sondern halten sich an einem frei gewählten Ort auf, von dem der Arbeitsplatz leicht erreichbar ist. Dadurch können sie bei einem Arbeitsanfall sofort zur Arbeitsstätte kommen (Dütz/Thüsing 2017, Rn. 142).
2.3.3 Sonstiger möglicher Vertragsinhalt
Aufgrund der Vertragsfreiheit können je nach Bedarf weitere Regelungen zu den nach dem Nachweisgesetz aufzeichnungspflichtigen Regelungen hinzugenommen werden. Die in der Übersicht genannten Punkte, welche in einem Arbeitsvertrag geregelt werden können, stellen eine exemplarische Auswahl dar.
Literatur
Degener, T., Dern, S., Dieball, H., Frings, D., Oberlies, D., Zinsmeister, J. (2008): Antidiskriminierungsrecht. Handbuch für Lehre und Beratungspraxis. Mit Lösungsbeispielen für typische Fallgestaltungen. Fachhochschulverlag, Frankfurt am Main
2.4 Der praktische Fall: Fragen und Lügen
Der 50-jährige anerkannte Sozialarbeiter Simon aus Wolfsburg will in seine Heimatstadt Hamburg zurückkehren. Als eine Stelle in der Stadt Hamburg für eine Jugendamtsleitung ausgeschrieben wird, bewirbt er sich auf diese Stelle, obwohl in der Anzeige ausschließlich eine Sozialarbeiterin gesucht wird. Er wird zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Beim Gespräch wird er unter anderem gefragt, ob er einer Kirche angehöre, wie hoch sein letztes Einkommen gewesen sei, ob er schwul sei, ob er bei der Stasi gewesen sei und wie viele Jahre Berufserfahrung er als Sozialarbeiter habe. Bei sämtlichen Fragen lügt Simon. Die Kirchenzugehörigkeit verneint er, obwohl er der evangelischen Kirche angehört. Er gibt wahrheitswidrig an, homosexuell zu sein. Seine Tätigkeit als Informeller Mitarbeiter der Stasi verschweigt er. Zudem gibt er eine 20-jährige Berufstätigkeit als Sozialarbeiter in einer Jugendeinrichtung an, obwohl er dort 20 Jahre ausschließlich als Hausmeister tätig war. Auf sein letztes Gehalt schlägt er schließlich 1.500,00 Euro auf.
1. Wie ist die Rechtslage, wenn Simon die Stelle bekommt?
2. Wie ist die Rechtslage, wenn er die Stelle nicht bekommt?
3 Arbeitsverhältnis, Rechte und Pflichten
Nach der Begründung des Arbeitsverhältnisses sind für dessen Durchführung die daraus entstehenden Rechte und Pflichten entscheidend. Aus den Pflichten der einen Vertragspartei folgen grundsätzlich dabei die Rechte der anderen Vertragspartei. Im Folgenden werden nach einer Übersicht die Hauptpflichten und die beiden bedeutsamen Nebenpflichten, die Fürsorgepflichten der ArbeitgeberInnen und die Treuepflichten der ArbeitnehmerInnen, erörtert. Im Rahmen der Fürsorgepflichten wird die Fallgruppe Mobbing erörtert, im Rahmen der Treuepflichten die Fallgruppe Whistle Blowing.
Übersicht 5
Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis
1. Rechte und Pflichten der ArbeitnehmerInnen
1.1 Rechte des ArbeitnehmerInnen
1.1.1 Vergütung, Entgeltfortzahlung
1.1.2 Urlaub
1.1.3 Arbeitsschutz
1.1.4 Mutterschutz
1.1.5 Elternzeit
1.2 Pflichten der ArbeitnehmerInnen
1.2.1 Arbeitsleistung
1.2.2 Treuepflicht
2. Rechte und Pflichten der ArbeitgeberInnen
2.1 Rechte des ArbeitgeberInnen
2.1.1 Arbeitsleistung
2.1.2 Direktionsrecht
2.2 Pflichten der ArbeitgeberInnen
2.2.1 Zahlung des Arbeitsentgelts
2.2.2 Fürsorgepflicht
3.1 Hauptpflichten
Nach § 611a Abs. 1 S. 1 BGB werden die ArbeitnehmerInnen durch den Arbeitsvertrag zur Arbeitsleistung, d. h. zur Leistung weisungsgebundener fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit, verpflichtet. Gem. § 611a Abs. 2 BGB werden die ArbeitgeberInnen zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Die Pflichten zur Arbeitsleistung und zur Vergütung werden als Hauptpflichten verstanden. Beide Pflichten sind voneinander abhängig und stehen in einem Gegenseitigkeits- bzw. Abhängigkeitsverhältnis zueinander (vgl. § 326 BGB und Kap. 3.1.3).
