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Karl Simrock
Der Rhein: Das malerische und romantische Rheinland
e-artnow, 2021
Kontakt: [email protected]
EAN 4064066443436
Inhaltsverzeichnis
Erster Teil: Von den Quellen bis Mainz
Zweiter Teil: Von Mainz bis Köln und Aachen
Einleitung
Wie einst das politische Deutschland in zehn Kreise, so hat man nun das malerische und romantische Deutschland in ebenso viele Sektionen geteilt. Von allen Teilungen, welche Deutschland erlitten hat, lasse ich mir diese am liebsten gefallen, weil sie für mich den wesentlichen Vorzug vor den früheren hat, daß ich bei ihr nicht totgeteilt worden bin wie bei jenen, die mich weder mit einem Herzogtum noch mit einem Kreis bedacht hatten. Bei dieser neuen Teilung bin ich aber keineswegs zu kurz gekommen: der größte und edelste deutsche Strom ist mir anheimgefallen und an seinen Ufern Länder, die einst als die köstlichsten Edelsteine in der deutschen Kaiserkrone glänzten und noch jetzt der Stolz, das Entzücken Europas sind.
Ich muß mächtige Freunde bei dem Leipziger Kongreß gehabt haben, daß man mir, dem Geringsten unter allen Teilnehmern, wenn ich überhaupt ein Recht hatte, mitzuteilen, gerade das allerkostbarste Stück des weiland Heiligen Römischen Reiches auf den Teller gelegt hat. Denn jetzt, wo die Verträge abgeschlossen und verbürgt sind und der Handel nicht mehr zurückgehen kann, jetzt darf ich es wohl sagen, daß sich die Übrigen fast nur in die Schalen geteilt und mir den schmackhaften Kern allein überlassen haben.
Hatten sie wohl bedacht, daß das Deutsche Reich ursprünglich auf die fränkischen Länder gegründet war, die zu beiden Seiten des Rheins liegen, daß ihr Besitz den nächsten Anspruch auf die Kaiserkrone gab? Aus dem Frankenreich, das sich am Rhein gebildet hatte, war ja Deutschland erst als ein einiges Ganzes hervorgegangen. Auch späterhin, als es schon sächsische und schwäbische Kaiser geben konnte, blieb doch der Vorzug der rheinfränkischen Länder ungeschmälert, denn erstlich wurde der deutsche König durch die Wahl seinem Recht nach ein Franke, das heißt ein Rheinländer, und dann mußte sowohl die Wahl selbst als auch die Krönung in den bevorzugten rheinischen Ländern, in Frankfurt und Aachen, geschehen, wenn sie gültig sein sollte.
Das sind freilich jetzt veraltete Dinge; auch will ich unter dem Vorgeben, daß die deutschen Kaiserstädte in meine Sektion fallen, nicht etwa eine papierene Krone in Anspruch nehmen. Nicht für mich, für das Rheinland behaupte ich einen Vorzug, und diesen verdient es durch Eigenschaften, die nicht in Gefahr sind, zu veralten. Natur und Geschichte haben es durch Gaben ausgezeichnet, die der Himmel selbst nicht zurücknehmen kann. Das schönste deutsche Land ist zugleich das reichste an historischen und mythischen Erinnerungen. In beiden Beziehungen ist hier Deutschlands klassischer Boden. Einst besaß ihn ein Volk des klassischen Altertums, dessen Denkmale noch täglich aus seinem Schoß hervorgewühlt werden. Seitdem hat er durch das ganze Mittelalter den vornehmsten Schauplatz der deutschen Geschichte hergegeben, alle Schicksale unseres Volks sind auf ihm entschieden worden, die edelsten Blüten deutscher Kultur hat er hervorgetrieben. Und wäre seine Vergangenheit nicht so reich und groß, könnten wir alles auslöschen,