulze

Götterhämmerung & Walkürentritt


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      Olaf Schulze

       GÖTTER HÄMMERUNG

       &

       WALKÜREN TRITT

      Romane

      Edition Roter Drache

      Copyright © 2014 by Edition Roter Drache.

      Edition Roter Drache, Holger Kliemannel, Haufeld 1, 07407 Remda-Teichel

      email: [email protected]; www.roterdrache.org

      Titelbild: Edition Roter Drache unter der Verwendung des Motivs „Walkürenritt“ von Hermann Hendrich.

      Gesamtherstellung: Booksfactory, Berlin.

      1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014

      Alle Rechte der Verbreitung in deutscher Sprache und der Übersetzung, auch durch Film, Funk und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Ton- und Datenträger jeder Art und auszugsweisen Nachdrucks sind vorbehalten.

       ISBN 9783944180458

      Inhalt

       Cover

       Titel

       Impressum

       Götterhämmerung

       Hammers Fehlen

       Hammers Suche

       Hammers Heimholung

       Walkürentritt

       Prolog

       1. Teil

       2. Teil

       3. Teil

       Weitere Werke

      Götterhämmerung

      Hammers Fehlen

      chon eine ganze Weile schien heute eine angenehm wärmende Frühlingssonne auf die kleine Kreisstadt mitten in Deutschland. Die Menschen gingen gut gelaunt ihren alltäglichen Verrichtungen nach. Jedenfalls die meisten.

      ‚Unglaublich‘, dachte die junge Frau, die vor dem Schaukasten des Theaters stand und das Spielplanplakat studierte. Sie presste ihre Finger so fest an die Glasscheibe, dass die Fingerspitzen schmerzten. ‚Sie haben eine Walküre hier, wer hätte das gedacht!‘ Was auch immer der Begriff ‚Walküre‘ auf diesem Fetzen Papier zu bedeuten hatte, sie würde es herausfinden. Offenbar handelte es sich um ein öffentliches Haus, vor dem sie da stand. Es gingen Leute hinein und auch wieder heraus. Allerdings schritten sie nicht durch das große Portal, das auf mächtigen Säulen ruhte und über einen, die ganze Breite des Gebäudes einnehmenden Treppengang erreichbar war, sondern sie benutzten einen Nebeneingang auf der rechten Seite. Und es waren merkwürdige Menschenwesen unter den Ankömmlingen. Viel trugen gefährlich aussehende, abgerundete, schwarze Kästen, die dafür geeignet schienen, Neugeborene oder Waffen oder beides zu verbergen. Einige waren in bunte Tücher gehüllt und andere hatten große, geschmacklose Hüte auf dem Kopf. Das alles war für sie sehr aufregend und sie malte sich aus, wie die anderen zu Hause reagieren würden, wenn sie ihnen nach ihrer Rückkehr davon erzählte. Etwas Pelziges strich ihr um die Beine und eine feuchte Hundeschnauze berührte ihre linke Wade. Sie wirbelte herum und sah ein schmutzig-graues Tier, das sie entfernt an einen Hund erinnerte. Der Vierbeiner untersuchte intensiv ihre Bastsandalen. Was, bei allen Göttern, soll das für ein Vieh ein, fragte sich die junge Frau.

      Unmittelbar hinter der Kreatur stand ein offenbar männlicher Einwohner dieses merkwürdigen Ortes, wobei sein Geschlecht hauptsächlich an seinem fehlenden Haupthaar erkennbar war, denn er war sehr beleibt und hatte eine so unförmige Figur, dass schlecht zu unterscheiden war, wo die Brust endete und der Bauch begann. Er war über 50 Jahre alt, hatte ein rosiges Gesicht und Wurstfinger, mit denen er eine lächerlich dünne, rote Hundeleine festhielt, die in einer kleinen Plastikbox endete. Hundeexperten warnten beständig vor solch unsinnigen Dingern, weil sich der Hundehalter damit ernstlich verletzen könnte, wenn sein Tier die erworbene Sozialisierung fahren ließ und davon stürzen wollte. Allerdings waren größere Temperamentsausbrüche als ein bettelndes Jaulen bei dieser Art Hund wohl kaum zu befürchten. Der Hundebesitzer schwitzte, als wäre er gerade einem heißen Bade entstiegen.

      „Was machst du denn? Wotan, aus!“, keuchte er kurzatmig.

      „Wie bitte?“, fragte die junge Frau entsetzt.

      „Oh, ich meine meinen Hund, entschuldigen Sie vielmals“, antwortete der Dicke.

      „Er heißt Wotan?“, wollte die Frau wissen. Ihr Gesicht drückte großes Unverständnis aus.

      „Ja, wieso? Das ist doch nicht ungewöhnlich, oder?“, fragte der beleibte Mann nun erstaunt zurück. Die junge Frau konnte mit der rhetorischen Rückfrage nichts anfangen und beschloss, die beiden Wichte mit Missachtung zu strafen. Doch das wurde plötzlich schwierig.

      „Ich glaube, dieser Hund wird mich gleich anpinkeln“, sagte die Frau und betonte das Wort ‚Hund‘ dabei so, als handele es sich um einen bedauerlichen Fehler der Schöpfung, auf den die Evolution ruhigen Gewissens verzichten hätte können. Im selben Moment hob der Diskutierte das rechte Hinterbein und wollte sich tatsächlich entleeren, als er sich von dem Fuß im Bastschuh plötzlich in die Höhe gehoben und einen knappen Meter entfernt wieder auf den Boden herabgelassen fühlte.

      „Wuff?“, brachte der Hund erstaunt hervor und vergaß, was er eigentlich vorgehabt hatte.

      „Das hat er noch nie gemacht“, staunte der dicke Mann, der sich die Stirnglatze mit einem nicht mehr ganz sauberen Taschentuch abwischte.

      „Irgendwann ist immer das erste Mal“, dozierte die junge Frau und fasste ihr Gegenüber schärfer ins Auge. Der Mann war extrem kurzatmig, roch nach kaltem Zigarettenrauch und hatte mit seinen 60 Pfund Übergewicht höchstens noch zehn Jahre zu leben. Seine Herzkranzgefäße verkalkten unaufhaltsam. Bisher hatte noch kein Arzt diesen Prozess diagnostiziert und sie wusste, dass es auch keiner tun würde, bis es für eine Heilung zu spät sein würde.

      „Interessieren Sie sich für das Theater?“, fragte der Dicke und entblößte eine Reihe gelbbrauner Zähne.

      „Ja, vor allem für diese ‚Walküre‘ hier.“ Sie zeigte mit dem Finger auf die Schriftzeichen.

      „Oh, das ist eine hervorragende Inszenierung!“, wusste der Mann aufgeregt zu berichten. Hektisch rieb er sich die Wange, die sofort rot wie eine Portion Kirschgrütze wurde. „Sie müssen wissen,