3.1.1 Arbeitsleistung im Rahmen des Weisungsrechts
Nach § 611a Abs. 1 S. 2 BGB kann sich das Weisungsrecht auf Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit beziehen In § 106 GewO wird das Weisungsrecht als Bestimmungsrecht der ArbeitgeberInnen definiert. Der Vorschrift zufolge dürfen ArbeitgeberInnen Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung einschließlich des Verhaltens im Betrieb und einschließlich der inneren Betriebsordnung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit dies mit vertraglichen und gesetzlichen Bestimmungen vereinbar ist.
Nach § 315 Abs. 3 BGB sind Entscheidungen nach billigem Ermessen nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entsprechen. Nicht der Billigkeit entsprechende oder verzögerte Bestimmungen werden nach dieser Vorschrift in einem gerichtlichen Verfahren durch Urteile ersetzt. Billigem Ermessen entspricht eine Weisung, wenn die ArbeitgeberInnen sowohl ihre eigenen Interessen als auch die Interessen der ArbeitnehmerInnen angemessen berücksichtigen (Dütz/Thüsing 2017, Rn. 63). Unbillige Weisungen bzw. Weisungen, welche nicht mit dem Arbeitsvertrag oder gesetzlichen Regelungen, wie z.B. nicht mit dem Grundgesetz, dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz oder dem Arbeitszeitgesetz vereinbar sind, sind nicht verbindlich.
So kann z.B. die Weisung an eine Schulsozialarbeiterin, das aus religiösen Gründen getragene Kopftuch abzulegen an einer öffentlichen Schule, wegen Verstoßes gegen die Glaubens- und Religionsausübungsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1, 2 GG rechtswidrig und damit unverbindlich sein(vgl. BVerfG 18.10.2016 – 1 BvR 354/11-, zum Kopftuchverbot für Erzieherinnen in Kindertagesstätten).
3.1.2 Vergütung
Das Arbeitsentgelt bzw. die Bestandteile des Arbeitsentgelts wie Zuschläge, Zulagen, Prämien oder Sonderzahlungen, können aufgrund der Vertragsfreiheit grundsätzlich frei vereinbart werden. Eingeschränkt wird diese Vertragsfreiheit durch das Mindestlohngesetz (MiLoG) und ggfs. durch Tarifverträge. Wenn das Arbeitsentgelt nicht gesondert vereinbart worden ist, wird gem. § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung als vereinbart angesehen.
Nach § 1 Abs. 1 MiLoG haben alle ArbeitnehmerInnen einen Anspruch auf einen Mindestlohn gegen die ArbeitgeberInnen. Nach § 1 Abs. 2 MiLoG i. V. m. § 1 MiLoV beträgt der Mindestlohn seit dem 01.01.2017 8,84 Euro pro Stunde. Der tarifvertragliche Einstiegslohn für anerkannte SozialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst beträgt nach dem TVöD-SuE 2018, S 11b, Stufe 1, 2.994,79 Euro.
3.1.3 Leistungsstörungen
Wenn ArbeitnehmerInnen nicht ihre Pflichten zur Arbeitsleistung und ArbeitgeberInnen nicht ihre Pflichten zur Zahlung des Arbeitsentgelts bzw. der Vergütung erfüllen und somit jeweils Leistungsstörungen vorliegen, ist fraglich, welche rechtlichen Folgen die jeweiligen Verhaltensweisen nach sich ziehen. In der folgenden Übersicht werden die Rechtsfolgen verschiedener Leistungsstörungen dargestellt:
Übersicht 6
Leistungsstörungen in Bezug auf die Hauptpflichten im Arbeitsverhältnis und ihre Rechtsfolgen
1. Rechtsfolgen bei Leistungsstörungen durch Arbeitnehmer
1.1 Nichtleistung
1.1.1 Entschädigung (§ 61 Abs. 2 S. 1 ArbGG)
1.1.2 Untergang: Vergütungspflicht (§ 326 Abs. 1 BGB)
1.1.3 Schadensersatz (§§ 280 Abs. 1, 3; 283 BGB)
1.2 Schlechtleistung
1.2.1 kein Verlust des Entgeltanspruchs
1.2.2 Schadensersatz (§ 280 Abs. 1 BGB; §§ 823 ff. BGB)